Review Katzenjammer – A Kiss Before You Go

Norwegen hat bekanntermaßen einiges zu bieten. Hierzu zählt inzwischen auch die sechs Jahre alte Folk-Band KATZENJAMMER, die 2008 mit ihrem Debütalbum „Le Pop“ eine recht erfolgsversprechende Reise ins Musikbusiness angetreten haben. Doch wird mit dem Nachfolgeralbum namens „A Kiss Before You Go“ die Fortsetzung der Erfolgsgeschichte der vier Musikerinnen geschrieben?
Um ein ganzes Stück erwachsener und wesentlich gezähmter präsentieren die Multitalente ihre 12 neuen Songs, angefangen mit dem namensgleichen Intro, welches dank düsteren Akkordeonmelodien wie schwere, rauchgeschwängerte Luft einer Hafenspelunke im Raum hängt. Doch Katzenjammer wären nicht Katzenjammer, würde hierauf das Erwartete folgen: Im wunderbaren Kontrast steht die aktuelle Single „I Will Dance (When I Walk Away)“, beschwingt und extrem poppig – jedoch für meinen Geschmack etwas zu aalglatt. Auch dem darauffolgenden „Cherry Pie“ fehlt es komplett an dem freakigen Profil, welches nur dieses Damenquartett ihren Liedern verpassen kann und der Ersteindruck des Zweitlingswerks fällt entsprechend ernüchternd aus.

Man kann von Glück reden, dass sich ab diesem Punkt wieder ein wenig mehr Individualität in die Songs einschleicht. Klingen bei „Rock-Paper-Scissors“ noch beinahe griechisch anmutende Folkloretöne gepaart mit plüschigen Countrysounds aus den Lautsprechern, so findet man in „Cocktails And Ruby Slippers“ eine skurrile Mischung aus Klängen, welche an kreischenden Kids beim Topfschlagen erinnern und sich auf seltsamste Art und Weise mit musicalähnlichen ABBA-Gesängen kreuzen. Kurz: für den Katzenjammer-ungeübten Hörer schlichtweg eine Überforderung. Erwähnt werden muss an dieser Stelle „Land Of Confusion“. Mit ihrer eigenwilligen Interpretation des Genesis-Klassikers teilt die Musikkombo aus Norwegen die Gemüter. Was für den einen hier nach einem totalen Schuss in den Ofen klingt, überzeugt den nächsten durch das frische Unerwartete der Blues/Swing-Elemente.
Kommen wir an den Punkt, an dem die Highlights auch schon abgehandelt sind. Neben melancholischen Gesängen im einen Lied, gesellt sich ein Song später Rockabilly-Style und ein melancholischer Walzer („Lady Marlene“) und Country-Geplänkel zur großen Suppe der sich oberflächlich unterscheidenden, insgesamt aber doch auf ein und der derselben Pop-Welle schwimmenden Tracks hinzu. Nette und leicht abgedrehte Unterhaltungsmusik, die sich um die Aufrechterhaltung der Durchgeknalltheit bemüht, hier jedoch teilweise versagt. Als gesamtes Werk gesehen eine runde Geschichte, allerdings ohne den berühmten gewissen Pfiff, für den man die norwegische Folk-Country-Jazz-Chanson-Rock-Band so liebt.
Lediglich die perfekte Harmonie der vier Stimmen, die dem Hörer durch „God’s Great Dust Storm“ mit sanfter Gewalt in die Ohren gepresst wird, und die enorme Instrumentenbandbreite retten dieses Album (am vorigen Katzenjammer-Album gemessen, versteht sich).
Schade, dass sich die vier selbst ein Stückchen ihrer liebenswerten Andersartigkeit beraubt und sich mit „A Kiss Before You Go“ mehr den Musikvorlieben des 08/15-Pop-Hörers gefügt haben. Betont sei hier noch das Wörtchen „mehr“, denn von Mainstream-Musik sind Marianne, Turid, Solveig und Anne-Marit immer noch Meilen weit weg. Auch wenn es jetzt einige Kilometer weniger sind.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von Uschi Joas

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