Review Gloryhammer – Space 1992: Rise Of The Chaos Wizards

Was hatten GLORYHAMMER für ein Stirnrunzeln ausgelöst, als sie 2013 relativ unangekündigt ihr Debütalbum „Tales From The Kingdom Of Fife“ auf die Power-Metallerschaft losließen. Auch der Verfasser dieser Zeilen monierte vor zwei Jahren mangelnde Eigenständigkeit und skrupellose Selbstbedienung im Kitschladen von Rhapsody Of Fire. Im Jahr 2015 kommt nun der Zweitling „Space 1992: Rise Of The Chaos Wizards“ in die Läden und muss sich die Frage gefallen lassen, ob die Band sich inzwischen zu etwas anderem als einem Klon der Italiener entwickelt hat.

Die Antwort darauf kann nur gemischt ausfallen. Natürlich sind GLORYHAMMER sich treu geblieben, und das heißt auch heute noch: auf Überlebensgröße aufgeblasener Melodic Power Metal mit breiten Keyboardwänden, epischen Refrains und, Pardon, unendlich dummen Texten (mehr dazu später). Ein paar neue Ideen haben die Jungs um Alestorm-Keyboarder Christopher Bowes dennoch hineingepackt. So gibt es mit „Universe On Fire“ eine glatt polierte Nummer mit Eurodance-Elementen, die aufhorchen lässt. Der Refrain ist verdammt gut geraten, das grundsätzliche Klanggerüst erinnert mit seinem technoartigen Beat allerdings stark an Amaranthe – ob ihr das gut findet, wisst ihr selbst.

Der Song bleibt aber ein Solitär auf dem Album. Dafür hat die Band sich ein Trademark von Rhapsody Of Fire angeeignet, das auf dem Vorgänger nicht so überstrapaziert wurde: Es gibt dieses Mal gleich drei Songs, die im engeren Sinne keine Metallieder sind. Das Intro „Infernus Ad Astra“ besteht aus wenigen lateinischen Wörtern, die jeder Siebtklässler nach zwei Wochen Unterricht übersetzen könnte und die so bewusst auf Filmsoundtrack getrimmt sind, dass man sich trotz der Länge von nur 84 Sekunden langweilt. Der vorletzte Track, „Apocalypse 1992“, dagegen ist voller unendlich käsiger Sprachsamples und noch dazu mit fast zehn Minuten zu lang für seine wenigen Ideen. Den Vogel aber schießen GLORYHAMMER mit dem letzten Song, „Dundax Aeterna“ ab. Er dauert zwar über vier Minuten, besteht aber nur aus Retortenchören aus dem Synthesizer und ein wenig Untermalung. Das alles braucht natürlich niemand, genausowenig wie die Unsitte, nahezu jedes Lied mit einer Rückung im Refrain zu beenden.

Dasselbe gilt einmal mehr für die Story, die mit dem Album offenbar erzählt werden soll. Wer auf Science Fiction gehofft hat, wird enttäuscht sein: Eigentlich kriegen wir dieselbe Ladung Fantasy-Kitsch ab wie letztes Mal, inklusive Goblins, Zwergen, magischen Waffen und Zauberern. Die werden auf verschiedenste Weise textlich mit einem Hauch Weltraumflair belegt – so ist der Goblin dieses Mal ein Goblinkönig aus der „Darkstorm Galaxy“. Klar doch. Man muss schon einen außerordentlichen Fabel für Trash haben, um damit irgendwas anfangen zu können.

Das alles ist deshalb so ärgerlich, weil auf „Space 1992: Rise Of The Chaos Wizards“ auch etwas Gutes zu finden ist. Ein paar der Songs haben ordentlich Wumms: Der Opener „Rise Of The Chaos Wizards“ geht großartig nach vorne, das eingängige „Heroes (Of Dundee)“ weiß zu gefallen und auch „Universe On Fire“, so man mit den Electro-Elementen klarkommt, bietet eine Ohrwurmmelodie – da schimmert immer wieder das Songwriter-Händchen der Band durch. Und auch Sänger Thomas Winkler macht einmal mehr seinen Job ganz hervorragend. Für ein wirklich überzeugendes Album aber sind diese Qualitäten zu sehr versteckt. Fans des ganz kitschigen Power Metals werden sicher ein paar Durchläufe Spaß an dem Album haben, aber wer sich nicht zu 100% zu dieser Spielart bekennt, lässt lieber die Finger davon.

Wertung: 6 / 10

Publiziert am von Marc Lengowski

4 Kommentare zu “Gloryhammer – Space 1992: Rise Of The Chaos Wizards

  1. Hallo Andreas,

    herzlich willkommen in unserer Kommentarspalte! Schön, dass du unser Review so interessant fandest, dass du uns und anderen Lesern deine Meinung mitteilst. Ich habe dazu allerdings fast nichts mehr Neues zu sagen, es steht eigentlich alles schon in dem Review und in meinem vorigen Kommentar. Deshalb in aller Kürze.

    1. Ja, Rhapsody. Ich habe keine Ahnung, warum sich Fans von Gloryhammer mit Händen und Füßen gegen den Vergleich wehren, zumal ihn auch die Band selbst benutzt und in Interviews Rhapsody als Referenz bzw. Inspiration angibt. Dass ich darauf in meinem Review Bezug nehme, ist weder überraschend noch eine sonderlich intellligente Schlussfolgerung meinerseits – ist es einfach offensichtlich.

    2. Ich habe mich in meinem Leben schon mal „ein winziges bisschen mit PM“ beschäftigt, sehr viel davon gehört und schreibe nicht zuletzt seit mehr als drei Jahren hier darüber. Ich kenne viele Power-Metal-Bands, unzählige Power-Metal-Alben und habe bei allen immer auch auf die Texte geachtet. Du sagst extra viel Kirsche? Ich sehe da nur extra viel Käse.
    Ohne mich wiederholen zu wollen (vorige Antwort, Absatz 4): Ich [i]kann[/i] diese Texte einordnen und ich finde sie trotzdem nicht gut. Du siehst das anders – das ist dein gutes Recht! Aber es ist einfach nicht richtig, dass ich sie schlecht finde, weil ich keine Ahnung von Power Metal hätte.

    Demnächst werde ich die Band übrigens live sehen und bin wirklich sehr gespannt, wie das funktioniert.

  2. Ich bin zufällig über dein Review gestolpert.
    Ich kann viel, eigentlich das meiste nachvollziehen, wenn ich versuche das mal aus der Sicht eines Power-Metal-Gloryhammer-Außenstehenden zu sehen. Wenn man sich allerdings nur ein winziges bisschen mit PM und speziell mit Gloryhammer und am Allerspeziellsten mit ihrem 20-teiligen Zyklus (:D) beschäftigt, dann sollte man die Texte einordnen können.
    Rhapsody – dein Ernst?
    Glory nimmt alles was an „Epicness“ und Klischees geht, verdoppelt das, und haut dann noch ’ne Kirsche drauf – ach was, eine Kirschplantage.

    Die Texte sind einfach göttlich – und ja, gerade „Apocalypse 1992“ ist die Kirschplantage.

  3. Hey Marek,
    danke für deine Anmerkungen. Dass dir die Scheibe gefällt, ist erst mal super und das will ich dir auf keinen Fall madig machen.

    Im Einzelnen aber:
    1. Der Vergleich zu RoF ist nun wirklich nicht seltsam, sondern sehr naheliegend. Ich höre auch seit einigen Jahren (ca. zwölf) Power Metal, kenne übrigens sämtliche RoF-Alben und kann nicht verstehen, wie du Gloryhammer nicht sofort mit ihnen in Verbindung bringst – noch dazu, wo du Twilight Force aufbringst, die in meinen Ohren ebenfalls wie RoF klingen. Was Alestorm angeht, ist der Sound bei Gloryhammer glücklicherweise anders (voller und präziser), sodass ich sie hier höchstens – Überraschung – in der Keyboard-Arbeit als Referenz sehe. Ich nenne ja übrigens auch einige Punkte im Rezer, warum ich die beiden vergleichbar finde, und das offensichtlichste – die neoklassischen Anleihen – habe ich dabei noch ausgelassen, weil ich es für selbstverständlich hielt. Ich bin übrigens nicht der einzige Mensch auf der Welt, der das so sieht, aber das weißt du sicherlich, wenn du andere Reviews zu der Band gelesen hast.

    2. Twilight Force hat 9,5 Punkte bekommen, ja – aber nicht von mir, sondern von einem Kollegen mit einem anderen Geschmack. Du merkst schon, es gibt keine objektiven Reviews, sondern es gehört immer auch etwas persönliches dazu. Wer weiß, vor zehn Jahren hätte ich TF und Gloryhammer vielleicht super gefunden. Heute aber hätte ich TF höchstens 6 gegeben und fühlte mich, als ich sie live sah, darin auch sehr bestätigt. Ich war damals übrigens drauf und dran, eine Gegenrezension zu schreiben, aber leider ist das dann zeitlich nicht mehr machbar gewesen.

    3. Du erkennst die Band überall raus? Das würde mir nicht gelingen. Genau das Gegenteil habe ich ihnen vorgeworfen: Sie sind nicht originell, wiederholen und varriieren bestenfalls nur leicht Stilelemente anderer Bands des Genres.

    4. Texte sind ein Kriterium, ja. Wenn du das anders siehst und nur auf die Musik achtest, kann ich da wenig gegenanreden, aber für mich ist Musik ein Gesamtpaket. Und wenn die Texte völlig eindimensional sind und übermäßig voller Klischees, nimmt mir das einen Teil der Freude an der Musik. Dann zu sagen: „Ja, aber die Band wollte doch, dass die Texte voller Klischees sind und eindimensional!“ kann eben nicht dazu führen, dass ich es dann in Ordnung finde. Sonst wären Texte wieder völlig unwichtig und wir könnten alle über Staubsauger singen. Ergo schlägt es sich auch in den Punkten wieder.

    5. Ein Verriss? Entschuldige mal, aber das verstehe ich nun wirklich nicht. Ich schreibe einige positive Dinge, kritisiere andere, gebe dem Album 6 Punkte und sage, dass Genrefans dieser Ausprägung damit Spaß haben werden – das ist meilenweit von einem Verriss entfernt. Wenn du mal einen Verriss von mir lesen willst, empfehle ich das hier: http://linevast.metal1.info/metal-reviews/hero-world-winter-coming-holiday-rock-opera/

    6. Grundsätzlich gilt natürlich, dass Geschmack unterschiedlich ist. Und die hier veröffentlichte Meinung ist immer zuerst die des Redakteurs. Wir kontrollieren vorher nicht, wie andere Magazine Alben bewertet haben. Ich habe das jetzt mal ganz knapp gemacht. Rock Hard gab 7.5, das ist zwar besser, aber auch keine Meilen von 6 entfernt. Metal Hammer gab 4 von 5, das wären also 8 von 10 und ist noch mal besser – aber auch da behauptet keiner, das hier sei ein Meisterwerk für die Ewigkeit. Metal.de gab 7 von 10, vereinzelt geht es aber noch höher, ja. So ist es halt – ich finde es auch nach neuem Anhören nimmer noch nicht besser als 6 Punkte.

  4. Hi, dazu möchte ich jetzt aber meinen Senf mal loswerden. Ich finde persönlich das der Vergleich mit Rhapsody (of Fire) schonmal ziemlich komisch ist. Ich höre nun schon zig Jahre Power/Melodic Metal und deren Auswüchse… und der Vergleich ist extrem haltlos. Wenn es einen Vergleich gäbe dann würde ich zu Alestorm meets Twilight Force tendieren (die apropos 9,5 Punkte bekommen haben !). Desweiteren kann ich Gloryhammer , obwohl sie erst 1 Album draußen haben aus 100 Bands raushören und das auch ohne Herrn Winkler. Von daher finde ich ist Eigenständigkeit schon extrem vorhanden. Die Texte muss man mögen und sind Geschmacksache… da geb ich Recht. Nur handelt es sich um ein Konzept was auf dem ersten Album bekommen hat…nämlich um die Geschichte von Angus McFife. Will jetzt nicht weiter drauf eingehen aber das als Kriterium zu bringen ist schon merkwürdig. Zu guter letzt möchte ich noch was allgemeines loswerden… mir ist in letzter Zeit aufgefallen das ihr eines der wenigen Online Magazine seit die extrem gegen den Strom schwimmen was Reviews angeht. Ob das positiv oder negativ ist müsst ihr entscheiden… kommt mir nur manchmal wie ein System vor. Ein Album wird überall gelobt und ihr zerreisst es zum Teil. Aber gegen den Strom schwimmen ist ja manchmal nicht schlecht…

    mfG Marek666

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