Konzertbericht: Nightwish w/ Beast In Black, Turmion Kätilöt

10.12.2022 Bamberg, Brose Arena

Nightwish - Human Nature Tour 2022

Mit einem Jahr pandemiebedingtem Verzug treten NIGHTWISH im Rahmen der European Tour 2022 auf. Die finnischen Symphonic Metal Veteranen rund um Frontfrau Floor Jansen und Bandkopf Tuomas Holopainen machen im fränkischen Bamberg Halt, um die örtliche Arena in Beschlag zu nehmen. Hat sich das Warten gelohnt?

„Warten“ ist hierbei auch schon das richtige Stichwort: Fans mussten sich nicht ein Jahr gedulden, um den Gig erleben zu dürfen, sondern werden gleich zu Beginn noch weiter auf die Probe gestellt: Die Parkplatz- und Verkehrssituation ist eine Zumutung. Diejenigen, die nicht mit den Öffis anreisen, stehen vor der Herausforderung, die Arena zu erreichen, das Gefährt möglichst zeitnah zu parken, die Schlange am Parkscheinautomaten zu erdulden nur um im Anschluss noch an zwei weiteren langen Schlangen anstehen zu dürfen, bevor das Innere der Brose Arena erreicht war. Das Publikum zeigt sich äußert vielfältig und gerade vom Alterspektrum breit gefächert. Fans der ersten Stunde teilen sich das Event mit Besuchern, die zu Zeiten von Tarja noch nicht auf der Welt waren. Dem Verdruss nicht abträglich dürften auch die gesalzenen Preise am Merch-Stand sein. Wer ein Shirt der Tour mit nach Hause nehmen möchte, darf nochmals tief in die Tasche greifen und satte 50 Euro auf den Tisch legen.

Fans, die TURMION KÄTILÖT sehen möchten und nicht nur wegen des Headliners vor Ort sind, kommen in Zeitnot. Wer es allerdings schafft, wird von einer herrlich skurrilen Show der finnischen Chaoten besänftigt. Die Mannen rund um MC Raaka Pee und Shaq-U treten mit einem derartigen Spaß auf, dass es eine wahre Freude ist. Die Stimmung geht schnell auf das Publikum über: Während sich noch einige wundern, was da gerade auf der Bühne passiert, feiern diejenigen bereits ausgelassen, die die Band kennen. Für manche Besucher*innen blieb vielleicht nicht genügend Zeit, um der Verwunderung zu entrinnen: Turmion Kätilöt verlassen so schnell und unvermittelt die Bühne wie sie auch gekommen waren. Nach keiner halben Stunde wird die Bühne schon umgebaut.

  1. Naitu
  2. Verta ja lihaa
  3. Sormenjälki
  4. Isä meidän
  5. Grand Ball
  6. Sikiö

BEAST IN BLACK, die bereits 2018 Support für NIGHTWISH waren, betreten die Bühne mit der ihnen eigenen Energie und Spielfreude. Die Power Metal Frohnaturen haben das Publikum schnell auf ihrer Seite und im Griff. Frontmann Papadopoulos bringt selbst so viel Energie mit, dass es ihn kaum auf der Stelle hält, während er eifrig Kontakt zum Publikum und seinen Bandkollegen sucht.

Die Energie färbt während der Show immer mehr aufs Publikum ab: Gerade der kitschige, poppige, von den 80ern inspirierte Sound macht Spaß. So werfen viele bei den stampfenden Beat-Nummern wie „Die By the Blade“ jegliche Scham ab und legen zwanglose Freestyle- und Workout-Dancemoves aufs Bamberger Parkett. Nicht nur der Hit „One Night In Tokyo“ wird laut mitgesungen, sondern den gesamten Auftritt über wird frenetisch gejubelt und geklatscht.

Doch auch BEAST IN BLACK räumen die Bühne sehr schnell, sodass 70 Minuten nach Einlassende bzw. Konzertbeginn Umbaupause für den Headliner ist. Allerdings scheint es so, dass das Publikum zu einem markanten Teil einzig und allein für NIGHTWISH da war und kein Interesse an den Vorbands hatte.

  1. Blade Runner
  2. From Hell With Love
  3. Beast in Black
  4. Die by the Blade
  5. To the Last Drop of Blood
  6. Moonlight Rendezvous
  7. One Night in Tokyo
  8. Blind and Frozen
  9. End of the World

Und erneut heißt es: Warten. Der Umbau der Stage für NIGHTWISH nimmt eine halbe Stunde ein. Als der Vorhang dann endlich fällt, zeigt sich schnell warum, denn die Fans erblicken ein wahrlich aufwendiges Bühnenbild mit drei großen Videowalls umrandet von zahlreichen Lichtelementen, die allesamt stimmig in den Auftritt integriert sind. Die Band legt sich mit einem großen Knall sofort ins Zeug und startet ihren Auftritt mit „Noise“ vom aktuellen Album „Human || Nature“. NIGHTWISH werden damit ihrem Ruf von Bombast und der Holopainen’schen Extravaganz gerecht. Der gesamte Auftritt ist eine einzige übergroße und durchchoreographierte Inszenierung, die das zahlreiche Publikum (die Arena ist bis auf wenige Sitze komplett gefüllt) immer wieder mit umfangreichen Applaus quittiert.

NIGHTWISH ziehen für die Optik des Auftritts insgesamt alle Register, sodass bei mehreren Song die Pyrotechnik nicht fehlen darf. Floor selbst gibt sich dabei viel Mühe, das Publikum einzubinden und sorgt zwischen den Songs für regen Austausch. Der Aufruf zum „Singalong“ bei „Shoemaker“ dürfte allerdings etwas überambitioniert gewesen sein. Für den stimmigen Einstieg in eine Akustivariante von „How’s The Heart“ animiert sie die Anwesenden, mit den Handylichtern ein Lichtermeer in die Arena zu bringen. Zusammen mit der Beleuchtung durch nur einen Spot auf Floor und Troy entsteht eine beeindruckende Atmosphäre. Auch bei Tracks wie „Sahara“ („Dark Passion Play„) und „Harvest“ gelingt die Vorstellung grandios. Auch der Sound wird dem Spektakel im Großen und Ganzen gerecht. Der einzige Wehrmutstropfen ist in dieser Hinsicht der etwas dünn geratene Klang direkt – und ausgerechnet! – vor der Bühne.

Insgesamt stützen sich NIGHTWISH vor allem auf Songs neuerer Tage. „Once“ ist das älteste Album, das zur Setlist beträgt. Dabei ist es „Ghost Love Score“, das an diesem Abend am besten wirkt. Floor gibt im ungekürzten Zehnminüter ihre stimmliche Bandbreite zum Besten und brilliert, während sich die komplette Band – allen voran Tuomas, der sich in anderen Sphären zu befinden scheint – zu verausgaben scheint. Im Vergleich zur letzten Tour ist es daher schade, dass ältere Songs nun keinen Platz mehr im Set finden. Das Event funktioniert dennoch, da die nahbare und sympathische Frontfrau den gesamten Auftritt trägt (während sich der Rest der Band meist in den Hintergrund zurückzieht).

  1. Noise
  2. Storytime
  3. Tribal
  4. Élan
  5. 7 Days to the Wolves
  6. Dark Chest of Wonders
  7. Harvest
  8. I Want My Tears Back
  9. Nemo
  10. How’s the Heart? (Acoustic)
  11. Sahara
  12. Shoemaker
  13. Last Ride of the Day
  14. Ghost Love Score
  15. The Greatest Show on Earth
  16. All the Works of Nature Which Adorn the World: Ⅷ. Ad Astra

Was für ein Eindruck bleibt? Ein gemischter, denn am Ende beginnt für einige wieder das Warten: auf die Garderobe, auf die Heimfahrt, auf die Auflösung des Verkehrschaos und bei vielen aber auch auf ein weiteres Konzert. NIGHTWISH bieten genau das, was man erwartet: glamourösen Bombast. Das Publikum nimmt es an und konsumiert es – mit vielen Handys in der Luft, die Stimmung teilweise vergessend und eine sichtlich zufriedene Band verlässt die volle Arena.

 

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Fotos von: Andreas Brückner

2 Kommentare zu “Nightwish w/ Beast In Black, Turmion Kätilöt

  1. Nightwish hat Marko Hietala’s Abgang nicht gleichwertig ersetzen können. Insofern war die 2018er Tournee insgesamt höherwertiger. Insbesondere die Strahlkraft und der Gesang des Ex-Bassisten werden 2022 doch arg vermisst. Es sind noch mehr Augen auf Floor gerichtet, die Gefahr läuft, insgesamt zu viel zu tun. Bis auf ein Lied von Troy, trägt sie jeden Song von Anfang bis zum Schluß. Somit fehlt durch Marco’s Stimme etwas das Salz in der Suppe, das Floor’s Stimme noch mehr strahlen lassen hat. Wie Beauty ohne Biest eben. Ich weiß nicht, welche Änderungen es am Mischpult gab ? Vor der Bühne war der Sound bestenfalls mittelmäßig, was den Gesamteindruck weiter getrübt hat. Dennoch kann ich Nightwish nur weiter empfehlen, trotz
    des Jammerns auf hohem Niveau und freu mich auch die neue LP und die neue Tour in 2 Jahren.

  2. Na ja, bei uns sprang der Funke bei Nightwish nicht über. Trotz Effekte usw. War eher ne Art Helene Fischer etwas anderer Art. Da waren Beast in Black um Welten besser. Lebendig, man spürte die gute Laune, gute Stimmung unter den Mitgliedern. Aber gut, über Geschmack lässt sich nicht streiten. Im Februar sind Beast in Black ja im LKA Stuttgart. Wir freuen uns total.

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