Review Within Temptation – Mother Earth

Viele Genres erfordern in der Regel ein absolutes Faible für genau diese Art Musik, um gefallen daran zu finden. Black Metal etwa, Power Metal oder – nicht zuletzt – Symphonic Metal mit Frauengesang. Und doch hat selbst dieses Genre Alben hervorgebracht, die weit über die Subgenre-Szene hinaus, ja sogar bis in den Mainstream hinein Beachtung fanden. Und das völlig zu Recht. „Once“ von Nightwish ist hier fraglos als Erstes zu nennen – eigentlich unweigerlich direkt gefolgt von WITHIN TEMPTATIONs „Mother Earth“.

1996 von Sängerin Sharon Janny den Adel gegründet, die mit ihrer kristallklaren Stimme bis heute im Mittelpunkt des Geschehens steht, gelang den Niederländern bereits mit diesem, ihrem zweiten Album der internationale Durchbruch: „Mother Earth“ verkaufte sich in Europa mehr als 750 000-mal, erreichte in Deutschland Platz 7 in den Charts sowie Gold-Status – und in der Heimat der Band gar Dreifach-Platin. Die Türen und Tore zu den großen Festivals standen offen, die Geschichte nahm ihren Lauf …

Doch was macht ein Album aus, das eine Band wie WITHIN TEMPTATION quasi über Nacht zu internationalen Stars macht? Das mittelprächtig gelungene, im Original orange, im bekannteren Re-Release grün gehaltene Cover mit Sharon Janny den Adel als Rauscheengel mit güldener 80er-Jahre-Dauerwelle dürfte nicht den Ausschlag gegeben haben. Den Adel als Sängerin hingegen durchaus: Als solche glänzt sie bereits im Opener und Titeltrack: Auf ein fast etwas folkig angehauchtes Streicher-Piano-Chor-Intro folgen kraftvolle Düster-Rock-Gitarren im Wechsel mit ausladenden Symphonic-Passagen. Im Mittelpunkt steht jedoch ab der ersten gesungenen Zeile den Adel: So hoch, dass im Regal die Gläser klirren, und doch fast unerhört kraftvoll zieht sie den Hörer direkt in ihren Bann.

An dieser Stelle kommt die großartige Komposition des Albums zum Tragen: Mit „Ice Queen“ legen WITHIN TEMPTATION eine Nuance rockiger, dabei nicht minder melodiös nach. Instrumental mal ruhig, mal brachial, bietet der bis dato wohl erfolgreichste Songs der Band der Sängerin die perfekte Bühne, um ihre Stimme voll auszuspielen. Das getragene „Our Farwell“ bedient die melancholische Ader – doch ehe es zu trist wird, lockert das forsche „Caged“ die Stimmung.

Möchte man an „Mother Earth“ unbedingt etwas ankreiden, könnte man den Achtminüter „The Promise“ und der folgende Song „Never-Ending Story“ als minimalen Einbruch in der Spannungskurve vermerken – spätestens das instrumental so monumentale wie stimmlich liebliche „Deciever Of Fools“, das knackige „Dark Wings“ und das fast besinnliche „In Perfect Harmony“ als schlicht grandioser Albumabschluss zeigen WITHIN TEMPTATION jedoch wieder in unübertroffener Form.

Gut, das Instrumental „Intro“ an achter Stelle der Tracklist ist eher ein Rätsel als eine Offenbarung, und warum schon der Sony-Re-Release von 2003 mit zwei an sich guten, die Albumchoreographie jedoch eher störenden Bonus-Tracks und zwei mittelmäßigen Live-Versionen verschlimmbessert wurde, ist unverständlich. Sieht man davon jedoch ab beziehungsweise hört das Album nur bis zum regulären Ende, bleibt „Mother Earth“ bis heute nichts weniger als ein Meilenstein des Symphonic Metal.

Wertung: 9.5 / 10

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