Review Custard – Infested By Anger

CUSTARD ist vielen in der Szene kein unbekannter Name, obwohl ihnen kommerzieller Erfolg nie vergönnt war. Bereits seit 1987 machen die Kraftmetaller aus Nordrhein-Westfalen guten Metal made in Germany. Dabei begannen sie als Spaßband und entwickelten sich über den Thrash Metal hin zu Anhängern des European Power Metal à la Helloween oder Gamma Ray. Auf ihrem neuen Output „Infested By Anger“ macht sich nun ein deutlicher US-Metal-Einschlag bemerkbar, der besonders im Gesangsstil von Olli Strasser zum Ausdruck kommt.

Die Musik lässt sich schnell beschreiben: Es gibt klassischen Heavy Metal und Power Metal auf die Ohren, eine hohe Gesangsstimme und viele Mitsingrefrains. Das Label vermarktet die Band als Power Metal, aber häufig liegt die Geschwindigkeit eher im Midtempo und könnte auch mit klassischem Heavy Metal beschrieben werden. Markant ist der häufige Einsatz von Chören, die besonders im Refrain einen tieferen Kontrastpunkt zur hohen Stimme des Sängers setzen. Das ist auch deshalb wichtig, weil Strassers Stimme selbst nicht sonderlich variantenreich ist. Zwar absolviert er seine hohen Gesangslinien ohne jeden Abstrich, weiß dabei aber nur wenig zu variieren. Durch die Kombination von hoher Gesangsstimme und tiefen Chören im Refrain werden immer wieder Erinnerungen an frühe Hammerfall-Alben wach, besonders an die Zeit von „Renegade“ – sicher auch ein Ergebnis der vielen „Ohohoho“-Passagen. Das Ganze klingt trotz der zahlreichen Anleihen gelungen, was sicher auch an der soliden Gitarrenarbeit der Band liegt, die zwar ebenfalls kein Neuland betritt, aber durchwegs souverän geriet.

Genauso wie den Hörer musikalisch nichts wirklich Neues erwartet, sind auch die Texte nicht sonderlich kreativ geraten. Themen sind die obligatorischen Kriege („Gods Of War“, „Death From Above“), historische Versatzstücke („Black Friday“, „300“, „A Knight“) und – wie soll man anders sagen – aus sich selbst begründete metallische Stereotypen („Death Shall Rise“, „Fire And Sword“). Manchmal klingt das dann etwas überzogen (z. B. bei „300“) und ganz sicher kriegt man dafür nicht den Pulitzer-Preis. Letztlich es erfüllt aber seinen Zweck.

Warum, könnte man jetzt fragen, ist „Infested By Anger“ trotz der eindeutig mangelnden Kreativität ein gutes Album für Szenefans? Ganz einfach: CUSTARD sind verdammt gut in dem, was sie machen. Die Songs haben ein hohes Ohrwurmpotential (z. B. „Death From Above“, „A Knight“, „Death Shall Rise“) und handwerkliche Fehler sucht man vergebens. Die Qualität über immerhin 13 volle Tracks (hinzu kommen noch Intro und Outro) zu halten, ist auch einiges wert. Ebenso vermag die Produktion insgesamt zu überzeugen, wenn man auch streckenweise dem Schlagzeug etwas mehr Wumms gewünscht hätte. Und so bleibt dies ein Album, das den Genrefan völlig überzeugen kann, und dem man anmerkt, dass die Band schon viele Jahre Zeit hatte, Erfahrungen zu sammeln. Schade eigentlich, dass dies so wenig gewürdigt wird.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Marc Lengowski

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