Konzertbericht: Shinedown /w Halestorm, Liberty Lies

2012-02-03 Theaterfabrik, München

Die Briten LIBERTY LIES sind selbst in ihrem Heimatland ein noch eher unbeschriebenes Blatt. Gerade einmal eine EP namens „New Addiction“ sowie die Single „Confessions Of An Effigy“ haben die Briten bis dato veröffentlicht. Trotz dieser relativ kurzen Vita hatten Liberty Lies bereits mit einem signifikanten Besetzungswechsel 2011 zu kämpfen, der nach eigener Aussage den heutigen Sound der Kombo maßgeblich beeinflusst hat: Weg vom konventionellen Rock bewegten sich die Westeuropäer hin zu munterem Post-Rock/Crossover mit diversen anderen Einflüssen. So verfiel Sänger Shaun Richards live öfters in Growl-Parts, die qualitativ seinem Klargesang nicht das Wasser reichen konnten. Allgemein versanken die Männer aus Black Country anfangs im Soundmoor mit viel zu dominantem Schlagzeug. Erst im Laufe des Auftritts fand Richards immer mehr zu seiner Stimme. Und wenn diese nicht erschlagen von Gitarrenriffs wurde, blühten LIBERTY LIES für einige Momente auf. Der solide Rock stand den Musikern definitiv besser zu Gesicht als experimentierfreudiger Hang zum Crossover.

Die US-amerikanischen Rocker HALESTORM hatten anschließend beim Publikum bereits einen weit besseren Stand als ihre gänzlich unbekannten Vorgänger. Zuletzt waren Lzzy Hale und ihre Männer vor rund 2,5 Jahren in Deutschland zu sehen, damals im Vorprogramm von Papa Roach und Disturbed. In der Zwischenzeit hat sich die Rockformation mächtig gemausert. Obwohl das zweite Studiowerk „The Strange Case Of…“ noch bis April auf sich warten lässt, überzeugten HALESTORM besonders durch Lzzy am Mikro sowie Arejay am Schlagzeug. Der Drummer erntete besonders für sein Solo unglaubliche Publikumsreaktionen, nachdem er u.a. sein Becken als Stick verwendete und rund die Hälfte seines Einzelparts mit bloßen Händen spielte. Bereits beim Betreten der Bühne zog Arejay viele Blicke auf sich, als er mit einer Skelettmaske vor die Menge trat und damit an den Schlagzeuger von Dr. Living Dead erinnerte. Sängerin Lzzy besitzt hingegen eine Rockröhre mit ganz eigenem Sound, die lediglich bei zu hoher Lautstärke jeglichen Charme verliert. Dennoch wurden in München selbst die größten stimmlichen Eskapaden mit viel Applaus honoriert. Bemerkenswert war ansonsten die Tatsache, dass sich sowohl Gitarrist Joe als auch Bassist Josh den gesamten Auftritt über merklich am Bühnenrand hielten und kaum im Scheinwerferlicht zu sehen waren. Dieses richtete sich ausschließlich auf Lzzy am Mikrofon und Arejay an dem Drums. Zurecht, wie sich in den 45 Minuten HALESTORM mehrfach zeigte.

Setliste:
01. Love Bites (So Do I)
02. It’s Not You
03. Dirty Work
04. American Boys
05. Crazy On You
06. Familiar Taste of Poison
07. Drum Solo
08. Slave to the Grind
09. Freak Like Me
10. I Get Off

Auch SHINEDOWN stehen kurz vor der Veröffentlichung ihres neuesten Werks „Amaryllis“. In München gab es mit „Enemies“, „Adrenaline“ und „Bully“ einen ersten Vorgeschmack auf die Platte, welche ab März 2012 erhältlich sein wird. Das neue Material klingt deutlich härter und metallastiger als die bisherigen rockigen Vorzeigestücke der Band wie „Diamond Eyes“ aus dem The Expendables-Soundtrack und ihre erfolgreichste Single bis dato namens „Second Chance“. Doch das schnelle, harte Metalgesicht steht Sänger Brent und seinen Männern gut zu Gesicht. Besonders „Enemies“ überzeugte durch Härte und dennoch vorhandene Melodik. Ein Gebräu, wie es besonders live selten in dieser Qualität auf die Bretter gezaubert wird. Vielleicht lag es am einzig ausverkauften Haus der Deutschland-Tour, vielleicht am sehr gut aufgelegten Münchner Publikum – jedenfalls spielten SHINEDOWN eine begeisternde Show, die qualitativ dem Bush-Auftritt im November 2011 im Nichts nachstand. Einzig und allein ein paar mehr Hits trennen die beiden Gruppen. Brent am Mikro erinnert vereinzelt an eine jüngere Ausgabe von Gavin Rossdale: So verausgabte er sich ebenfalls komplett in den rund 90 Minuten und stand schließlich im durchgeschwitzten weißen Shirt vor der Menge, um im Zugabenblock unter lautem Beifall das beim letzten Mal schmerzlich vermisste Lynyrd-Skynyrd-Cover „Simple Man“ akustisch anzustimmen. Zuvor hatte er mehrfach den Bühnenrand an allen Seiten abgeklappert und schließlich zu einem kleinen Stagedive in den ersten Reihen angesetzt. Dieser verlief ungleich erfolgreicher als die angedachte Wall Of Death in alle vier Himmelsrichtungen beim Zungenbrecher „Cyanide Sweet Tooth Suicide“, bei dem ein Großteil der Menge schließlich einfach stehen blieb und zusammen sprang, nachdem zuvor im Chor das rockig-hymnische „If You Only Knew“ gesungen wurde.
SHINEDOWN präsentierten sich für eine Crossover-Rock/-Metal-Band ungemein vielseitig und wenig eintönig. So waren weder „Diamond Eyes“ (mit einer etwas zu wenig präsenten Sängerstimme) noch „Second Chance“ echte Ausrufezeichen, auf die die ganze Show abgestimmt war. Vielmehr fügten sich beide Songs nahtlos in den Rest des Abends ein ohne sich positiv abzusetzen. Insgesamt ließ der Auftritt trotz einer moderaten Spieldauer des Hauptacts kaum Wünsche offen. Brent selbst fasste es passend vor „Simple Man“ zusammen, als er über die Enttäuschung der Fans auf der letzten Europatour sprach, wo jener Song nicht gespielt wurde: „Then was then, and this is now!“ – und spätestens jetzt sind SHINEDOWN einer der großen Hoffnungsschimmer am Rock-/Metal-Himmel.

Setliste:
01. Sound Of Madness
02. Enemies
03. Devour
04. If You Only Knew
05. Cyanide Sweet Tooth Suicide
06. Save Me
07. Adrenaline
08. The Crow and The Butterfly
09. Diamond Eyes (Boom-Lay Boom-Lay Boom)
10. 45

11. Bully
12. Simple Man (Lynyrd Skynyrd cover)
13. Second Chance
14. Fly From The Inside

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