Review Code Orange – Under The Skin

Im Bereich der extremen Musik gibt es momentan wohl kaum eine Band, die aufregender ist als CODE ORANGE. Nachdem „Forever“ 2017 einschlug wie eine Bombe und der Metalwelt vor Augen führte, wie Innovation aussieht, legte man zu Beginn des Jahres mit „Underneath“ eine Platte vor, die bereits vor ihrer Veröffentlichung als mögliches (wahrscheinliches) Album des Jahres gehandelt wurde und diese Vorschusslorbeeren mehr als rechtfertigen konnte.

Doch just als CODE ORANGE ihren Triumphzug auch live fortsetzen wollten, wurde die Welt von der Covid-19-Pandemie lahmgelegt und jegliche Tourpläne lösten sich in Wohlgefallen auf. Doch diese Band ist einfach speziell und unaufhaltsam. Kurzerhand spielten CODE ORANGE also eine Show in einem leeren Club („Last Ones Left“) und streamten diese – eines der ersten, wenn nicht gar das erste Beispiel, wie man zukünftig mit der Pandemie umgehen würde.
Eine zweite Streamingshow zeigte CODE ORANGE in vollkommen ungewohntem, denn akustischem Gewand. Unter dem Titel „Under The Skin“ kann man sich dieses so ungewöhnlich und unwahrscheinlich anmutende Konzept nun zu Gemüte führen.

Wie sollte man anders reagieren als mit Verwunderung und gespannter Erwartung, wenn CODE ORANGE ihren unheimlich energetischen und chaotischen Sound aus verzerrten Gitarren und irren Samples in ein akustisches Gewand packen wollen? Doch „Under The Skin“ macht – einmal mehr – sehr schnell deutlich, warum diese Band etwas ganz Besonderes ist.
Denn bereits mit den ersten Tönen von „bleeding in the blur“ wird deutlich, wie sehr sich die Truppe ihrer Songs für diese Show angenommen hat. Auf den instrumentalen Kern reduziert und nur gelegentlich durch die typischen Ausbrüche elektronischen Lärms (für den wie immer Eric Balderose verantwortlich zeichnet) unterbrochen bzw. aufgerissen, rückt der Sound von CODE ORANGE mehr in Richtung Grunge und weg vom üblichen Hardcore.
Das steht der Gruppe allerdings sehr gut zu Gesicht und rückt zudem Reba Myers und ihre Stimme mehr ins Zentrum, sodass sie zweifelsohne zu einem der Höhepunkte auf „Under The Skin“ avanciert. Doch Highlights gibt es einige auf dieser Veröffentlichung, so zum Beispiel „dreams 1 +2“, das „Dream“ von „Forever“ und „Dreams In Inertia“ von „I Am King“ in beeindruckender Art und Weise miteinader kombiniert.

Nicht weniger beeindruckend ist das abschließende Trio aus „sulfur surrounding“, „under the skin“ (eine verkürzte Version des monolithischen Titeltracks von „Forever“) und „hurt3“ (das für diese Veröffentlichung umbenannte „Hurt Goes On“ von „Forever“). Denn auch wenn hier die elektrischen Gitarren wieder auftauchen, zeigen diese Songs doch, mit welchem unheimlichen Talent CODE ORANGE ausgestattet sind.
Der vielleicht spannendste Moment ist jedoch das Alice-In-Chains-Cover “down in a hole“, das stark an das MTV-Unplugged-Konzert der Grunge-Legenden erinnert. Wie Reaba Myers und Jamie Morgan hier das Wechselspiel der Stimmen von Layne Staley und Jerry Cantrell interpretieren, ist überragend, denn sie tragen dem Original Rechnung und verpassen der Nummer zugleich ihren eigenen Touch – ganz großes Kino.

Wie alles, was CODE ORANGE bisher veröffentlicht haben, wird auch „Under The Skin“ nicht jedem gefallen. Den Fans ihrer Aggressivität dürfte das akustische Klanggewand sauer aufstoßen und wer die Band auf Grund ihrer Vertracktheit ohnehin nicht mochte, wird sich sicher auch von diesem Tondokument nicht überzeugen lassen. Wer sich jedoch auf „Under The Skin“ einlässt, findet eine Gruppe, die weiß, was sie will und sich dabei nicht um Grenzen oder Konventionen schert. Genau das ist es, was CODE ORANGE zu einer der spannendsten Bands der Gegenwart macht.

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Wertung: 9.5 / 10

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