Review Nightwish – End Of An Era (DVD)

Wer in den Jahren 2004 und 2005 nicht auf einem der zahlreichen „Once“-Konzerte war, dem sei gesagt, dass NIGHTWISH auf dieser Tour wirklich großartig waren und eine weitere DVD der Finnen allein durch deren Leistungen absolut gerechtfertigt ist. Ich persönlich konnte sie im Oktober 2004 in Nürnberg sowie im Februar 2005 in Bayreuth sehen, was beide male sehr beeindruckend war. Auf der „End Of An Era“-DVD wirkt das ganze jetzt sogar noch imposanter und überwältigender, als man es von den „normalen“ Tourkonzerten her gewohnt ist, zumindest wenn man sich nun vom erlebten Konzert nach Finnland denken kann. Dass dies hier Tarja Turunens letzter Auftritt für NIGHTWISH gewesen ist, merkt man während des Konzertes zum Glück jedenfalls keine Sekunde lang, denn alle auf der Bühne hängen sich beim letzten der über 100 „Once“-Konzerte voll rein und lassen sich gar nichts von dem anmerken, was nach dem Konzert folgte.

18 Lieder haben es auf die knapp über 100 Minuten lange Setlist des Konzertes im finnischen Helsinki in der Hartwall Arena geschafft, die die Tour recht gut repräsentieren. Bei den Konzerten war es noch etwas störend, dass der „Once“-Anteil so groß ist, auf DVD kann man die Tatsache, dass ganze 8 von 11 Songs des aktuellen Albums vorhanden sind, schon ausklammern, da die älteren Lieder ja auch auf vorherigen visuellen Mitschnitten wie der „From Wishes To Eternity“ zu sehen sind. Noch weniger stört es, wenn man sich eingesteht, dass die neuen Stücke live einfach ordentlich knallen und eine tolle Atmosphäre verbreiten. Bei der Songauswahl ist die Wahl des Coverstücks sehr erfreulich. Auf der Tour wurde ja nicht nur das hier verwendete und sehr schön intonierte „High Hopes“ von Pink Floyd gespielt, sondern auch die „Symphony Of Destruction“ von Megadeth, welches live wirklich schlecht war und gar nicht zur Band passte. Als Special Guest war bei diesem einen Auftritt auch John Two-Hawks dabei, der bei „Creek Mary’s Blood“ bereits auf dem Album Flöten-, Gesangs- und Erzähleinlagen lieferte, die er hier neben seinem eigenen ruhigen Flötenstück „Stone People“ aufführte und damit für eine aussergewöhnliche Atmosphäre bei einem Metalkonzert sorgt. Für Atmosphäre sorgte unter anderem auch das Keyboard-Intro zu „Ever Dream“, unheimlich gefühlvoll von Tuomas und Tarja vorgetragen. Spaß bringt hier zum Beispiel ein von den schelmisch grinsenden Emppu und Marco eingeschmuggeltes Iron Maiden-Zitat am Ende von „Wishmaster“.

Optisch präsentiert sich die Band ebenfalls einfach nur großartig. Beim riesigen Bühnenaufbau wurden hinter dem Schlagzeug Leinwände aufgebaut, auf denen mehr oder weniger passende Grafikeffekte zu den Liedern abgespielt werden, die an manchen Stellen auch ins normale Bild eingeblendet werden, was manchmal ganz gut und manchmal etwas störend wirkt. Eine große Lichtshow, Licht- und Raucheffekte und massig Pyros sind zu erwarten gewesen und kommen immer recht passend und unterstützen die Atmosphäre. Den bekannten Konfettiregen gibt es auch, unverständlich ist mir nur, warum man den innovativen Wasservorhang bei „Nemo“ und „Ghost Love Score“ weggelassen hat, der auf Tour sehr beeindruckend war. Die Performance der Band ist inzwischen zwar als routiniert zu bezeichnen, dennoch macht es Spaß, ihnen zuzusehen. Emppu flitzt dauernd von der einen Seite der Bühne zur anderen und hat wie Marco, der hier unglaublich sympathisch rüberkommt, dauernd ein Lächeln auf den Lippen, Jukka verpfügelt sein Schlagzeug mit größem Elan, Tuomas scheint an seinem Keyboard tausende an Gefühlsausbrüchen zu durchleben und bangt, als ginge es um sein Leben und Tarja, die sich gefühlte zehnmal umzieht, erfreut mit ihrer gewohnt tollen Ausstrahlung und hat ebenfalls Spaß und Freude im Gesicht stehen. Spaß und Freude herrscht auch im oft gezeigten Publikum, dass hier vor allem aus Teenie-Mädchen zu bestehen scheint, die bei den ruhigeren Stücken auch gerne mal in Tränen ausbrechen. Zwischendrin sieht man immerhin immer wieder einen langhaarigen, bärtigen Kerl, damit das ganze nicht zu unausgeglichen aussieht.

Der Sound ist hier wirklich großartig geworden, alles kommt sehr druckvoll und mächtig rüber, das erfreut schon beim Gitarreneinsatz des Openers „Dark Chest Of Wonders“, auch das Schlagzeug ist angenehm druckvoll abgemischt. Der 5.1-Sound ist also sehr gelungen, zu meckern gibt es hier nichts, es klingt auch nicht zu klinisch oder nachbearbeitet. Nur die Orchesterspuren und diverse Chorgesänge sind halt weiterhin vom Band eingespielt. Mich stört das jedenfalls nicht, da es ohne wesentlich weniger bombastisch wäre und wenn es die Möglichkeit nicht gibt, sich ein richtiges Orchester auf die Bühne zu stellen, dann doch lieber so als ganz ohne. Wie im damaligen Konzertbericht bereits erwähnt, ist Tarjas Stimme live einfach überragend und noch wesentlich beeindruckender als auf Konserve, das gilt dann auch hier – Live vor Ort ist das, was man auf der Liveaufnahme erahnen kann, einfach noch besser und kaum wirklich einzufangen.
Kritik muss aber trotzdem sein, und die muss hier an das Regieteam gehen. Den Bildern fehlt stellenweise der Glanz, manchmal wirkt es trotz der bunten und effektgeladenen Show etwas trist. Das ist zwar zu verschmerzen, nicht zu entschuldigen sind dagegen die Schnitte vor allem bei actiongeladenen Liedern. Wenn es instrumental zur Sache geht, denkt das Schnittteam wohl, dass es ohne hektische und schnelle Schnitte und Kameraschwenks nicht mehr geht, wodurch man sich teilweise gar nicht mehr auf das konzentrieren kann, was da nun eigentlich auf der Bühne passiert. Für einen Konzertmitschnitt ist diese Technik leider ziemlich ungeeignet und würde eher in einen modernen Videoclip passen. Hier würde man sich an entsprechenden Stellen wünschen, dass man sich das Konzert aus einer bestimmten festern Kameraperspektive anschauen kann, vor allem „Wish I Had An Angel“ wird beinahe unerträglich zum Ansehen.

Als Bonusmaterial findet sich auf der DVD neben einer gewohnt unspektakulären Photogallery die fast einstündige Dokumentation „A Day Before Tomorrow“, bei dem die Band in den letzten drei Wochen vor dem letzten Konzert der Tour und dem letzten Konzert mit Tarja begleitet wurde. Auch wenn in weiten Teilen nicht viel passiert ist es doch recht interessant anzusehen, ein bisschen was vom Humor der Band bekommt man auch mit, man erfährt etwa von möglichen SOF-Problemen Tarjas. Der anstehende Rauswurf wird hier aber kaum angedeutet, nur an einer Stelle lästert die Band wirklich über Tarja. Doch als Zuschauer weiß man eben, was noch kommen wird, auch wenn es nicht gezeigt wird, so liegt irgendwie doch ein Anflug von Spannung in der Luft, wenn sich Tarja und ihr Mann von der restlichen Gruppe abkapseln oder sich Tuomas und sein Gefolge in Finnland auf das letzte Konzert vorbereiten. Ganz nett sind auch die immer wieder kommenden Texteinblendungen, in denen man erfährt, was den Fünf auf der Tour gefallen hat und was weniger.

„End Of An Era“ ist ein klasse Konzertmitschnitt geworden, der nahe der Perfektion sein könnte, wenn das Bildmaterial noch einen Tick besser aussehen würde und man auf die vielen hektischen Schnitte verzichtet hätte. Nach einmaligem Ansehen der Dokumentation erweist sich das Bonusmaterial trotz der Laufzeit als recht dürftig, man hätte sich doch noch etwas mehr gewünscht, aber dafür gibt es ja wohl schon „From Wishes To Eternity“ und „End Of Innocence“. Für NIGHTWISH-Fans ist das Paket – im Digipack sind dazu noch zwei Audio-CDs sowie die Nachbildung einer Helsinki-Eintrittskarte, über deren Sinn man streiten könnte, dabei – auf jeden Fall eine lohnende Anschaffung, auch wenn Nuclear Blast das Teil mit einem Neupreis von fast 30 Euro alles andere als günstig anbieten.

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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