Review Moonsorrow – Varjoina Kuljemme Kuolleiden Maassa

Die Zeit für das neue Album der finnischen Paganmetaller MOONSORROW ist goldrichtig. Mit zwei überragenden Outputs in den letzten Jahre und einem für mitteleuropäische kalten, schneereichen und langen Winter hat man die Argumente auf seiner Seite, wenn man den Zungenbrecher “ Varjoina Kuljemme Kuolleiden Maassa“ auf die Menschheit loslässt. Ganz leicht machen es uns die Sorvali-Brüder und ihre Freude mit der Musik allerdings auch nicht.

Nachdem MOONSORROW in den letzten vier Jahren an sich ja nur drei Songs schrieben (Jäästä Syntynyt / Varjojen Virta, Tuleen Ajettu Maa sowie Tulimyrsky), kommt das 2011er-Werk immerhin auf 7 Tracks. Dies ist jedoch unmittelbar zu revidieren, denn drei Stücke sind nur kurze Zwischenspiele, in denen mehr geächzt, gestöhnt und pferdegetrappelt denn musiziert wird. Bleiben also vier „richtige“ Lieder, die es zusammen auf fast eine Stunde Spielzeit bringen. Viel Arbeit für den Redakteur, andererseits haben die letzten Alben ja sogar noch wesentlich längere Stücke enthalten, also einfach mal losgelegt. Bei derartig langen Liedern ist es manchmal nicht ganz leicht, die richtigen Worte zu finden. Klar kann man jetzt sagen, das Riff nach fünf Minuten in „Muinaiset“ klingt aber cool (das stimmt) oder die Melodie am Ende von Huuto ist toll (ebenfalls richtig), die Gesamtheit erfasst man mit solchen Aussagen nur unzureichend. Auch wenn es seltsam anmutet, einem solchen Werk muss man sich auf allgemeinerer Ebene nähern. Und da schneiden MOONSORROW 2011 leider, leider nicht so gut ab, wie man es in der Vergangenheit gewohnt war. Sicherlich werden die wenigsten Fans wirklich enttäuscht sein, aber einigen „Heldenbonus“ muss man dafür schon ausgeben. Neutral und objektiv betrachtet, liegt die Qualität von „Varjoina Kuljemme Kuolleiden Maassa“ ein ganzes Stück hinter „Viides Luku – Hävitetty“ und „Tulimyrsky“ zurück. Einerseits mag das am – trotz kürzerer Songlänge – sperrigeren Liedgut liegen, aber manche Strukturen offenbaren sich auch beim zehnten oder fünfzehnten Durchgang nicht so wirklich. Andererseits – und das wird wohl weder Fans noch Band wirklich gefallen – fehlen einfach die grandios-epischen Momente, die MOONSORROW spätestens seit „Kivenkantaja“ ausgezeichnet haben. Ich habe den Eindruck, als wenn man dieses Trademark bewusst etwas zurückgefahren hat, ist das Keyboard doch merkwürdig schlapp produziert und geht hinter den Saiteninstrumenten irgendwie unter. Das darf aber doch nicht sein, es ist, als schmelze eine zu warme Mittagssonne die eisig-erhabene Atmosphäre einfach weg. Am vielleicht deutlichsten manifestiert sich dies in der Tatsache, dass der Anteil der unglaublich intensiven Chöre diesmal doch sehr zurückgeschraubt wirkt. Gerade dies hatte MOONSORROW-Songs aber immer wieder von Waffenbrüdern abgehoben und auf ein Level gehieft, dem außerhalb des Undergrounds eigentlich nur Ensiferum folgen konnten.

Selbstredend ist nicht alles schlecht, was auf diesem Album zu hören ist und sicher wird es auch seine Anhänger finden. Der finnische Wohlfühlmetal, der mit behender Leichtigkeit MOONSORROW (und andere Landsleute, wie Sentenced oder Amorphis) üblicherweise auszeichnet, tritt hier gegen eine schwerfälligere, vielleicht auch progressivere Variante zurück, die man zumindest nicht erwartet hatte. Vielleicht will man sie auch nicht, das werden die Käufer beurteilen müssen. Für mich ist das erwartete erste ganz große Jahreshighlight ehrlich gesagt halt schon eine leise Enttäuschung. Die Messlatte liegt unbestritten hoch, aber dafür war man in letzter Konsequenz selber verantwortlich und hat in der Vergangenheit ja auch bewiesen, dass man es (besser) kann. Positiv hervorzuheben ist der Gesang, wenn er fies klingen soll, klingt er fies, wenn er klagend klingen soll, klingt er klagend, wenn er hart klingen soll, klingt er hart…hier ist Ville Sorvali auf jeden Fall auf Nummer sicher gegangen. Verhätlnismäßig faszinierend sind noch einige Gitarrenläufe, aber wie gesagt, die nicht einwandfreie Zusammenarbeit mit den Tasten macht es schwer, dies als aboluten Pluspunkt für die gesamte CD zu bewerten.

Mit “ Varjoina Kuljemme Kuolleiden Maassa“ stellen MOONSORROW mehr Fragen, als dass sie Antworten liefern. Ich will ihnen nicht vorwerfen, dass sie ihren Stil geändetr hätten und dies nur deshalb negativ werten. Öfter mal was Neues war schon bei anderen Bands oft eine nützliche Alternative zum 6. gleichen Album. Wenn dies aber der neue Stil ist, dann sitzt er noch nicht perfekt. Wenn es noch der alte Stil war, dann hat er von seiner Perfektion schlicht eingebüßt. Fans werden die Scheibe kaufen, das ist sicher auch in Ordnung, Interessierte sollten hier erstmal probehören bzw. die alten Hightlights für die Kennenlernphase einsetzen.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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