Review Matze Rossi – Ich fange Feuer

  • Label: End Hits
  • Veröffentlicht: 2016
  • Spielart: Entmetallisiert, Singer/Songwriter, Indie Rock

Es scheint so, als würde es der Punkgeneration, die ein paar Jahre nach der Jahrtausendwende ihren Abschied verkündet hat, derzeit wieder mächtig unter den Fingern jucken. Sei es die Terrorgruppe, WIZO oder Schrottgrenze: Neue Alben sind erschienen oder bereits angekündigt und das Interesse an diesen Bands ist heute fast größer als beim damaligen Rückzug. Auch wenn Tagtraum, eine weitere der damals prägenden und beliebtesten Punkbands, bisher (noch?) keine Rückkehr angekündigt hat, veröffentlichte MATZE ROSSI auch nach dem Ende seiner Band kontinuierlich Soloalben. Nachdem sein Fokus in den letzten Jahren klar auf seinem Privatleben lag, kündigte er 2015 an, sich wieder verstärkt der Musik widmen zu wollen. Mit „Ich fange Feuer“ liegt nun das Ergebnis dieser Aussage vor. Nach dem auf Akustikgitarre und Klavier reduzierten „Und jetzt Licht, bitte!!!“ wird MATZE ROSSI auf seinem fünften Studioalbum teilweise wieder von einer Band unterstützt, was dem Sound mehr Energie und Dynamik verleiht. Auch wenn sich ein paar unspektakuläre Momente einschleichen, fügt sich „Ich fange Feuer“ nahtlos in den zwischen Melancholie und Lebensfreude changierenden Klangkosmos des sympathischen Schweinfurters ein.

„Ich fange Feuer“ wurde live eingespielt, was sich auch im unmittelbaren, sehr nahbaren und doch warmen Soundbild des Albums niederschlägt. Dies wird direkt beim Einstieg in Form von „Wenn ich mal“ klar, der auch textlich bezeichnend für das thematische Wechselspiel des Albums steht: Mit einem gleichzeitig hoffnungsvollen und wehmütigen Blick singt MATZE ROSSI begleitet von sanftem Akustikgitarrenspiel und Kontrabass von seinem unabwendbarem Todestag und dem Wunsch, dass dieser für seine Hinterbliebenen in seinem Gedenken schön wird. „Das vertraute Kribbeln in meinen Händen“ beginnt mit gezupfter Gitarre, steigert sich musikalisch mit Schlagzeug und Bass stetig in seiner Intensität und endet abrupt mit der immer leidenschaftlicher vorgetragenen und stetig wiederholten Zeile „Alles wird gut.“ MATZE ROSSIs zwischen heiserem Schreien und warmen Nuscheln befindliche Stimme verleiht der Musik dabei eine angenehme Wohlfühlatmosphäre, die durch die nachdenklichen, verständnisvollen und ermutigenden Texte verstärkt wird.

Besonders die Songs, die MATZE ROSSI gemeinsam mit seiner (ihm selbst vor dem Betreten des Studios persönlich noch unbekannten) Band spielt, wissen zu begeistern. „Kein Zweifeln und Bedauern“ erinnert mit seinen Sing-A-Longs ein wenig an Of Monsters And Men, das schunkelnde „ohohoh“ geht tagelang nicht mehr aus dem Ohr und das treibende „Es ist wie es ist“ reißen einfach nur mit, was im letzten Beispiel besonders deutlich wird, als MATZE ROSSI ein ehrlich begeistertes „Fuck yeah!!!“ in den verklingenden Schellenkranz ruft. Auf der anderen Seite würden intime Momente wie „Erzähl mir nichts“ oder der schon fast geflüsterte Titeltrack als minimalistische Singer-Songwriter-Nummern auch auf MATZE ROSSIs erstem Soloalbum nicht auffallen. „Zieh meine Träume nicht durch den Dreck“, das MATZE ROSSIs Entschluss, sich wieder auf die Musik zu fokussieren, verteidigt und dabei gegen den langweiligen Alltagstrott ansingt, bildet einen stimmigen Abschluss für „Ich fange Feuer“.

Dennoch schleichen sich einige Längen ein: „Alles geht weiter“ und der Titeltrack geraten musikalisch etwas zu blass und textlich zu gleichförmig, während „Wirst du an mich denken“ mit seinem übertriebenen Hall und seiner doch recht uninspirierten Gitarrenmelodie als Fehlgriff gewertet werden muss, denn so schön Kitsch und Emotionalität sein kann, gerät dieser Song doch eine Spur zu übertrieben. Insgesamt gelingt MATZE ROSSI mit „Ich fange Feuer“ trotz dieser kleinen Problemchen ein wunderschönes, leidenschaftliches und intimes Album, das nicht nur als eine Hymne an die Musik und das Leben gewertet werden kann, sondern auch seinen Teil dazu beitragen wird, seinen Hörern in schlechten Zeiten Mut zuzusprechen. Wie schön, dass Musik so etwas kann und wie schön, dass wir in Zukunft wieder mehr von MATZE ROSSI hören werden.

Wertung: 7 / 10

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