Review Feuerschwanz – Sex is Muss

Beinhaltete „Auf’s Leben“ im Titel noch eine klare, simple Botschaft, so steckt hinter „Sex is Muss“ mehr als der Schenkelklopfer zunächst vermuten lässt: Beim Fairytale-Festival 2015 in Oldenburg wurden FEUERSCHWANZ nach Sexismus-Vorwürfen der autonomen Referate des Uni-Asta erst ausgeladen und dann (ausgerechnet) durch die Goth-Rocker Unzucht ersetzt. Zu allem Überfluss blieb es nicht beim Ausschluss der Folk-Satiriker, sondern ließen es sich die Studenten auch nicht nehmen, eine von Unzucht auf dem Festival präsentierte Feuerschwanz-Flagge social-media-wirksam zu entwenden. „Sex is Muss“ ist in Teilbereichen eine Reaktion der Süddeutschen auf diesen Vorfall – und verkörpert dabei im Grunde nichts anderes als der Vorgänger.

Den thematischen Bogen bei FEUERSCHWANZ zu spannen, fällt auch auf „Sex is Muss“ relativ simpel: Besangen die Blödelbarden erst Geigerin Johanna, folgte anschließend Hans der Aufrechte mit seiner E-Gitarre und nun brandaktuell Bassist Felix Taugenix. Dazu gesellen sich Hymnisches wie „Krieger des Mets“ und Neckisches wie „Ringelpietz (mit Anfassen)“. Produziert ist der launige Mix hervorragend von Simon Michael, der in einem Studio erstmals für die „Schwänze“ tätig gewesen ist. Auf bekannte Allegorien verzichten Hauptmann, Prinz und Co. allerdings auch mit ihrem neuen Produzenten nicht: So werden alle Fans der Nackten Kanone zu Beginn von „Hexenjagd“ vermutlich ein Déjà-vu haben. Beschwingt launisch dringen das autobiografische „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“ und „Es wollt ein Bauer früh aufstehn“ über die Lautsprecher. Zweiteres mutet beinahe wie die moderne Version eines traditionellen, deutschen Volkslieds an.
Direkte Spitzen gegen Uni-Astas und andere Kritiker verkneift sich das Sextett trotz des Stücks „Moralisch (höchst verwerflich)“ glücklicherweise. Stattdessen spielen die sechs Musiker ihren Gute-Laune-Folk unverdrossen weiter – vielleicht sogar mehr als zuvor, denn die Anzahl der Balladen fällt auf „Sex is Muss“ mit dem „Nachtlied“ und dem etwas schandmaul-esken „Ruderboot“ als Abschluss sehr übersichtlich aus. Pseudotiefsinniges über Alkoholgenuss bleibt ebenfalls außen vor und auch die rockigen Teile huldigen dieses Mal nicht nur plakativ dem Metgenuss. Stattdessen liegt der Fokus auf druckvollen Feiernummern, bei denen lediglich „Teufel“ am Ende etwas abflaut – da riss  „Der Teufel“ vom Erstlingswerk „Prima Nocte“ mehr mit.

Von kompositorischen Totelausfällen bleibt „Sex is Muss“ verschont und schlägt unter anderem dadurch „Auf’s Leben“ knapp. Aufbau und generelle Stilistik der beiden letzten Werke des Sechsers sind allerdings vergleichbar, wenngleich die neueste Veröffentlichung von Burg Feuerschwanz musikalisch ausdifferenzierter und etwas vielschichtiger erscheint. Einzelne Nummern haften mehr im Gehörgang als zum Beispiel ironischerweise der „Ohrwurm“ des Vorgängers. Sicherlich zielt ein Großteil der Stücke auch auf eine homogene Live-Show mit viel Publikumsinteraktion ab. Dafür ist das Konzentrat und die Essenz des Albums völlig ausreichend, wenn nicht sogar mehr.

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert