Review Eden Weint Im Grab – Geysterstunde I – Ein poetisches Spetakel zu Mitternacht

Einiges los im Hause Wintersolitude. Erschien vor kurzem erst das durchaus lang erwartete Abschlusswerk von Transit Poetry, legt das kleine Berliner Label um Fast-Alles-Könner (und -Macher) Sascha Blach mit dem vierten Album von EDEN WEINT IM GRAB nach. Wer das bisherige Schaffen dieser insgesamt außergewöhnlichen Formation verfolgt hat, wundert sich beim etwas sperrig klingenden Titel nicht: Geysterstunde I – Ein poetisches Spektakel zu Mitternacht.

Auch wer – wie ich – den älteren Stoff nicht kennt, wird unter zu Hilfenahme von Albumtitel und Frontcover schnell Assoziationen zum Horror Metal ziehen können. Damit liegt man definitv richtig, die Atmosphäre ist von der ersten Note bis zum letzten Schrei finster – auch wenn man dieser Tage vermutlich Schwierigkeiten haben wird, selbst kleine Kinder mit fiesen Geschichten noch zu erschrecken. Aber interessant klingt es schon und schließlich üben auch die Pate stehenden historischen Schriftsteller wie Edgar Allen Poe immer noch eine ganz spezielle Faszination aus. Das Zusammenspiel zwischen Text und Musik ist jedenfalls ausgesprochen gelungen – und in den meisten Fällen wirkt der schwarze Humor noch eine Spur besser als die Horrorelemente. Als pars pro toto fungiert hier locker die „angepasste“ Mühlengeschichte in „Die Knochenmühle“: Es klappert die Mühle am blutigen Bach – zur Nacht ist der Müller stets wach – er mahlt unsere Knochen zu kräftigem Brot – wir essen uns selber in bitterer Not.

Wer hat bis jetzt noch nicht an die deutschen Vorzeige-Horror-Metaller The Vision Bleak gedacht? Nun, der Quergedanke kommt in etwa hin, jedoch sei versichert, das eine gewisse Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen ist, EDEN WEINT IM GRAB sind aber schlicht viel besser. Denn nicht nur ansprechende Texte – man merkt, dass da ein echter Wörterschmied am Werk war – zeichnen die vom Solo- bzw. Studioprojekt zum Quintett angewachsene Kapelle aus. Auch musikalisch wissen sie, mit reichlicher Finesse aufzuwarten. Vor allem aber überzeugt man mit einem breiten Stilmix, der trotz Einflüssen vonDeath-, Doom-, Black Metal, Jahrmarktsmusik, Soundtrack bis hin zu Tango und Walzer in sich sehr homogen bleibt – so fern man das so überhaupt sagen kann. Dass dabei eingängige Melodien wie in „Friedhof der Sterne“ oder „Moritat des Leierkastenmanns“ nicht fehlen, ist ein weiterer Pluspunkt auf der Habenseite.

Der Wiedererkennungswert macht es leicht, die Stilvielfalt von EDEN WEINT IM GRAB zu durchschauen. Ein Album, mit dem man zügig warm wird, aber auch ein Album, das man später gerne immer wieder in den Player schiebt. Man könnte auch sagen: ein Album von Leuten, die ihr Handwerk verstehen. Man muss schon sagen, ein solch gelungenes Zusammenspiel von Text, Musik und Atmosphäre erlebt man selten, bleibt nur zu hoffen, dass sich eine große Zahl Hörer findet, die selber ein spannendes Output entdecken wollen.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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