Konzertbericht: Tarja w/ Teodasia

26.10.2013 München, Backstage Werk

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Lang erwartet hat der Autor dieser Zeilen das TARJA-Konzert in München. Über acht lange Jahre nach dem letzten Konzert mit Nightwish besuchte die finnische Ausnahmesängerin mit ihrer Tour zum neuen Album „Colours In The Dark“ die bayrische Landeshauptstadt und viel hat sich seit 2005 getan. Tarja konnte sich inzwischen endgültig von den Altlasten der großen Nightwish-Ära emanzipieren und wird als Solokünstlerin akzeptiert, was bei dem anspruchsvollen und hochklassigen Material auch allerhöchste Zeit wurde.

Tarja 01Als einzige Vorband eröffnen TEODASIA den Abend, eine italienische Symphonic Metal Band mit ihrem noch recht frischen ersten Album „Upwards“ im Gepäck. Während Tarja bereits seit Mitte Oktober unterwegs ist, sind die Italiener heute erstmals mit dabei. Angenommen  werden sie mit ihren keyboardgeschwängerten, überraschungsarmen symphonischen Klängen vom Münchner Publikum sehr gemischt. Ein guter Teil im bereits ordentlich gefüllten Backstage applaudiert anständig, mindestens ebenso viele gelangweilte Gesichter finden sich jedoch auch. Ich will nicht zu hart mit einer noch recht jungen Indie-Band ins Gericht gehen, bis auf die seltsame Gestikulation der Sängerin, dem penetranten Keyboard und den Rhapsody’esken Flitzegitarren bleibt hier nicht viel hängen. Ordentlich gespielt sind die Lieder trotzdem und jeder fängt schließlich mal klein an. Wer weiß, ob nicht doch noch was draus wird.

Als „Deliverance“ – als Song vom neuen Album zum Intro umgemodelt – ertönt, bricht das Backstage in tosenden Jubel aus, der anhält, bis alle Musiker und schlussendlich TARJA selbst nacheinander die Bühne betreten haben. Nur wenige Momente dauert es und TARJA hat die Menge im Griff: Mit kleinsten Gesten und dem obligatorischen Winken sind die Besucher bis weit nach hinten im Saal zum Mitmachen animiert. Interessant war im Vornherein die Frage, ob viel mit Samples gearbeitet wird: Glücklicherweise hält sich deren Einsatz in Grenzen, ein paar sind unvermeidlich, ansonsten aber wird es gut durch den Keyboarder und leicht umgeschriebene, metal-lastigere Arrangements gelöst. Den größten Bühnen-Unterschied stellt aber TARJAs Stimme dar, live beweist sie wesentlich mehr ihr Können in punkto klassischem Gesang und Sopran, bei tief gesungenen Stellen offenbart sich außerdem ihr unglaublicher Stimmumfang. Ob kraftvoll oder gefühlvoll, ein Hochgenuss! Ganz nebenbei ist ihre Ausstrahlung einfach unglaublich und sie wirkt damit völlig einnehmend, ein fesselnder Auftritt.

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Ohne mehrere Kleider geht eine Diva wie TARJA natürlich nicht auf die Bühne, zweimal verschwindet sie kurz von der Bühne, um im Anschluss ein neues, herrlich anzusehendes Outfit zu präsentieren. Die erste Umziehpause und das Ausklingen von „Never Enough“ nutzen die Musiker vom Gitarristen über den Cellisten bis zum Schlagzeuger, um sich selbst und ihre individuellen Fähigkeiten in einer lässigen Jamsession zu präsentieren. Nach einem mittelmäßigen Gitarren- und einem starken Cellosolo ist die Zeit für Mike Terrana gekommen – das viel zu kurze Solo des Ausnahmeschlagzeugers ist jedoch etwas enttäuschend. Schade, denn der Arme wirkt die Show über trotz der teils komplexen Kompositionen ziemlich unterfordert: So investiert er scheinbar mehr Überlegungen in den nächsten Sticktrick als in das fast schon stumpfe Drumming, das er wie nebenbei aus den Töpfen holt, als trommle er grade für eine Punkband. Bemerkenswert mancht diese Jam-Session vor allem die Tatsche, dass alles quasi gleichzeitig geschieht. Eine derartige Menge an disharmonischen Klängen und nebeneinander zunächst unpassend wirkenden Melodien vermögen aktuell nur wenige andere Musiker der Kategorie Devin Townsend dermaßen gut zu verbinden.

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Mit „Wish I Had An Angel“ hat es immerhin ein Song aus alten Nightwish-Tagen ins Set geschafft, was natürlich einen der Höhepunkte des Abends darstellt. Das neue Album ist mit acht von zehn Liedern sehr stark vertreten, eben jene Songs wirkten im direkten Vergleich auch durchaus am ausgefeiltesten. Dennoch ist das schon ältere „Until My Last Breath“ ein gut gewählter Abschluss, nach dem die Band mit minutenlangem Klatschen in den wohlverdienten Feierabend geschickt wird.

Leider ist nach 85 Minuten inklusive kurzer Pause vor dem Zugabenblock ohne Wenn und Aber Schluss – angesichts der 40 Euro teuren Karte hätte man da vielleicht etwas mehr erhofft. Das soll aber der einzige Kritikpunkt bleiben, der diesen ansonsten begeisternden Auftritt zu trüben vermag: Der Sound war spätestens nach zehn Minuten optimal, die Lichtshow eine fantastische Untermalung, TARJA sichtlich gut aufgelegt und scheinbar ebenso begeistert vom engagierten Publikum wie dieses von ihr. Überhaupt wirkte TARJA wesentlich gelöster und sympathischer als zu Nightwish-Zeiten und lachte überaus oft, was sicherlich nicht zuletzt an den tollen Resonanzen des bei anderen Anlässen oft gescholtenen Münchner Publikums lag.

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Setlist:
01. Deliverance (Intro)
02. In For A Kill
03. 500 Letters
04. Sing For Me
05. Falling Awake
06. I Walk Alone
07. Anteroom Of Death
08. Never Enough
09. Until Silence
10. Die Alive
11. Mystique Voyage
12. Neverlight
13. Medusa

14. Victim Of Ritual
15. Wish I Had An Angel
16. Until My Last Breat

Konzertfotos von Siegfried Maier

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