Review Okkultist – O.M.E.N.

Das lateinische occultus meint nicht nur „geheimnisvoll“, sondern vor allem „verborgen“. Wer sich in der Finsternis verbirgt, kann nicht nur düster-faszinierend tönen, sondern findet mitunter seinen Weg nicht mehr und knallt erstmal gegen die nächste Hauswand. Im Sinne der Aufklärung, die Licht ins Dunkel bringt, stehen die Portugiesen von OKKULTIST vor einer weitreichenden Entscheidung, die nur sie selbst autonom verantworten können. Was soll das bitte heißen, lieber Reviewer?

Portugal ist in der Metal-Landkarte vor allem für die Dark-Metaller von Moonspell bekannt. Und folgerichtig ist es auch deren Fronter Fernando Ribeiro, der die jungen Nachwuchs-Düsterheimer von OKKULTIST bei seinem Label Alma Mater unter Vertrag genommen hat. Black Metal ist an der Algarve keine allzu heimische Pflanze; entsprechend kommt dem Quintett mit Frontfrau Beatriz ein gewisser Exotenstatus zu. Artwork und Songtitel auf „O.M.E.N.“ sprechen auch für das vermeintliche Schwarze; angekündigt ist die Musik als „Blackened Death Metal“. Also eher südeuropäische Behemoth?

Die ersten Sekunden des Openers „Death To Your Breed“, der auf das – zu lange – gesprochene lateinische Intro folgt, widerlegt diese Annahme. Denn seinen Nährboden findet der okkulte Death Metal von OKKULTIST nicht in polnischen Wäldern, sondern in skandinavischen Moshpits. Unüberhörbar hat hier der melodische Schwedentod begeisterte Fans gefunden, die in Sachen Melodieführung und Betonung der Gitarrenleads auch gerne ins benachbarte Finnland zu Bodom’schen Anglervereinen schielen. Folgerichtig covert man mit „Sixpounder“ auch einen groovig-melodischen Nackenbrecher von Children of Bodom, der zwischen den Eigenkompositionen stilistisch kaum herausfällt.

Die schon angesprochene Leadgitarre ist es auch, die sich signifikant aus dem doch schon sehr oft gehörten Melodic-Death der Combo abhebt. Geradezu entfesselt setzt Gitarrist Leander Sandmeier den Songs immer wieder prägnante Soli und Leads auf, die die mitunter etwas ziellosen Kompositionen zusammenbringen. Diese münden für gewöhnlich in einen starken Chorus, um den sich technisch versierte, doch nicht immer im Ohr bleibende Riffs gruppieren. Songs wie das schnelle „Thy Blood, Thy Flesh, Thy Sacrifice“ garantieren ziemlich viel Spaß im Moshpit. Mit etwas mehr Konzentration auf Komposition, Eingängigkeit und einer gewissen Straffung des Liedmaterials sollte das in Zukunft noch besser klappen. Das hätte man bei der Ankündigung des Genres kaum erwartet.

Die Frage ist, ob OKKULTIST das wollen und vor allem sollten. Denn so unterhaltsam der Schwedentod der Portugiesen auch ist: De facto hat man die dicken E-Riffs und Breakdowns schon oft gehört. Weitaus besser funktionieren OKKULTIST aber, wenn sie das Tempo und die schwedischen Doppel-Lead-Melodien rausnehmen uns sich ganz auf die Erschaffung einer unheilvollen Atmosphäre konzentrieren. Denn das gelingt ihnen in Songs wie „Meet Me In Hell“ oder dem spannend arrangierten „9th Layer Of The Abyss“ erstaunlich gut. Hier kommt nämlich der Black Metal ins Spiel, und den beherrscht der Fünfer. Und zwar interessanter und eigenständiger, als es bei den spaßigen Headbang-Stücken der Fall ist.

Unterm Strich: Abwechslung ist auf „O.M.E.N.“ durchaus gegeben. Doch die Band scheint noch nicht recht zu wissen, wo die Reise hingehen soll. OKKULTIST werden sich entscheiden müssen, ob sie lieber eine Band für die Metalparty oder das Ritual in der Höhle sein wollen. Letzteres wäre der spannendere, musikalisch vielversprechendere Weg. Die kein Klischee auslassenden Texte („Blood On Satan’s Claw“, stilecht mit schlagender Glocke inszeniert) sprechen eher für die Spaß-Variante, was schade wäre.

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Wertung: 7 / 10

Redaktion Metal1.info

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