Review Mechina – As Embers Turn To Dust

(Symphonic Metal / Industrial Metal / Death Metal) Konzeptalben kennt jeder. Man widmet sich einem Thema oder einer Geschichte und verarbeitet diese auf einer Platte. Manchmal werden dann daraus auch Zwei- oder Dreiteiler. Dass eine Band aber über viele Jahre und Alben hinweg eine fortlaufende, durchgeplante Geschichte erzählt, das gibt es tatsächlich eher selten. MECHINA ist eine solche Band. 2011 begann die Formation aus Chicago mit „Conqueror“ eine Science-Fiction-Geschichte und führte diese mit jährlich immer am 1. Januar erscheinenden Alben fort (Ausnahme: 2012). Auch 2017 gab es an Neujahr das inzwischen sechste Kapitel der nun zur Hälfte abgeschlossenen Sci-Fi-Story mit dem Titel „As Embers Turn To Dust“ (und das siebte Werk ihrer Bandgeschichte, da das Debüt noch nicht dazugehört).

Wie es sich für die Thematik der Geschichte und einen solchen Bandnamen gehört, pflegen MECHINA einen sehr futuristischen Sound, der sich wohl am treffendsten als Symphonic-Variante von Fear Factory beschreiben ließe. Die Gitarren erfüllen fast ausschließlich eine rhythmische Funktion, indem sie zusammen mit dem Schlagzeug diverse Groove-Patterns abarbeiten und ein Fundament für die anderen Instrumente bilden. Die anderen Instrumente sind in diesem Fall zahlreiche, äußerst atmosphärische und bombastische Keyboards, die vor allem mit Streicher-, Bläser- und Klaviersounds arbeiten. Über dieses ausladende, orchestrale Spektakel legt Vokalist David Holch seinen wahlweise harschen, gutturalen oder sanften, klaren Gesang und verleiht den ohnehin schon sehr melodiösen Songs noch mehr Eingängigkeit. Erstmals wurde für dieses Album auch die wiederholt als Gastsängerin aufgetretene Mel Rose als vollwertiges Mitglied verpflichtet. Obgleich Holchs Gesang allein schon sehr stark ist, erblassen seine Parts gegen die unfassbare Arbeit, die Rose auf „As Embers Turn To Dust“ abliefert. Gerade Songs wie „The Synesthesia Signal“ oder „Division Through Distance“, in denen sie als Lead-Sängerin auftritt, gehören mit zum Wunderschönsten, das man dieses Jahr hören wird und vielleicht in den letzten Jahren gehört hat. Mit genau der richtigen Menge Hall und perfekt eingesetzten Tuning-Effekten wurde der Gesang passend für den grandios produzierten Sci-Fi-Sound der Platte verfremdet und präpariert. Er gehört mit seinem vielseitigen Einsatz, wie dem begleitenden Klagen im Ethnogewand in „Creation Level Event“ oder dem engelsgleichen Untermalen in „Impact Proxy“, zu den absoluten Hightlights der Scheibe.

Natürlich braucht man als Hörer für MECHINA eine hohe Toleranzgrenze, was Kitsch und Bombast angeht. Nicht jeder Metal-Fan wird die opulenten Symphonic-Elemente akzeptieren, die letztendlich die Musik führen. Und das eine oder andere Mal greifen MECHINA auch zu sehr in die musikalische Klischeekiste, wenn sie den Zuhörer emotional bewegen wollen. Jedoch kann man sich diesen Tricks, ob man sie nun durchschaut oder nicht, kaum entziehen. Die Sogkraft der Musik ist ähnlich stark wie die des verzaubernden Gesangs der Sirenen in der griechischen Mythologie und macht schon beim ersten Durchlauf so süchtig, dass man sich bei diversen Stücken des Albums immer und immer wieder dazu genötigt fühlt, den Replay-Knopf zu drücken. Dass dann zwischendrin vereinzelt auch mal nicht ganz so begeisternde Songs wie beispielsweise das etwas schleppende „Unearthing The Daedalian Ancient“ ihren Platz finden, stört angesichts der zahlreichen Hits und Instant-Ohrwürmer kaum.

Wer bisher mit der Geschichte der Truppe nicht vertraut war, für den ist „As Embers Turn To Dust“ ein guter Einstiegspunkt. Die Platte hält die größten Stärken des US-amerikanischen Projekts bereit. Mit der wundervoll orchestral-futuristischen Musik von Instrumentalist und Chefprogrammierer Joe Tiberi und den phänomenalen Gesangsperformances von Mel Rose und David Holch schaffen MECHINA hier ein zwar vor Kitsch triefendes, aber einfach unbeschreiblich wohlklingendes Sci-Fi-Werk, das sowohl als Einzelwerk als auch als Teil einer langjährig geführten Geschichte überzeugen kann. Dass die hochprofessionelle Band noch nie bei einem Label unter Vertrag war, ist dabei absolut unbegreiflich und kann eigentlich nur mit einer Weigerung seitens der Mitglieder erklärt werden. Man darf jedenfalls auf die zweite Hälfte der Saga mit den nächsten sechs Alben sehr gespannt sein.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert