Review Frequency Drift – Ghosts

Kurswechsel bei den Bayreuther Proggern FREQUENCY DRIFT: Während ihre ersten beiden Alben „Personal Effects Part I“ und „Personal Effects Part II“ die Science Fiction-Geschichte zweier Stadtmädchen erzählten und von modernem, ambientlastigem Neoprog getragen wurden, setzt „Ghosts“ verstärkt auf akustische Instrumente wie Querflöte, Violine und Harfe – ohne allerdings den atmosphärisch dichten Kopfkino-Sound der Band über Bord zu werfen. Epische Gitarren, schwermütiges Piano, sanfte Synthiflächen sowie Folk- und Klassik-Ausflüge machen die Kompositionen von FREQUENCY DRIFT aus – und natürlich der seit jeher markante, betörende Frauengesang.

Auch die acht neuen Songs laden wieder dazu ein, tief in den Klangkosmos der Band einzutauchen und sich von der packenden Stimmung gefangen nehmen zu lassen. Zwar handelt es sich beim dritten Album der Gruppe um Chef Andreas Hack nicht direkt um ein Konzeptwerk mit zusammenhängender Geschichte; doch jeder Song erzählt von Dingen, Geschehnissen und Erinnerungen, die uns prägen, formen und verfolgen.

Nach dem kurzem, aber äußerst geschmackvollen Piano-/E-Harfen-Intro „Crows“ folgt mit dem 12-Minüter „Dreams“ gleich der längste Track der Platte. Ein erstes Highlight, das vor allem mit einem grandiosen und sehr langen Instrumentalteil zu bestechen weiß, in dem die Band scheinbar völlig mühelos Violinenklänge à la Citys „Am Fenster“ mit elegischen Gitarren und Neoprog-Keyboards paart. Das entstehende Klanggemälde schwingt sich in immer epischere Höhen und wird zu guter Letzt um eine waschechte Jethro Tull-Querflöte ergänzt. Grandios! In diesem Song machen wir übrigens auch erstmals Bekanntschaft mit der neuen Sängerin der Combo: Antje Auers Stimme passt wieder hundertprozentig zur Musik von FREQUENCY DRIFT und pendelt gekonnt zwischen feengleich und kraftvoll.

Mit „Sadness“ folgt eine kurze, eher rockige Nummer, die allerdings zwischen den zahlreichen Epics, die „Ghosts“ zu bieten hat, etwas untergeht. Gleiches gilt für „Ringshine“ – eine Art Zwischenspiel auf der E-Harfe. Davor und danach stehen mit „Tempest“ und „Dance No More“ zwei weitere zentrale Stücke des Albums. Ersteres besticht vor allem durch seinen energiegeladenen Refrain, der den Hörer aus der sanften Traumwelt holt, die bis dahin behutsam aufgebaut wurde. „Dance No More“ gerät nach dem ruhigen Beginn mit Akustikgitarre zum härtesten Track der Platte, in dem die Gitarren allerdings ruhig noch weiter nach vorn hätten gemischt werden dürfen. Das ganz und gar wundervolle und harmoniegetränkte „Mermaid“ wird im Mittelteil plötzlich schräg und kratzig, als wären King Crimson und Indukti im Tonstudio zu Gast und würden dort ordentlich Radau machen. „Come“ beendet das 58-minütige Album erwartungsgemäß noch einmal mit einem epischen Finale und entlässt den Hörer dann relativ unvermittelt wieder in den Alltag.

Wie schon bei den Vorgängern ist der größte Pluspunkt von „Ghosts“, dass es sich hervorragend durchhören lässt und den Hörer wirklich gefangen nimmt. Des Weiteren fällt die dieses Mal deutlich bessere Produktion auf – hat das vielleicht mit dem Mastering von Henning Pauly zu tun? Szenekennern dürfte der deutsche Produzent und Multiinstrumentalist durch seine Projekte mit Sänger-Größen wie James LaBrie von Dream Theater oder Michael Sadler von Saga durchaus bekannt sein. Wer Kritikpunkte sucht, dem wird nach einigen Durchgängen sicher auffallen, dass die längeren Stücke allesamt recht ähnlich aufgebaut sind. Aufgrund ihrer kompositorischen Qualität ist das allerdings keine besonders schwerwiegender Tatsache. Schade ist da schon eher, dass FREQUENCY DRIFT wieder einmal auf den Abdruck der Lyrics verzichtet haben. Immerhin kommt das Werk aber in einem klasse gestalteten Digipak.

Insgesamt positioniert sich „Ghosts“ genau im Mittelfeld aller bisherigen Veröffentlichungen der Gruppe. Es ist deutlich besser als das Debüt, gefällt mir persönlich allerdings nicht ganz so gut wie „Personal Effects Part II“, welches mich noch ein Stück weit mehr gepackt hat. Nichtsdestotrotz ist auch „Ghosts“ wieder ein Album geworden, das ich allen Freunden epischer, verträumter Artrock-Klänge unbedingt ans Herz legen möchte.

Wertung: 8 / 10

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