Review Silver Lake By Esa Holopainen – Silver Lake By Esa Holopainen

Über 30 Jahre schreibt Esa Holopainen nun schon Songs für seine Band Amorphis – und nicht einfach „Songs“, sondern zeitlose Klassiker wie „Into Hiding“, „My Kantele“ oder „House Of Sleep“. Fast immer blieb der Finne seiner Hauptband treu: Während viele Musiker in diversen Bands und Projekten involviert sind, gibt es von Holopainen aus dieser langen Zeit lediglich ein Engagement bei der kurzlebigen Death-Metal-Band Chaosbreed (2003-2005) und einen Gastbeitrag zum Allstar-Projekt Tuska20 zu berichten. 14 Alben und über 1200 Konzerte mit Amorphis sind die stolze Bilanz dieser unermüdlichen, vor allem aber fokussierten Arbeit.

Als im Frühjahr 2020 die Corona-Pandemie auch die Tourpläne von Amorphis zunichte gemacht hatte, nutzte Produzent Nino Laurenne die Gunst der Stunde, und impfte Holopainen die fixe Idee eines Soloalbums ein. Der Gitarrist und Songwriter nahm die Herausforderung an – und nicht nur das: Er meisterte sie mit Bravur und in Rekordzeit. Kaum ein Jahr später liegt das selbstbetiltete Debüt seines Projekts SILVER LAKE BY ESA HOLOPAINEN vor – mit neun Songs, die unterschiedlicher kaum sein könnten und von sieben verschiedenen Ausnahmesänger*innen veredelt werden: Jonas Renkse (Katatonia) zählt ebenso dazu wie Einar Solberg (Leprous), Björn Strid (Soilwork) und Anneke van Giersbergen (ehemals The Gathering).

Nun gibt es hinreichend Soloalben virtuoser Gitarristen, die sich eine Schar prominenter Sänger gesucht haben, aber mehr oder minder krachend daran gescheitert sind, ein Album mit Charakter zu schreiben. Das trotz einer bunten Gästeschar wenig spektakuläre „Old Lions Still Roar“ von Phil Campbell (ex-Motörhead) ist hierfür nur ein Beispiel. SILVER LAKE ist in diesem entscheidenden Punkt anders – weil Esa Holopainen zu keiner Zeit sein Gitarrenspiel in den Vordergrund stellt, vor allem aber, weil er als Komponist eine Symbiose mit den Sängern eingeht.

So unverkennbar manche Details auch Holopainens Handschrift tragen, so meisterhaft assimiliert er seine Songs zugleich an den präferierten Stil der Sänger*innen. Das geht so weit, dass „Sentiment“ ebensogut eine „echte“ Katatonia-Nummer sein könnte (wenngleich die Flöte eher an Within Temptations „Mother Earth“ erinnert), wohingegen Håkan Hemlin von der Rockband Nordman einen waschechten (Soft-)Rock-Song bekommen hat („Storm“) und Einar Solberg im luftigen „Ray Of Light“ genug Raum hat, sein enormes Stimmspektrum voll auszuschöpfen. An Amorphis hingegen erinnert von allen SILVER-LAKE-Songs einzig „In Her Solitude“ – geschrieben für Amorphis-Sänger Tomi Joutsen.

In der Folge zeichnet sich SILVER LAKE durch eine enorme musikalische und stimmliche Vielfalt aus – noch mehr Abwechslungsreichtum wäre höchstens durch einen höreren Frauenanteil möglich gewesen: Dass Anneke Van Giersbergen (zu hören im großartigen „Fading Moon“) nach einer Absage von Amelie Bruun (Myrkur) die einzige Frau auf „Silver Lake By Esa Holopainen“ geblieben ist, ist schade – zumal die Spielzeit (37 Minuten) wie auch die Kurzweiligkeit des Albums durchaus noch ein paar Songs mehr zugelassen hätten.

„Silver Lake By Esa Holopainen“ ist das Soloalbum eines Komponisten, nicht das eines Gitarristen. Zwar spielt Holopainen mit viel Verve, ins Scheinwerferlicht stellt er jedoch durch geschicktes Arrangement immer seine Gäste. Während Sänger*in um Sänger*in brilliert, gibt Holopainen eher den Strippenzieher als den Saitenhexer: Gitarrensoli sucht man bei SILVER LAKE (fast) vergebens, stets bleiben die Gitarren songdienlich und die Stücke angenehm unaufdringlich. Alles in allem gelingt Esa Holopainen damit ein leichtes, eingängiges und doch detailreiches (Dark-)Rock-Album, das definitiv schon jetzt zu den musikalischen Highlights 2021 zählt und Lust auf mehr macht. Ein Nachfolger müsste dann aber bitte auf Tour mit Amorphis entstehen – noch ein Jahr Lockdown muss wirklich nicht sein.

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Wertung: 9 / 10

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