Review Orden Ogan – Easton Hope

Nicht mal zwei volle Jahre sind vergangen, da legt die wohl aufstrebenste deutsche Band im Melodic / Power Metal ORDEN OGAN ihr drittes Album vor. Wer jetzt schon Respekt bekommt, sollte im Interview erstmal nachlesen was neben den Aufnahmen noch so alles in den vergangenen zwei Jahren passiert ist – die Herrschaften scheinen rund um die Uhr zu arbeiten. Bereits im August letzten Jahres gab es mit dem Video zu „We Are Pirates“ den ersten Höreindruck auf den „Vale“ Nachfolger. Nachdem das Album nicht nur bei uns neben einigen Kritikpunkten auch viel Lob einfuhr, sind die Erwartungen an „Easton Hope“ natürlich sehr groß.

Umso beschaulicher startet das Album mit einer dezenten Pianomelodie (der eher ruhige, rein akustische Beginn wurde also gleich mal vom Vorgänger übernommen) die aber schon bald opulent gesteigert wird und gleich zu Anfang zeigt: Bei der Produktion gab‘s schon mal nen großen Schritt nach vorne! Wo bei „Vale“ irritierende Keyboardklänge den Einstieg in den ersten Song etwas holprig gestalteten macht auf „Easton Hope“ das erste Lied „Nobody Leaves“ alles besser: Treibende Drums, filigrane und dennoch druckvolle Riffs lassen gleich richtig erahnen was auf einen in der nächsten Stunde alles erwartet. ORDEN OGAN habe an sich gearbeitet und das hört man. Die Stücke sind sehr abwechslungsreich, bieten unheimlich viele Tiefe (man beachte nur die starken Prog Einschlag von „Of Downfall And Decline“) und sind vor allem nicht mehr so kitschig geraten wie auf „Vale“. Die ersten knapp sechs Minuten von „Nobody Leaves“ bieten bereits so viel verschiedene Aspekte, dass ein Vergleich mit Blind Guardian mehr als gerechtfertigt ist. Ich möchte fast behaupten, dass der Opener (und nicht nur der) bereits so verspielt arrangiert wurde, dass sich kein Teil exakt gleich wiederholt. Dass der Orden seine Vorliebe für etwas unkonventionelle Keyboardarrangements nicht verloren hat macht auch gleich der nächste Song „Goodbye“ deutlich. Doch Sänger Seeb setzt mit seiner in diesem Stück dermaßen verrauchten Stimme einen absolut passenden Kontrapunkt, der jedem HNO-Arzt die Haare zu Berge stehen lässt und jedem Metal-Redakteur die Freudentränen in die Augen treibt. Doch gerade der nochmal deutlich höhere Abwechslungsreichtum und die verspielteren und progressiveren Kompositionen machen den Einstieg in „Eastern Hope“ schwerer als noch den zu „Vale“. Auch ich habe ein paar Durchläufe gebraucht um die erste Phase der Enttäuschung beim Probehören zu überwinden. Ein Punkt der höchstens Freedom Call Fans abschreckt, jeder andere freut sich über die dadurch deutlich höhere Langzeitwirkung der Platte, die vielen Spielereien die es in den Liedern zu entdecken gibt und einen deutlich gereiften Orden. Die positiven Aspekte die „Vale“ schon zu einem Top Album machten wurden natürlich allesamt beibehalten: Die Refrains (häufig mit viel Chorgesang) sind eingängig wie eh und die technische Leistung der Musiker wird durch die bessere Produktion noch mehr ins rechte Licht gerückt, von den großen Emotionen und der Wandlungsfähigkeit in Seebs Stimme ganz zu schweigen.

War „Vale“ noch geprägt von vielen süßlichen und sehr weich gespülten Passagen, wird auf „Eastern Hope“ der Härtegrad deutlich angehoben. Nicht umsonst gibt sich Ex-Blind Guardian Drummer Thomen Stauch bei „Nothing Remains“ die Ehre. Die Parallelen zu den Alt-Meistern in ihrer besten Phase Mitte bis Ende der 90er Jahre sind auf „Eastern Hope“ einfach nicht zu übersehen. Von recht straighten Nummern wie dem eben erwähnte „Nothing Remains“ oder dem treibendem „We Are Pirates“, über opulente und epische Stücke (z.B. das mit über acht Minuten längste Stück „Of Downfall And Decline“) bis hin zur klassischen Ballade („Requiem“ – in der ersten sogar überraschend dezent instrumentiert) findet sich auf „Easton Hope“ alles was den Liebhaber von melodischem und epischem Power Metal glücklich macht. Dass die Stücke unabhängig von ihrer Grundausrichtung trotzdem noch ständig die Richtung ändern macht den Hörgenuss nur noch größer. Kleine Schnitzer wie etwa der punktuell zu liebliche Gesang in „Nobody Leaves“ oder der manchmal etwas störende Antares-Effekt fallen da kaum mehr ins Gewicht.

ORDEN OGAN sind erwachsen geworden aber noch lang nicht ausgewachsen. „Easton Hope“ untermauert eindrucksvoll den Anspruch des Quintetts die Genre Spitze zu erobern. Wenn in dem Tempo und mit diesen Fortschritten weitergearbeitet wird, dürfen sich viele Bands warm anziehen. Die Unterstützung durch das neue und deutlich größere Label AFM dürfte dabei den Rest erledigen, damit wirklich bald in jedem Winkel der Erde den Geschichten von Alister Vale und dem Untergang von Easton Hope gelauscht wird.

Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert