Review Ninth Circle – Legions Of The Brave

„Das wär‘ doch nicht nötig gewesen“ lächelt man der weitgereisten Tante entgegen, die einem von ihrem letzten Urlaub ein geradezu grotesk hässliches Etwas mitgebracht hat, von dem man sich beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass es überhaupt jemandem gefällt und man dementsprechend seine Probleme haben wird, es selbst wieder zu verschenken. Und genau dieses „Das wär‘ doch nicht nötig gewesen“ rauschte mir beim ersten Hören von „Legions Of The Brave“, seines Zeichens drittes Album der US-amerikanischen Power-Metal-Band NINTH CIRCLE, durch den Kopf. Das wäre wirklich nicht nötig gewesen.

Nachdem man bereits den Kopf über das Cover der CD geschüttelt hat (wieso fasst ein offenkundig unter Strom stehender Vogel an eine mit römischen Ziffern bemalte Billard-Kugel?), erwartet den Hörer über eine Stunde nahezu ideen- und saftlosen Power Metal der melodischen Sorte. Hat man erst einmal das Intro „Arcturus Rising Part I“ hinter sich gebracht, macht der Opener „After The Rain“ sofort klar, wo die Schwächen der Band liegen. Nahezu jedes Stück ist für die paar kraftlosen Riffs, für die wenig griffigen Strophenmelodien und die wirkungslosen Refrains zu lang. Die Band verstrickt sich in endlose Wiederholungen, ohne dass dies Not getan hätte, haben die Songs doch wirklich wenig bis gar nichts zu erzählen; und wenn sie es wagen zu erzählen, dann kommen in ihrer Martialität völlig deplaziert wirkende Texte wie der von „The Quickening“ heraus, wo Sänger Dennis Brown wenig überzeugend „The Time Has Come, The Fight Has Begun […], Man Will Be Man“ ins Mikro haucht. Lassen wir das mal unkommentiert.

Passend zur drucklosen Produktion gibt es ab und an noch völlig überzogene Keyboard- und Synthesizerpassagen (dabei taucht in den Reihen der Band noch nicht einmal ein Keyboarder auf), die mehr als einmal unfreiwillig komisch wirken. Bestes Beispiel für dieses wortwörtliche mangelnde Fingerspitzengespür ist der Titeltrack der CD, bei dem die abgedroschenen Riffs mit Koserven-Oohs unterlegt werden. Das hat der Band offenkundig so gut gefallen, dass man auch in anderen Songs zu dieser stilistischen Unart greift (man höre „All Or Nothing“). Aber, es sei rundheraus gesagt, das taugt nichts, das taugt überhaupt nichts. Oder, um das Thema wieder aufzugreifen: Es wäre doch nicht nötig gewesen.

Abgesehen vom Gesang, der klar und zumeist prägnant durch die Songs führt, sowie dem einen oder anderen Gitarrenlauf, bietet „Legions Of The Brave“ nichts erwähnenswertes. Zumindest nicht in positiver Hinsicht. Dafür gibt es anmaßende Gitarrensoli, wie jenes in „All Or Nothing“, das dermaßen nach Malmsteen klingen will, dass es dem Gitarristen unter der Hand zu einem mehr oder weniger schlechten Zitat verkommen ist. Schlecht zitiert ist auch die Covernummer von Deep Purples „Stormbringer“ vom gleichnamigen Album. NINTH CIRCLE machen aus dem Stück eine asthmatische Schunkelnummer, die über eine Minute länger geraten ist als das Original. Hand auf das bisschen Herz: „Legions Of The Brave“ ist misslungen. Und zwar ziemlich restlos.

Wertung: 3.5 / 10

Publiziert am von Manuel Förderer

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