Rage Against The Machine Album Artwork

Review Rage Against The Machine – Rage Against The Machine

1992 war Los Angeles von schweren Unruhen geprägt, als die vier Polizisten, die für den Tod an dem Schwarzen Rodney King durch unverhältnismäßige Polizeigewalt verantwortlich waren, freigesprochen wurde – was in manchen Vierteln zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führte. Zur gleichen Zeit fanden in der Stadt, die nach dem letzten Aufbäumen des Glamrock auf der Suche nach dem neuen, großen Ding war, die ersten Auftritte von RAGE AGAINST THE MACHINE statt. Die Crossoverband verband Rap und Metal mit hochpolitischen und linken Texten auf bisher ungehörte Weise und erarbeitete sich auf diese Weise eine unglaubliche Reputation weltweit, die vom Underground bis in die Charts reichen sollte.

Ein Jahr zuvor war Gitarrist Tom Morello auf der Suche nach musikalischen Mitstreitern, die die musikalische Vision – und im Idealfalls auch eine Leideschaft für politischem Aktivismus – des Kenyaners teilten. In Hardcore-Sänger Zack De La Rocha, der sich zur selben Zeit Richtung Hip Hop orientierte, fand er die perfekte Ergänzung und einen charismatischen Frontmann. Beide waren als Mitglieder einer kulturellen Minderheit (De La Rocha ist Latino) in weißen Vierteln aufgewachsen, weshalb sie sich in frühester Kindheit als stetige Außenseite wahrnahmen. De La Rochas Highschool-Kumpel Tim Commerford, seines Zeichens Bassist, war ebenfalls mit von der Partie, Drummer Brad Wilk vervollständigte schließlich die Besetzung.

Bei den Aufnahmen zum selbstbetitelten Debüt von RAGE AGAINST THE MACHINE (unter anderem im legendären Sound City Studio) fühlte sich die Band aufgrund der sterilen Aufnahmesituation allerdings ziemlich unwohl, was Morello auf die Idee brachte, gute Freunde der Musiker zu den Aufnahmen einzuladen, um zumindest einen Hauch von Konzertfeeling zu erzeugen. Das Experiment gelang und man muss der Platte attestieren, dass in der Geschichte der Rockmusik selten die Live-Qualitäten und die unglaubliche Energie einer Band so gut auf einem Studioalbum verewigt wurden. Auch das Zusammenspiel ist herausragend, die Rhythmusgruppe groovt unglaublich, die einzige Gitarre ist ein Brett sondersgleichen.

Die Produktion ist transparent, organisch und zeitlos fett – einfach genauso, wie ein klassischen Rock-Quartett klingen sollte. Nicht zuletzt De La Rochas einzigartiger Rap-Stil und Morellos unnachahmliches Gitarrenspiel sorgen auch heute noch dafür, dass man die Band sofort erkennt. Aufgenommen wurde das Album von Produzentenlegende „Gggarth“ Richardson, für den Mix zeigte sich Andy Wallace (der von Alice Cooper bis White Zombie so ziemlich alles gemischt hat, was in den Neunzigern Rang und Namen hatte) verantwortlich, das Mastering kam von Mastermind Bob Ludwig – kein Wunder dass „Rage Against The Machine“ als Referenzplatte gilt, die auch von der Industrie für Tests von Audioequipment herangezogen wird. Im Booklet findet sich die Anmerkung „no samples, keyboards or synthesizers used in the making of this record“ – ein Statement, gerade wenn man die Platte mit dem kurze Zeit später veröffentlichten und ebenfalls stilprägenden Crossoveralbum „Deaf Dumb Blind“ von Clawfinger vergleicht, in dessen Credits „this record is loaded with samples, loop and no guitar amps“ steht.

Die Hitdichte ist groß, Morello schüttelt Riff um Riff für die Ewigkeit aus dem Ärmel und auch die eine oder andere Textzeile von De La Rocha bleibt auch Jahrzehnte nach Veröffentlichung unwiderruflich im Ohr hängen. Mit „Killing In The Name“, „Bullet In The Head“, „Freedom“ und „Bombtrack“ wurden vier großartige Singles veröffentlicht, „Wake Up“ wurde rund sieben Jahre später durch den Matrix-Soundtrack populär. Mit „Settle For Nothing“ ist auch ein Track an Bord, dessen erste Hälfte eher ruhig und atmosphärisch daherkommt, aber nicht weniger intensiv klingt. Das berühmte Cover zeigt das 1963 von Malcolm Browne aufgenommene Foto des sich selbst verbrennenden buddhistischen Mönchs Thích Quảng Đức aus Vietnam. Er protestierte damit gegen das Regime von Ngô Đình Diệm und dessen Unterdrückung des Buddhismus.

So bleibt festzuhalten, dass RAGE AGAINST THE MACHINEs Debüt lyrisch, musikalisch und tontechnisch über jeden Zweifel erhaben ist – Kritikpunkte gibt es einfach keine. Leider hat es die Band bis zur Auflösung acht Jahre später trotz weiterer herausragender Alben nicht geschafft, die selbst gesetzte Messlatte zu übertreffen und ob ein Live-Konzert in einem 70.000-Zuschauer-Stadion, wie sie dieses Jahr erstmalig wieder stattfinden, denselben Vibe hat, wie ein Clubkonzert Anfang der Neunziger in LA, sei mal dahingestellt. Aber die Musik und die Texte als solche sind und bleiben zeitlos und relevant.

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Wertung: 10 / 10

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