Review Shade Empire – Poetry Of The Ill-Minded

Bereits 1999 gegründet und ursprünglich noch mit deutlicher Industrial-Schlagseite unterwegs, zählen SHADE EMPIRE spätestens seit ihrer hochgelobten CD „Omega Arcane“ (2013) zu den spannendsten Formationen der aktuellen Symphonic-Black-Metal-Szene. Denn mag der Bekanntheitsgrad der Band auch nach vier Alben noch nicht im Ansatz an den von Genre-Vorreitern wie Dimmu Borgir und Konsorten heranreichen – musikalisch macht der Truppe kaum noch jemand etwas vor. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an „Poetry Of The Ill-Minded“, das fünfte Werk der Finnen, das nach vier Jahren Wartezeit nun über Candlelight Records erscheint.

Bereits der Titel könnte treffender kaum gewählt sein. Denn was SHADE EMPIRE hier abliefern, ist nichts weniger als ein Gedicht in musikalischer Form, lässt aber auch einige Schlüsse über den Geisteszustand der Dichter – respektive Komponisten – zu. War „Omega Arcane“ schon ein überraschend ausgefeiltes Symphonic-Black-Metal-Album, ist sein Nachfolger eine schlichtweg verrückte Kombination aus schwarzmetallenen, symphonischen und progressiven Elementen, die ihresgleichen sucht: Schmissige Riffs treffen auf orchestrale Arrangements, die ausgefeilter sind als man es aus dem Genre gewohnt ist.

Die Entwicklung seit „Omega Arcane“ ist dabei so schlüssig wie gravierend: War besagtes Album noch vor allem pompös und episch inszeniert, setzt „Poetry Of The Ill-Minded“ eher auf filigrane Kompositionen: Statt den Hörer mit bombastischer Orchestrierung zu vereinnahmen, kreieren SHADE EMPIRE diesmal ein filigranes Gewebe aus Metal-Gitarren und oft überraschend subtil ins Songkonstrukt eingeflochtenen symphonischen Elementen. Einen fast progressiven Touch verleiht dem Ganzen schließlich das Saxophon, das SHADE EMPIRE immer wieder, quasi als Krönung, so lässig wie gefühlvoll in ihre Kompositionen einstreuen („Wanderer“).

Zu diesem weniger dick auftragenden Songwriting passt, dass SHADE EMPIRE mit ihrem neuen Sänger Henry Hämäläinen nun einen Mann am Mikrophon haben, der stimmlich weit mehr im Screaming als im Growling heimisch ist. Einzig in Sachen stimmlicher Vielfalt kann Hämäläinen nicht ganz an das Talent seines Vorgängers Juha Harju heranreichen. Schade, aber im Gesamtkontext des Albums nicht mehr als eine Randnotiz, da Hämäläinen eine ansonsten astreine Performance bietet.

Dass „Poetry Of The Ill-Minded“ mit knapp 45 Minuten fast eine halbe Stunde kürzer ausgefallen ist als „Omega Arcane“ ist nur konsequent – gibt es in den Songs des Albums doch so viel zu entdecken, dass man mit über einer Stunde wohl zunächst überfordert wäre. Auch so ist „Poetry Of The Ill-Minded“ nicht ganz so gefällig wie sein Vorgänger, sondern entfaltet seine ganze Stärke erst nach ein paar Durchläufen. Ein Meisterwerk, dessen Größe sich mit „Thy Scent“ an einem einzelnen Song festmachen ließe, wäre dieser nicht nur Princeps inter Pares – einer aus sieben wirklich starken Songs.

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert