Konzertbericht: Madrugada w/ Darling West

29.03.2022 München, Muffathalle

14 Jahre lang war es still um MADRUGADA, dann meldete sich die Band überraschend zurück: mit neuer Besetzung, ersten ausverkauften Reunion-Konzerten 2019 und schließlich dem neuen Album „Chimes At Midnight“. Zeigte ebenjenes Werk bereits, dass die Indie-Rocker trotz der langen Pause nichts von ihren damaligen Qualitäten eingebüßt haben, so ist die Live-Show der endgültige Beweis dafür, dass Comebacks dieser Art gelingen können.

Zunächst betreten DARLING WEST die Bühne in der gut gefüllten Muffathalle. Im Kern besteht die norwegische Combo aus dem Ehepaar Kreken, die hauptverantwortlich für die Melodien und Gesangsparts sind. Für die Support-Tour haben sie sich zwei Live-Musiker an Bass und Schlagzeug geholt, die gemeinsam mit ihnen „Cosmis Rock Pop Folk Indy“ spielen, wie Mari scherzhaft die Stilrichtung von DARLING WEST beschreibt. Lustigerweise trifft es diese Bezeichnung erstaunlich gut, immer wieder mischen sich auch Americana und andere Einflüsse in den ruhigen und intensiven Sound. Als Ergänzung zu Madrugada ist das Quartett die perfekte Wahl.

Um fast genau 21 Uhr gehen die Lichter aus und MADRUGADA eröffnen ihr Set analog zum letzten Longplayer mit „Nobody Loves You Like I Do“, das sofort für Gänsehautatmosphäre sorgt. Christer Knutsen und Cato Salsa ersetzen gemeinsam den 2007 verstorbenen Robert Buras. Schnell entpuppen sie sich als filigrane Musiker, die dem düster-melancholischen Stil der Gruppe ihren eigenen Sound verleihen, ohne dass die bekannte Attitüde der Band darunter leidet. Sivert Hoyem fasziniert immer noch mit seiner markant-intensiven Baritonstimme und führt damit durch die Klangwelten MADRUGADAS, die live noch einmal an Intensität gewinnen. Deutlich wird dies unter anderem beim Doppelpack „Salt“ und „Black Mambo“, bei dem das Publikum von einer mächtigen Soundwand im positiven Sinne teils erschlagen wird.
Die älteren Songs nebst acht der insgesamt 12 neuen von „Chimes At Midnight“ bilden eine homogene Verbindung, genau wie die Band mit alten und neuen Musikern. Es ist mehr als nur spürbar, dass alle gemeinsam hart daran gearbeitet haben, den Geist von MADRUGADA zu bewahren – und das gelingt. Jedes einzelne Bandmitglied brilliert an diesem Abend mindestens einmal, neben dem allgegenwärtigen, aber die omnipräsenten Charismatiker Hoyem, der nur selten länger zum Auditorium spricht: „Look Away Lucifer“ ist ein Beispiel. Der Fronter erklärt, dass er eben jenen Song für einen heroinabhängigen Freund geschrieben hat, den er trotz aller Versuche nicht retten konnte. Eine weitere emotionale Perle im Set, bevor wenig später „Strange Colour Blue“ bis zum letzten Ton zuende zelebriert wird. Der lange Zugabenblock bildet schließlich das letzte Konzertdrittel und MADRUDAGA greifen noch einmal tief in ihre Kompositionskiste: „Blood Shot Adult Commitment“ geht ungewohnt rhythmisch nach vorne, bevor „Valley Of Deception“ den qualitativ wahnsinnig starken Konzertabend nach rund zwei Stunden stimmig beendet.

Es wirkt beinahe so, als ob MADRUGADA nie weg gewesen wären. Für die älteren Fans und alle, die es werden wollen, hat sich die lange Wartezeit mehr als gelohnt.

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Fotos von: Janina Stein (Gastfotografin)

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