Review Beardfish – Mammoth

An Anerkennung mangelt es den schwedischen Progrockern BEARDFISH nicht – seit ihrem Wechsel zum Prog-Vorzeigelabel InsideOut vor mittlerweile vier Jahren und ihrem dritten Album „Sleeping In Traffic: Part One“ sind die vier Herren Kritikerlieblinge und werden auf zahlreichen Szene-Foren regelmäßig abgefeiert. Trotz allem hat es bisher noch nicht so recht zum Durchbruch gereicht – es gibt weder Chartplatzierungen, noch Headlinerkonzerte zu verzeichnen. Tourneen gemeinsam mit Bands wie Pain Of Salvation, The Tangent oder Ritual sind bisher der einzige Lohn für die retroverliebte, experimentierfreudige Combo.

Nach dem wunderbar vielfältigen, ausladenden Vorgängerwerk „Destined Solitaire“ (2009) steht nun mit „Mammoth“ (süßes Cover!) Album Nummero Sechs von Sänger Rikard Sjöblom & Co. in den Regalen. Anno 2011 gibt sich der Vierer zurückhaltend und begnügt sich mit einer für Prog-Verhältnisse erstaunlich kurzen Spielzeit von nur 52 Minuten. Dies bedeutet im Umkehrschluss allerdings nicht, dass wir auf Longtracks verzichten müssen. Vier der sieben neuen Tracks laufen erst nach acht oder mehr Minuten ins Ziel, „And The Stone Said: If I Could Speak“ kommt sogar auf 15 Minuten.

Passend zur knappen Laufzeit präsentiert man sich diesmal rockiger und über weite Strecken straighter als zuvor – selbstverständlich nicht wirklich straight, aber im Bandkontext betrachtet eben doch erstaunlich gradlinig, fett, ja gar riffig. Kenner der Band hören „Green Waves“ und verstehen. Gerade die erste Hälfte der Platte lebt von dieser neugewonnenen Frische. Die Gesangsmelodien sind allerdings immer noch nicht das, was man gemeinhin als zugänglich bezeichnet, aber immerhin nicht mehr so verkopft wie auf den Frühwerken – eine Eigenschaft, die man vom Vorgänger rübergerettet hat. Der große Vorteil solcher nicht alltäglichen Arrangements: Sobald man sie sich einmal erhört hat, haben sie eine erstaunlich lange Halbwertszeit. Die Halbballade „Tightrope“ ist von den Meldien her vielleicht dennoch ein klein wenig süßlich geraten, aber nichtsdestotrotz ein absoluter Volltreffer mit wunderbarer Siebziger-Atmosphäre, die überhaupt nicht aufgesetzt wirkt.

In der Mitte der Platte steht mit „Outside / Inside“ ein kurzes Piano-Solo, das zur etwas klassischeren, aber nicht minder kraftvollen zweiten Hälfte überleitet. „Akakabotu“ lebt und atmet durch den tollen Saxophon-Einsatz und das locker-jazzig aufspielende Schlagzeug – hier kommen Canterbury-Freunde und Anhänger von Bands wie Van der Graaf Generator ganz sicher auf ihre Kosten. Das zweigeteilte „Without Saying Anything feat. Ventriloquist“ ist das heimliche Highlight von „Mammoth“ – ein treibender Retroprog-Kracher und für mich so etwas wie das Referenzstück der Band, auch wenn es den stilistischen Umfang ihrer Musik natürlich nicht in Gänze erfasst.

Das Fazit fällt hier leicht: Letzten Endes können BEARDFISH mit diesem Album absolut Nichts falsch machen. Auch wenn es nicht ganz so vielfältig und allumfassend ist wie der Vorgänger, so gibt es auch hier keine Ausfälle, dafür aber beste und vor allem langanhaltende Retroprog-Unterhaltung. Ganz ähnlich wie die wohl noch unbekannteren Genre-Kollegen IZZ mit ihrem Album „The Darkened Room“ beweisen die Schweden dabei quasi im Vorbeigehen, dass eine Prog-Platte nicht 80 Minuten lang sein muss, um zu überzeugen. Wenn doch mehr Bands aus diesem Lager das mal verstehen würden…

„Mammoth“ erscheint übrigens in verschiedenen Versionen: Neben der Download-Variante wird ein Digipak mit Bonus-DVD sowie eine LP-Ausgabe mit Bonus-CD angeboten, damit das Werk auch im CD-Player angehört werden kann.

Wertung: 8.5 / 10

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