Review Meshuggah – Koloss

Wenn es um nerdige Metal-Bands geht, fällt meist eher früher als später der Name MESHUGGAH – in Anbetracht der Tatsache, dass Chuck Norris wohl der Einzige ist, der zu den Songs der Schweden korrekt headbangt, wohl nicht einmal zu Unrecht.
Seit mittlerweile 23 Jahren sorgen die Mathcore-Koryphäen aus Umeå als Vorreiter im Bereich der musikalisch und musiktheoretisch extremen Musik für schlackernde Ohren und verknotete Gehörgänge – der neueste Angriff auf ebendiese hört auf den Namen „Koloss“.

Und weil MESHUGGAH eben, nun ja, meschugge sind, beginnt der Irrsinn dieses Mal bereits beim Artwork: Statt sich, wie jede normale Band, mit einem mehr oder minder normalen Cover-Bild zufrieden zu geben, wurde von Luminokaya.com extra für das Album ein 3-D-Artwork mit dem Titel „Gateman“ gefertigt – in neunmonatiger Arbeit, wie man zu betonen nicht versäumt.Das mag in der Theorie auch eine ziemlich coole Idee sein – allein die Umsetzung krankt an gleich zwei Punkten:
Zunächst kommt die zweifelsohne beispiellose Detailverliebtheit des Artworks auf CD-Cover-Größe nicht ansatzweise zur Geltung, so dass ich fast behaupten würde, man hätte sich den Großteil der Arbeit ohne merklichen Unterschied im Resultat schlichtweg sparen können. Dass das Bild auf der Rückseite des Booklets als Falt-Poster nochmal in größerem Maßstab betrachtet werden kann, ändert daran wenig. Statt dessen untermauert es eher das zweite, viel größere Problem – dass nämlich auch neun Monate Arbeit ein Bild nicht automatisch schön machen. Denn selbst wenn das, was auf „Koloss“ zu sehen ist, das aufwändigste Artwork der Musikgeschichte wäre – individuell, einmalig oder sonst irgendwie herausragend finde ich es trotzdem nicht… von schön mal ganz abgesehen.
Aber gut, für sensationelle Cover-Gestaltungen sind die Schweden ja auch nicht berühmt geworden – wenden wir uns also der Musik zu. Hier sieht es gleich auf Anhieb deutlich besser aus. Bereits nach dem ersten Durchlauf ist klar, dass Fans der letzten Alben auch hier insofern beruhigt zugreifen können, als „Koloss“ ein typisches MESHUGGAH-Album geworden ist: Verschrobene Rhythmen, steriler Gitarrensound und Jens Kidmans charakteristischer Gesang stellen hier erneut die drei tragenden Säulen dar, auf denen die Schweden ihr Werk errichtet haben.
Geht man etwas weiter ins Detail, muss man „Koloss“ dennoch etwas kritischer betrachten. Echte Hits sucht man hier nämlich zunächst vergebens: Trotz oder vielleicht auch wegen aller Verkopftheit des Albums berieselt dieses den Hörer zunächst recht höhepunktslos. Sicherlich, nach einigen Durchgängen kristallisieren sich mit Stücken wie dem eher groovenden „Do Not Look Down“ oder auch dem aggressiven „Swarm“ erste Favoriten heraus – insgesamt ist die Qualität des Albums jedoch deutlich ausgewogener als auf „obZen“, welches mit Übersongs wie „Bleed“ oder auch „Electric Red“ doch recht offensichtlich seine Hits zur Schau stellte.
Aggressiv ist generell ein gutes Stichwort – wirkt „Koloss“ doch durch Songs wie das extrem schnelle, brutale „The Hurt That Finds You First“ im Gegensatz zum im Vergleich fast entspannt-komplexen Vorgänger richtiggehend aggressiv. Das ist, wie man an dieser Stelle durchaus auch lobend hervorheben kann, immerhin eine deutlich erkennbare Weiterentwicklung – das Fehlen einer solchen wurde MESHUGGAH zuletzt ja immer öfter angekreidet. Ob man diese nun gut heißt oder nicht, ist wie immer Geschmackksache: Denn während das Material sicherlich gut geeignet ist, um den Frust eines anstrengenden Arbeitstages loszuwerden, klingt „Koloss“ ohne in Körper und Geist angestaute Aggressionen mitunter doch ziemlich stressig. Dass „obZen“-Songs wie „Combustion“ zudem merklich authentischer angefressen klingen, sei hier nur kurz angeschnitten – es ist eben nicht immer das Tempo eines Songs, das dessen Charakter bestimmt.

Gerade hinsichtlich des Sounds haben MESHUGGAH hier einen großen Schritt getan – klingt „Koloss“ im A-B-Vergleich mit „obZen“ doch um Welten kräftiger und durch den drückenderen Bass deutlich voller. Musikalisch jedoch weist das Album kaum Weiterentwicklungen auf, die mich wirklich begeistern würden: Der Groove von „obZen“ wurde in weiten Teilen gegen (zugegebenermaßen elaborierte) Aggression ausgetauscht, von der trotz aller rhythmischen Finessen nicht zu leugnenden Eingängigkeit ist dabei nur wenig geblieben. Gewiss, herrlich verschroben klingen MESHUGGAH auch 2012 noch, und Fans der Band werden von „Koloss“ auch gewiss nicht enttäuscht – wer mit der Band bisher jedoch noch nicht allzu vertraut ist, sollte meiner Meinung nach trotzdem eher zu „obZen“ oder „Nothing“ greifen.

Wertung: 7.5 / 10

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