Serpentent - Ancient Tomes Volume I Mother Of Light Cover

Review Serpentent – Ancient Tomes, Volume I: Mother Of Light

Anne K. O‘Neill ist eine Musikerin mit einer Vision. Zwar brauchte es eine Weile, bis die US-Amerikanerin ihr Post-Industrial/Neofolk-Projekt SERPENTENT nach ihrem ersten Demo-Release im Jahr 2016 zum Laufen gebracht hatte. Mit der Veröffentlichung weiterer Demos und wohl überlegt ausgewählter Coversongs kam der Stein jedoch ins Rollen und mehr und mehr kristallisierte sich die eindringliche Ästhetik ihres Schaffens heraus. Auf ihrem konzeptionell und musikalisch ambitionierten Debütalbum „Ancient Tomes, Volume I: Mother Of Light“ stellt die Einzelkünstlerin (mit Unterstützung einiger Gastmusiker*innen) endgültig klar, dass sie mit SERPENTENT keine halben Sachen zu machen gedenkt.

Stilistisch bewegt SERPENTENT sich auf der gut einstündigen Platte zielsicher in der geheimnisschwangeren Welt des Neofolk. O‘Neills Gesang ist dabei so bedeutungsschwer wie ihr Akustikgitarrenspiel und die verheißungsvollen Perkussionen, die das Album gemeinsam tragen und ihm an vielen Stellen eine apokalyptische Schwere verleihen („Sonette an Orpheus: IV“). Dass die schnell ins Ohr gehenden Songs trotz des Spannungsverhältnisses zwischen ihrer trügerischen Einfachheit und ihrer mitunter beträchtlichen Länge nicht zur belanglosen Geduldsprobe werden, liegt an der großen emotionalen und klanglichen Bandbreite des Albums.

Die vor allem in „Ancient Tomes“ zum Ausdruck kommende Schwermut prägt die Platte zwar auch in weiterer Folge, kräftige Rhythmen wie jene in „Winding“ zeugen aber auch von einer gewissen Bodenständigkeit und ausgerechnet „Death“ verspricht mit seinen zarten Clean-Gitarren Trost und inneren Frieden. Das von einem slawischen Frauenchor intonierte „Ой, ти місяцю“ ist ein interessanter, wenn auch etwas verwunderlicher Einschub, wohingegen SERPENTENT auf „Mother Of Light“ mit wundersamem Klavierspiel fasziniert.

Nirgends zeigt sich O‘Neills Gespür für vielseitiges und doch konsistentes Songwriting jedoch deutlicher als im Zwölfminüter „The Fountainhead Of Fire“: Zwischen einem Intro und einem Outro mit herrlich träumerischen, unverzerrten Gitarren entfaltet sich hier ein packendes, sich nach und nach steigerndes Wechselspiel aus scharrenden Streichern, Flöten und imposanten Zerrgitarren, die einzeln für sich auch an anderer Stelle der Platte in Erscheinung treten. Mit der getragenen, stilsicheren Neofolk-Nummer „Rise & Fall“, in der O‘Neill ganz mit sich im Reinen zu sein scheint, bereitet SERPENTENT dem Album schließlich ein gelungenes Ende.

Ein musikalisch, inhaltlich, spiel- und produktionstechnisch – im Grunde also in jedweder Hinsicht – ausgefeiltes Debütalbum wie „Ancient Tomes, Volume I: Mother Of Light“ ist eine Rarität, nach der es sich zu suchen lohnt. In Sachen Neofolk hat Anne K. O‘Neill offenkundig ihre Hausaufgaben gemacht, sich aber auch nicht zu sehr von den typischen Charakteristika des Genres einengen lassen. So hat die Solomusikerin schon mit ihrem ersten Full-Length ein Werk von immenser Tiefgründigkeit geschaffen, in das man dennoch verhältnismäßig einfach Zugang findet. Es bleibt zu hoffen, dass SERPENTENT das im Albumtitel gegebene Versprechen einlösen und in absehbarer Zeit eine würdige Fortsetzung nachlegen wird.

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Wertung: 8.5 / 10

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