Review Tarja – Colours In The Dark (-)

Wer hat eigentlich die irrtümliche Annahme verbreitet, dass hochanspruchsvolle Musik gleichzeitig gute Musik ist? TARJA beweist mit ihrem aktuellen Album „Colours In The Dark“, dass auch sie diesem Gerücht verfallen ist. Dass die Ex-Fronterin von Nightwish singen kann, ist kein Geheimnis. Dass sie ein Händchen für außergewöhnliche Klänge hat, hat sie mit den Vorgänger-Platten ihres Soloprojekts bereits ausreichend unter Beweis gestellt. Doch es gehört etwas mehr zu einem überzeugenden Album als eine hervorragende Gesangstechnik und komplexe sowie bombastische Songaufbauten.

Gerade die erste Hälfte der Platte könnte für ungeübte Ohren eine Herausforderung darstellen. Denn hier wird das Können der Sängerin zwar ganz offensichtlich demonstriert und muss auch neidlos anerkannt werden. Allerdings beginnt ab einem gewissen Punkt das Gehör zu streiken, denn penetrantes Oktavengetänzel und schrille Töne, untermalt von einem bombastischen Orchestersound sind nicht das, was man sich unter guter akustischer Unterhaltung vorstellt – selbst wenn sie von einer wirklich starken Stimme hervorgebracht werden und man prinzipiell auf die Kombination aus klassischem Soprangesang  und harten Gitarrenriffs steht. Zweifellos hat TARJA mit „Colours In The Dark“ etwas vollkommen Neues und Frisches geschaffen hat. Allerdings können alle zehn dargebotenen Arrangements durchaus als anstrengend, nervenaufreibend und dabei doch auf merkwürdige Art und Weise abwechslungsreich empfunden werden.

Besonders abschreckend wirkt „Victim Of Ritual“, welches als erster Track zu hören ist. Wer diese Gesangsakrobatik der eher nervtötenden Art durchhält, hat gute Chancen, an dem Album Freude zu finden. Denn die darauffolgenden Stücke sind wesentlich leichter verdaulich. So hört sich der Käufer weiter durch beinahe schon ruhig wirkende Arrangements wie „500 Letters“ und „Until Silence“, er lauscht enorm harten Metalpassagen, welche leider in „Never Enough“ in einem einzigen Gitarrenbrei mit weiblichem Gequietsche enden und genießt vielleicht sogar die wenigen melodischen Stücke wie beispielsweise „Neverlight“ und „Deliverance“. Und obwohl eigentlich für jeden Geschmack ein passender Track mit von der Partie ist, dürfte es dem ein oder anderen doch schwer fallen, einen Zugang zu den Songs zu finden, die zwar technisch perfekt arrangiert sind, jedoch nicht zu hundert Prozent überzeugen können.

Dass die Finnin nicht gerade für ihre lustigen Ohrwürmer zum Mitpfeifen bekannt ist, dürfte jedem klar sein. Aber diesem Album fehlt ein Stückchen dessen, was als ins Ohr gehend oder Wiedererkennungswert bezeichnet wird. Etwas mehr melodische Harmonie, ein Hauch weniger stimmliche Provokation und TARJA hätte ein Scheibe vorlegen können, die garantiert jeden überzeugt hätte – denn die musikalische Basis ist zweifellos vorhanden.

Wertung: 4.5 / 10

Publiziert am von Uschi Joas

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