Review Nightwish – Once (2021 Remaster)

Nach den Umbrüchen Mitte der 2000er Jahre sollten NIGHTWISH nie wieder dieselbe Band sein. Mit dem Release von „Once“ im Jahr 2004 wurde das bombastische Ende einer Ära eingeleitet, das wie kaum ein anderes die Gemüter der Fans erhitzen sollte.

So bot sich nun für NIGHTWISH die Gelegenheit, das Album neu zu remastern. Ist man skeptisch, musste man bei der Ankündigung des Remasters hellhörig werden, denn der Nachfolger zu „Century Child“ war damals zum Release nahezu perfekt und klanglich auf einem sehr hohen Niveau. Zumal Tuomas Holopainen – kreativer Kopf der Band – als durchaus akribisch gilt. Muss der Sound also wirklich angepasst werden? Immerhin: Es ist ein Remaster, keine komplette Neuaufnahme, sodass hier keine großen klanglichen Änderungen oder Überraschungen à la In Flames zu erwarten sein dürften.

Tuomas Holopainen erklärt dazu:

„Nostalgie ist ein mächtiges Werkzeug. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie die Tage rund um die Veröffentlichung des Albums waren. Die Aufregung, der Ehrgeiz, die Kameradschaft, die bevorstehende triumphale Tour, all das war da, um die Band auf ein neues Level zu heben, musikalisch und von der Reise her.“

Der Opener „Dark Chest Of Wonders” ist hier noch der beste Ansatz, um einen Vergleich mit dem Original anzustellen: Der Sound wirkt voluminöser, etwas klarer, in Nuancen feiner abgestimmt. Es handelt sich damit vielmehr um gekonntes Feintuning an den richtigen Stellschrauben. Dennoch würde es schwierig werden, das Original vom Remaster zu unterscheiden, denn nur im direkten Vergleich fällt der Unterschied überhaupt erst auf. Das gilt streng genommen nur für die Eröffnung des Albums. Alle weiteren Songs haben wesentlich weniger Unterschiede zum Original: der Sound ist schlicht und ergreifend grandios. Tarjas unverkennbare Stimme ist phänomenal gut eingebettet in einen Mix, der minutiös die Stärken wirklich aller Passagen des Albums hervorhebt. Nichts geht unter und alles wichtige ist klar und präsent: sei es Tarjas komplette stimmliche Bandbreite, Jukkas wuchtige Drums, die durchkomponierten Orchesterpassagen oder die Gitarrensoli von Emppu – hier stimmt alles. Doch nicht nur der Sound des Albums überzeugt vollends, sondern auch die Struktur und aufwendige Komposition der einzelnen Songs überzeugt immer noch.

„Once“ hat heute die Kraft und die Wucht, die es zum Release hatte und zeigt die damals neuen Facetten, die das Spektrum der Band auf ein neues Niveau hoben. Da wäre zum Beispiel das unkonventionelle „Wish I Had An Angel“, dessen Beat im Refrain Genregrenzen sprengt. Mit diesem Song gelang erstmals seit „Slaying The Dreamer“ ein Duett zwischen Marco Hietala und Tarja Turunen, bei denen beide auf Augenhöhe agieren und sich hervorragend gegenseitig ergänzen. Was „Dark Chest Of Wonders“ und „Wish I Had An Angel” anfangen, zieht sich durch das gesamte Album: Ausnahmslos alle Songs sind auf einem hohen, fast perfekten Level und was Holopainen hier komponiert hat, dürfte (s)ein Meisterwerk sein. Tarjas Stimme alleine war und ist beeindruckend, aber auf diesem Album brilliert sie und die gesamte Band regelrecht. So ist beispielsweise „Ghost Love Score“ ein Epos für sich und erinnert stellenweise mehr an einen vollends durchkomponierten Fantasysoundtrack als einen Albumteil.

Wenige Alben sind so wegbereitend und prägend wie dieses und ebenso wenige markieren eine derart dramatische Wendung innerhalb einer Band. Das Remaster von „Once“ schafft es mit der von Holopainen erwähnten Nostalgie die alten Wunden der Fans früher Stunden aufzureißen und sie gleichsam in wohlige Erinnerungen zu betten. Ohne die alte Diskussion loszutreten, ob NIGHTWISH ohne Tarja noch NIGHTWISH sein konnte und kann, ist „Once“ das perfekte Beispiel dafür, was die Band einst war und welches Potenzial in ihr schlummerte.

Dass die Instrumentalversionen aller Tracks auf der zweiten CD vorhanden sind, ist mehr als nur ein nettes Gimmick. Sie unterstreichen zum Einen umso mehr wie wichtig der Gesang (von Tarja) für die Songs von NIGHTWISH war und wie stark Holopainen auf sie gebaut hat. Indes bieten die Instrumentalversionen zudem die Gelegenheit, die wahnsinnig komplexe Komposition zu bewundern, ohne dass die gewaltige Präsenz von Tarjas Stimme oder die etwas abgehobenen Texte davon „ablenken“. Vor allem „Nemo“ bietet ohne Gesang die Gelegenheit, überhaupt erst all die Feinheiten des Songs zu erkennen.

Unbestreitbar und ohne verklärende Nostalgie war und ist „Once“ einer, wenn nicht sogar der Höhepunkt der Finnen und das in allen Belangen. War das Remaster also nötig? Nein, definitiv nicht, aber es ist dennoch unheimlich gut. Wer „Once“ noch nicht sein Eigen nennen kann, sollte das spätestens mit dem Remaster nachholen. Da der Sound aber im besten Falle minimal verbessert wurde, wird sich ein Zweitkauf für Besitzer des Albums nicht lohnen.

Keine Wertung

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