Review Harakiri For The Sky – Mære

  • Label: AOP (Art Of Propaganda)
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Black Metal

Im Gegensatz zu revolutionären Bands wie Deafheaven, die dem Post-Black-Metal mit ihrem zweiten Album „Sunbather“ (2013) eine völlig neue Ästhetik verpassten, haben HARAKIRI FOR THE SKY sich stets mehr durch konsistente als durch bahnbrechende Musik hervorgetan. Markant ist der Sound des österreichischen Duos jedoch zweifellos, mitunter sogar ambitioniert. Immerhin ist nicht jede Band dazu in der Lage, ein über eine Stunde langes Album ohne stilistische Wagnisse derart spannend zu gestalten, wie HARAKIRI FOR THE SKY es zuletzt mit „Arson“ (2018) getan haben. Der Nachfolger „Mære“ zeigt sich sogar noch ein Stück bemerkenswerter: Mit einer opulenten Laufzeit von 85 Minuten, ein paar namhaften Gastauftritten und einer Coverversion eines vielgeliebten Alternative-Rock-Hits schindet die Platte schon vor dem Hören mächtig Eindruck.

Dass „Mære“ hält, was es verspricht, suggeriert schon der erste Track „I, Pallbearer“. Wie zuvor bereits auf „Arson“ in dessen Opener „Fire, Walk With Me“ präsentieren HARAKIRI FOR THE SKY sich hier sogleich in Bestform: Dynamisches, energiegeladenes Gitarrenspiel und treibendes Drumming bilden das solide Rückgrat dieses und der nachfolgenden Songs, in denen Frontmann J.J. sich mit heiserem, technisch fragwürdigem, aber ausgesprochen gefühlvollem Schreigesang schonungslos offen über Themen wie Verlust und Depressionen auslässt.

Nachdem nicht einmal das starke Vorgängeralbum gänzlich frei von Filler-Parts war, gelingt HARAKIRI FOR THE SKY hier sogar das unwahrscheinliche Kunststück, die knapp eineinhalbstündige Platte beinahe durchwegs auf dem Niveau des mitreißenden Eröffnungsstücks zu halten. Gitarrist M.S. schüttelt ein packendes Riff nach dem anderen aus dem Ärmel, verknüpft sie vollkommen nahtlos miteinander und Gastdrummer Kerim „Krimh“ Lechner überzeugt wie schon auf „Arson“ mit einer so kreativen wie treffsicheren Performance. Das funkensprühende Zusammenspiel der beiden macht Tracks wie das getriebene „Three Empty Words“ und das fast schon überschwängliche „And Oceans Between Us“ zu absoluten Highlights der Platte.

Zu den Höhepunkten der durchwegs konsistenten Platte zählt außerdem „Sing For The Damage We’ve Done“, das mit seinem luftig-beschwingten Clean-Gitarren-Intro an Alcest erinnert und passenderweise von deren Frontmann Neige mit lieblichem Gesang und intensiven Screams bereichert wird. Zu guter Letzt hätten HARAKIRI FOR THE SKY wohl keinen stimmigeren Abschluss für die Tracklist wählen können als ihre Version von Placebos „Song To Say Goodbye“: Mit seinem melancholischen Grundton und seinen Herzschmerz und Drogensucht beklagenden Texten ist das Stück den Österreichern praktisch auf den Leib geschneidert und wird von diesen entsprechend packend interpretiert.

Ein umfangreiches Album wie „Mære“ hat üblicherweise zumindest ein paar kurze Durchhänger. HARAKIRI FOR THE SKY haben hiermit jedoch den Beweis erbracht, dass Quantität und Qualität einander nicht ausschließen müssen. Sowohl die Kompositionen als auch die Produktion sind – sieht man von den etwas zu leise abgemischten und eintönigen Vocals ab – perfekt ausbalanciert und zeigen den gewohnten Stil der Band im bestmöglichen Licht. Wer HARAKIRI FOR THE SKY zuvor bereite schätzte, wird hier auf keinen Fall enttäuscht, und wer sich bislang noch nicht mit den Post-Black-Metallern beschäftigt hat, sollte es gerade bei dieser Gelegenheit schleunigst nachholen.

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Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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