Review Nicole Sabouné – Miman

Du magst Post-Punk, kennst aber NICOLE SABOUNÉ noch nicht? Kein Grund, sich zu schämen, denn die schwedische Solokünstlerin wurde erst im Oktober 2016 von Century Media aufgegriffen, sodass ihre Musik erst seit kurzem einem größeren Publikum zugänglich ist. Ihr bereits 2015 erschienenes zweites Album „Miman“, das den Namen einer Maschine trägt, die in Harry Martinsons Gedicht „Aniara“ sämtliche Erinnerungen der Menschheit aufzeichnet, wird über das neue Label nun auch außerhalb Skandinaviens veröffentlicht. Dennoch wird NICOLE SABOUNÉ wohl nicht (nur) im Post-Punk-Umfeld Anklang finden, „Miman“ ist nämlich alles andere als lupenreiner Post-Punk. Doch wie klingt das Album denn sonst?

Zuallererst fällt im Opener „The Body“ auf, dass NICOLE SABOUNÉ die Gitarre und den Bass eine eher untergeordnete Rolle spielen lässt. Im Zentrum der eher langsamen bis mittelschnellen Songs stehen vielmehr ihr bedrückend klagender Gesang, recht düstere Synthesizer und die variabel eingesetzte Perkussion. Das mag anfangs ein wenig enttäuschen, sucht man peppige Post-Punk-Nummern wie „Win This Life“ auf „Miman“ leider vergebens. Findet man sich damit jedoch erst einmal ab, wird bald klar, dass NICOLE SABOUNÉ ihre zweite Platte mit allem ausgestattet hat, was es braucht.
Ihr Akzent ist zwar zum Teil etwas aufdringlich, doch allein schon ihre markanten, nicht im geringsten schmeichelweichen Vocals verdienen es, im Fokus zu stehen. Sie sind genau das richtige Medium für die nachdenklichen Texte, die die Gier der Menschen und ihre daraus resultierende Selbstzerstörung thematisieren. Obwohl die Gitarren bis auf wenige Ausnahmen – wie zum Beispiel die kreischenden Töne im niedergeschlagenen „Bleeding Faster“ oder die fast schon epischen, melancholischen Leads im Madonna-Cover „Frozen“ – eher im Hintergrund agieren, sind die einzelnen Tracks auf Anhieb leicht zu unterscheiden.
So finden sich neben reduziert stimmungsvollen Klageliedern wie „Under Stars (For The Lovers)“ auch der ein oder andere Hit wie beispielsweise das kraftvolle „Rip This World“ mit seinen dominanten Synthesizern und seiner ultraeingängigen Hookline im Refrain. „Bleeding Faster“ und das sphärische „Lifetime“ bleiben hingegen unter anderem durch den Einsatz orientalischer Zupfinstrumente im Gedächtnis. Dass NICOLE SABOUNÉ nun weitgehend auf locker-flockige Songs wie das bereits angesprochene „Win This Life“ verzichtet, ist zwar trotz allem ein wenig schade, doch die positive Folge ist, dass die melancholische Atmosphäre auf „Miman“ dadurch trotz der Vielfältigkeit seiner Tracks von Anfang bis Ende bestehen bleibt.

Nach anfänglicher Skepsis fällt das Fazit demnach äußerst wohlwollend aus. NICOLE SABOUNÉ hat auf „Miman“ nämlich nicht einfach nur den übriggebliebenen Post-Punk von gestern nochmal aufgewärmt, sondern etwas ganz Eigenes geschaffen. Die Platte ist eingängig, aber dennoch facettenreich und stimmungsvoll und darüberhinaus auch noch wunderbar klar, beinahe schon transzendental produziert. Wer die selbst auferlegten Genre-Scheuklappen mal für einen Moment abnimmt, wird somit mit einem rundum stimmigen Album belohnt, das nahezu keinen Durchhänger zu verzeichnen hat. Die Leute von Century Media haben jedenfalls gut daran getan, NICOLE SABOUNÉ in ihre Mitte zu holen.

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Wertung: 7.5 / 10

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