Das Cover von "Apocalypse" von Primal Fear

Review Primal Fear – Apocalypse

  • Label: Frontiers
  • Veröffentlicht: 2018
  • Spielart: Heavy Metal

PRIMAL FEAR sind zweifelsohne eine der größten deutschen Heavy Metal-Bands: Kaum eine andere Formation ist derart lange aktiv, veröffentlicht dabei immer noch im zügigen Zwei-Jahres-Takt neue Alben und schafft es auch noch, bei der Qualität ihrer Veröffentlichungen ein konstant hohes Niveau zu halten. Nachdem die Truppe um Sänger Ralf Scheepers und Bassist Mat Sinner erst 2016 ein allerorts gefeiertes Album namens „Rulebreaker“ auf den Markt geworfen hatte, schob sie ein Jahr später die passende Live-Platte hinterher und hatte trotzdem Zeit, sich ins Studio zu begeben, um mit „Apocalypse“ gleich den nächsten Output in Angriff zu nehmen.

Interessant: Seit dem letzten PRIMAL FEAR-Album sind gerade mal zwei Jahre verstrichen, es gab seither keinerlei Besetzungswechsel und doch muss sich in den Köpfen der Musiker einiges getan haben. Im Opener „New Rise“ singt die Truppe in aller Deutlichkeit von einem neuen Kapitel, das da aufgeschlagen wird und das kann durchaus als Absichtserklärung für das gesamte Album „Apocalypse“ angesehen werden. Nach einem recht typischen Intro mit säuselnden Chören und theatralischen Gitarrenklängen zeigt sich die Truppe im erwähnten „New Rise“ von einer gänzlich anderen Seite, als man es von der Band, die zuletzt mit einer wuchtigen Platte wie „Rulebreaker“ in Erscheinung getreten ist, erwarten möchte: Statt teutonischer Riffgewalt erwarten den Hörer hier weitaus filigranere Gitarren und ein Ralf Scheepers, der im Hinblick auf seine Gesangslinien durchaus zu Experimenten aufgelegt scheint.

Das nachfolgende „The Ritual“ mag mit hartem Groove und tonnenschwerem Mainriff zunächst eher nach dem Material des Vorgängeralbums klingen, aber auch hier wird schnell deutlich, dass sich PRIMAL FEAR auf „Apocalypse“ sicherlich treu bleiben, sich dabei aber keineswegs wiederholen wollten. Das führt dazu, dass die Band hier über weite Strecken erfolgreich ihren Sound um neue Facetten erweitert und sich dabei merklich aus ihrer Wohlfühlzone herausbewegt, ohne jedoch plötzlich in einem anderen Gerne anzukommen. So sind Nummern wie der gradlinige Brecher „Blood, Sweat & Fear“, das nicht minder rasante „Hounds Of Justice“ oder das stampfende „Hail To The Fear“ freilich auf Anhieb als PRIMAL-FEAR-Songs zu identifizieren, allerdings bricht die Band dabei oftmals aus gewohnten Arrangements aus, klingt stellenweise geradezu unerhört modern und zeigt sich so deutlich von einer bisher ungekannten Seite.

Dabei ist auffällig, dass vor allem Ralf Scheepers dank hoher Experimentierfreude und intelligenter Gesangslinien maßgeblichen Anteil an dieser stilistischen Veränderung hat. Wollte man es einfach ausdrücken, man müsste vermutlich urteilen, dass die Schwaben auf ihrem zwölften Album nicht mehr wie Judas Priest zu seligen „Painkiller“-Zeiten klingen, sondern sich nun verstärkt eine eigene Identität schaffen möchten. Das Bestreben, mal etwas anders zu machen, kann auf „Apocalypse“ zwar ab und an etwas angestrengt wirken und manch ein alt-eingessener Fan mag sich beim ersten Durchlauf wünschen, die Truppe hätte hier und da etwas vorhersehbarer agiert, jedoch ist der Wunsch, nicht auf der Stelle zu treten, durchaus ehrbar und in einem so überstrapazierten Genre wie dem traditionellen Power- oder Heavy Metal ist es wahrlich nicht leicht, noch etwas gänzlich neues zu bieten.

PRIMAL FEAR verdienen also in jedem Fall Respekt dafür, dass sie auf „Apocalypse“ aktiv nach neuen Entwicklungsmöglichkeiten für ihren etablierten Sound suchen. Und diese auch finden. Ganz beim Alten sind die fulminanten Leadgitarren der Herren geblieben, denn die drei Ausnahmeklampfer Naumann, Beyrodt und Karlsson punkten hier wie immer mit Gitarrensoli vom Allerfeinsten. Für die Produktion ihres neuesten Albums wandten sich Mat Sinner und Co. wieder an Jacob Hansen und seine „Hansen Studios“. Entsprechend fett und zeitgemäß kommt die Platte auch aus den Boxen, allerdings entschieden sich die Beteiligten diesmal für einen etwas weicheren Sound, weshalb die Gitarren auf „Apocalypse“ nicht ganz so sehr braten wie noch auf „Rulebreaker“. Das passt sicherlich zu den leichtfüßigeren Arrangements, allerdings wird der Rest der Band in ruppigeren Momenten gnadenlos vom Schlagzeug niedergebügelt – hörte man andere aktuelle Veröffentlichungen, dann scheint das jedoch im Augenblick in zu sein, weshalb PRIMAL FEAR in diesem Punkt also voll am Puls der Zeit sind.

Mochte man PRIMAL FEAR zu „Rulebreaker“ vorwerfen, auf Nummer sicher zu gehen und schlicht genau das zu bieten, was Fans erwarten, so ist zwei Jahre später genau das Gegenteil der Fall: „Apocalypse“ könnte vom Sound, den die Schwaben einst mit Alben wie „Nuclear Fire“ etablierten, nicht weiter entfernt sein und zeigt Ralf Scheepers und seine Mitstreiter geradezu unverschämt experimentierfreudig. Somit ist diese Platte ein klassischer „Grower“ und ebenso erfrischend wie spannend, denn zwischen all den Neuerungen verstecken sich durchaus klassische PRIMAL-FEAR-Momente, es könnten jedoch mehrere Durchläufe nötig sein, ehe „Apocalypse“ sein volles Potential entfaltet.

Wertung: 7.5 / 10

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