Review Anette Olzon – Shine

  • Label: earMUSIC
  • Veröffentlicht: 2014
  • Spielart: Rock

Was macht man eigentlich als Sängerin einer renommierten Symphonic-Metal-Band, wenn man nicht mehr Sängerin jener Band ist? Die Antwort, die Tarja Turunen, ihres Zeichens Ur-Vokalistin der finnischen Symphonic-Metal-Großmeister Nightwish, darauf geben würde, dürfte lauten: Die Sache selbst in die Hand nehmen – hierfür sprechen jedenfalls die bisher fünf Soloalben, die sie seit ihrer Zeit nach Nightwish veröffentlicht hat.
Doch auch ihre schwedische Nachfolgerin ANETTE OLZON wollte nicht in der musikalischen Versenkung verschwinden, nachdem die Zusammenarbeit mit der Band im Jahr 2012 zu einem Ende gekommen war (respektive nachdem die Sängerin, zumindest laut eigener Darstellung, gegangen worden ist). So erschien 2014 das erste ANETTE OLZON’sche Soloalbum „Shine“, welches sich dann doch maßgeblich von nightwishesker Musik unterscheidet.

Bereits zu ihrer Zeit als Frontfrau ließ ANETTE OLZON in Interviews durchblicken, dass sie dem Metal zwar nicht abgeneigt sei, er aber nicht ihrem hauptsächlichen musikalischen Gusto entspreche. „Shine“ merkt man an, wo die Präferenzen der Schwedin wohl eher liegen: In einer Symbiose aus Pop- und Rock-Elementen. Wirklichen Metal sucht man vergebens, in weiten Teilen kommt das Album ohne E-Gitarreneinsatz aus. Die rockigen Momente wie im zunächst balladesken, dann aber doch an Energie gewinnenden „Hear Me“ stehen dem Sound jedoch gut zu Gesicht.
Wie das zum Titel der Platte passende Cover, auf dem sich ANETTE OLZON sichtlich fröhlich präsentiert, schon nahelegt, strahlt „Shine“ eine Menge gute Laune aus – nicht umsonst erklärte die Sängerin die Message des Albums so, dass es immer einen Ausweg aus dunklen und finsteren Lebenslagen heraus gebe. Letztere werden allerdings ebenfalls vertont, etwa anhand der vergleichsweise düster angelegten ersten Single-Auskoppelung „Falling“ oder dem nachdenklichen „Moving Away“, in dem ANETTE OLZON textlich die Krebserkrankung ihrer Mutter verarbeitet.
Grundsätzlich ist „Shine“ die ganze Zeit über anzumerken, dass Könner am Werk sind, die um einen hochwertigen Sound bemüht waren. So leistet Niklas Olsson, mit dem ANETTE OLZON schon vor Nightwish in der AOR-Band Alyson Avenue kollaboriert hat, an den Instrumenten ganze Arbeit, mit Anders Bagge fand sich ein namhafter Produzent, der unter anderem schon für Madonna tätig war, und der glasklare Elfengesang der ehemaligen Nightwish-Vokalistin ist ohnehin über so gut wie jeden Zweifel erhaben. Und doch sind es am Ende, fast schon ironischerweise, die eher tristen und finsteren Songs, die sich als Highlights des Albums herauskristallisieren. Denn obwohl „Shine“ eines wirklichen Ausfalls entbehrt, muss sich der Hörer schon eine nicht einfach vernachlässigbare Menge an Pathos und bisweilen auch Kitsch gefallen lassen, um an sich gelungene Stücke wie den rockigen Titelsong oder das verspielt-melodiöse „Floating“ genießen zu können.

Schon zu Release-Zeiten rezipierten Kritiker „Shine“ nicht auschließlich positiv. Auch im Alter von drei Jahren ist der Silberling nicht zu einem vollauf begeisternden Werk herangewachsen, ein für Freunde leichterer Rock-Klänge gutes Album einer sehr talentierten Sängerin ist er aber nach wie vor. Die härtere Richtung, die ANETTE OLZON für das im November erscheinende Debütalbum des Projekt „The Dark Element“ angekündigt hatte und von der wir uns anhand des zugehörigen Titelsongs schon überzeugen konnten, dürfte ihrer Post-Nightwish-Karriere jedoch zweifellos zuträglich sein.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Pascal Weber

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