Review Letzte Instanz – Liebe im Krieg

  • Label: SPV
  • Veröffentlicht: 2016
  • Spielart: Rock

Noch keine zwei Jahre sind vergangen, seit sich die LETZTE INSTANZ „Im Auge des Sturms“ befand. Viel positiven Wirbel erzeugten die Dresdner damit weder hier noch in vielen anderen Print- und Online-Medien. Mag dies per se noch kein Indiz für Verkaufszahlen und subjektive Maßstäbe sein, so scheinen die sechs Musiker mit „Liebe im Krieg“ allerdings erkannt zu haben, dass ihr letzter Streich – milde ausgedrückt – einigen Raum für Verbesserungen bot. Nachdem die hiesigen Medienanstalten für den weichgespülten Rock-Pop auch nicht gerade Schlange standen, besinnen sich Holly und seine Mannen nun wieder auf beinahe vergessene Qualitäten und liefern überraschend Hörbares, besonders zu Beginn.

Ein flüchtiger Blick auf das Cover und die Trackliste verheißt zunächst noch keine großen Veränderungen oder gar Offenbarungen. Von einem „sehr erwachsenen“ Album sprechen die Musiker, das „voller Kraft“ eine Aufbruchstimmung erzeugen soll. Aha. Warum ausgerechnet dafür mit Markus Schlichtherle der Produzent von Popgranaten wie Juli oder Polarkreis 18 an den Reglern Platz nimmt, wirft die ersten Fragen auf. Umso überraschender fällt der Ersteindruck des Titelsongs und des zweiten Tracks „Tränen aus Stein“ aus: Brachialromantisch und unverschämt eingängig dringen die beiden Kompositionen über die Lautsprecher, während „Steh Auf!“ (im INSTANZ-typischen Imperativ) beinahe industriell anmutet. Wer Stücke wie „Flucht ins Glück“ oder „Mein Engel“ vermisst hat, wird hier fündig. „Deine Liebe im Krieg, ist alles was noch zählt, wenn hier nichts mehr steht, was uns zusammen hält“ gewinnt zwar lyrisch keinen Grimme-Preis, doch ist im Gesamtkontext völlig ausreichend für folk-pop-rockige Unterhaltungsmusik.

Mit seinen Texten nutzt Frontmann Holly die Gunst der Stunde: Trotz allerlei Missständen in der großen wie in der kleinen, privaten Welt dominiert die Hoffnung. „Wir sind eins“ steht z.B. sinnbildlich für diese Ausgabe und weckt sythesizergeschwängert mit viel Bombast und Pathos einige Assoziationen an den Grafen. Das stört insgesamt weniger als die musikalische Massenware der jüngeren Vergangenheit, da hinter den einzelnen Stücken im brachialen wie im romantischen Teil mehr Ausdruck zu stehen scheint. Die gilt auch für „Weiß wie der Schnee“, im Rahmen dessen die LETZTE INSTANZ prägnante Keyboard-Linien zu ihren Streichern gesellt – ein Element, das sich konsequent durch die ruhigen Momente von „Liebe im Krieg“ zieht. „Ich werde mit dir untergehen“ gegen Ende ist dann wiederum eine sehr gefühlvolle Hommage an die Liebe, lyrisch stark und bildet zusammen mit den bereits erwähnten Liedern die drei Vorzeigenummern an der ruhigeren Front. „Tageslicht“, „Reise“ und „Unsere Tage“ erreichen diesen Level nicht, fallen aber nicht merklich ab, sondern lassen nur signifikante Besonderheiten in den vier gut austarierten Grundelementen Keyboard, Streicher, Gesang und Arrangement vermissen. Echte Ausnahmeerscheinungen finden sich in der zweiten Hälfte wiederum bei „Blutmond“, das völlig losgelöst elektro-poppig daherkommt. Ungewohnt, aber gut und in grob ähnlicher Form bei „Der letzte Tag“ nicht ganz fremd im Klangkosmos der Brachialromantiker.

Die Produktion von „Liebe im Krieg“ schlägt dessen Vorgänger um Längen und klingt wie versprochen frisch und modern. Hollys Gesang profitiert davon deutlich. Insgesamt verkörpert die neueste Scheibe der Szeneveteranen wieder mehr Drive, Esprit und Eigenständigkeit als die meisten Vorgänger der letzten fünf bis sieben Jahre zusammen. Es wirkt so, als ob das Sextett seine musikalische Identität teilweise wiedergefunden hat und sich nicht mehr in (pseudo-)bedeutungsschwangerer Melancholie verliert. Hält die INSTANZ diesen Level zukünftig konstant über ein gesamtes Album, dürften auch einige ältere Fans wieder hinhören.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert