Review [b.abuse] – Memories Of Better Days Are Gone

(Crust Punk / Post-Rock / Noise) Dass sich eine Band von vielen verschiedenen Musikrichtungen inspirieren lässt, sagt grundsätzlich noch nichts über ihre eigene Musik aus. Viele Black-Metal-Interpreten haben zum Beispiel eine Vorliebe für klassischen Heavy Metal oder gänzlich andere Genres, ohne dass sich davon etwas in ihren Kompositionen widerspiegelt. Wenn sich aber eine Musikgruppe gleichermaßen von Neurosis, The Cure, Godflesh, Voivod und Discharge beeinflusst sieht und man diese Einflüsse dann auch noch glasklar heraushört, kann es sich nur um ein außergewöhnliches Stück Tonkunst handeln. Und genau das ist „Memories Of Better Days Are Gone“, die fünfte Platte der deutschen Experimental-Crust-Punker [B.ABUSE].

„A Promise Empty“ bildet erst einmal noch einen recht leicht zugänglichen Einstieg in das Album. Wütende Hardcore-Screams, in denen bisweilen auch eine gewisse Verzweiflung mitschwingt, werden von bedrückenden, aber auch schwungvollen Gitarren und ebenso kräftigen Drums begleitet. Der eher lässige Mittelteil mit seinen schrägen, etwas schiefen Clean-Vocals gibt jedoch bereits einen ersten Vorgeschmack auf die Kuriositäten, mit denen [B.ABUSE] den Hörer in weiterer Folge noch konfrontieren werden.

Zwischen und passagenweise in den rohen Crust-Punk-Tracks, die ihren Höhepunkt auch schon mal in einem geradezu schmerzhaft unharmonischen Chaos finden („Reward Prediction Error“), haben [B.ABUSE] nämlich so manches unkonventionelles Arrangement eingestreut. Tatsächlich handelt es sich bei diesen ruhigeren, oft weitgehend instrumentalen Einschüben nicht nur um kurze Unterbrechungen in Form von Zwischenspielen, sondern um eigenständige Songs, die das Album mindestens genau so prägen wie ihre Hardcore-lastigen Gegenstücke. In puncto Eindringlichkeit stehen sie diesen jedenfalls in nichts nach.

Auf „Alte Haeuser ohne Namen“ vertonen [B.ABUSE] beispielsweise ihre per Spoken-Word verkündete, dystopische Zukunftsvision lediglich über trostlos hallende Clean-Akkorde und minimalistische Percussions, was die desolate Weltuntergangsstimmung geradezu greifbar macht. Zudem kommt in den stimmungsvollen, fast schon Ambient-artigen Nummern der Bass mehr durch und auf „Days Gone By“ bekommt man zusätzlich triste Pianotöne zu hören, die [B.ABUSE] gekonnt in die Songstrukturen integrieren und diese damit noch melancholischer einfärben. Abgerundet wird der ungewöhnliche Stil-Mix durch die kräftige und zugleich klare Produktion, die einerseits den härteren Abschnitten viel Wucht verleiht und andererseits die Atmosphäre in den beklemmenden Passagen weiter vertieft.

Angesichts der Dualität in der Stilistik der Tracks sollte man wohl meinen, dass „Memories Of Better Days Are Gone“ einem Wechselbad der Gefühle gleicht. In Wahrheit ist es jedoch nur ein einziges Bild, das [B.ABUSE] dem Hörer die vollen 42 Minuten über in den Kopf pflanzen: die düstere Szenerie einer vom Menschen verursachten Verwüstung, wie sie auf dem Artwork abgebildet ist. Ob nun grobes Hardcore-Geknüppel oder verschrobene, hypnotisierende Clean-Gitarren und Percussions, die Grundstimmung, die [B.ABUSE] damit vermitteln, bleibt stets dieselbe. „Memories Of Better Days Are Gone“ eignet sich somit perfekt für eine Playlist zur musikalischen Untermalung der Apokalypse.

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Wertung: 8 / 10

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