Review Tesseract – Sonder

Sie gelten als prägende Kraft hinter dem djentigen Prog Metal und werden in einem Atemzug mit Periphery sowie Animals As Leaders genannt: TESSERACT. Ähnlich wie ihre genannten Genrekollegen gelang es den Briten mit den vergangenen drei Studioalben einen Sound zu erschaffen, der nur TESSERACT innewohnen kann; Tompkins‘ weicher, klarer Gesang gehört zu diesem ebenso wie Monteiths und Kahneys tiefe Siebensaiter als auch die elektronischen Soundcollagen, die TESSERACT als prominent platziertes Stilmittel von jeher nutzen.

Dass sich auf ihrem vierten Album „Sonder“ in diesen Punkten nichts ändern wird, ist klar und sicherlich auch der Wunsch der Fans; allerdings klingen die Engländer auf den acht neuen Tracks dennoch anders. Dabei haben sich nicht die Trademarks geändert, für die TESSERACT stehen, und auch der Songaufbau wurde keiner Verjüngungskur unterzogen – warum auch, schließlich brachte diese Rezeptur TESSERACT genau an den Platz, an dem sich das Quintett heute befindet.

Auf „Sonder“ begehen die Engländer allerdings den fatalen Fehler, sich dieser Rezeptur nur allzu bewusst geworden zu sein. Achtmal brauen sie nach dieser altbewährten und Erfolg versprechenden Mixtur Songs zusammen, die eher selten mit einem gewissen Mut überzeugen können und stattdessen schnell an Überzeugungskraft verlieren. Ironischerweise ist es ausgerechnet der vorletzte Song „Smile“, der sich von dem vorherigen, schablonenartigen Musizieren abhebt. Und warum? Vielleicht, weil der Track bereits vor einem Jahr erschien.

Mit der gezügelten Kreativität geht allerdings noch ein weitaus größeres Manko einher, was zuvor bereits als fehlender Mut hervorgehoben wurde: TESSERACT klingen schlichtweg kantenlos, hämisch gesagt durchweg weichgespült. Es mangelt „Sonder“ an wirklich starken Riffs, die den Hörer ins Staunen versetzen, und gleichermaßen gelingt es Tompkins auf Albumlänge zu wenig, mehr als nur schön und akkurat, nämlich ergreifend, mitreißend und Gänsehaut erschaffend zu singen. Schmerzlich erinnert man sich daran, wie gut es The Contortionist auf „Clairvoyant“ gelang, beide Faktoren zu verknüpfen.

Und apropos Albumlänge, dem dritten Fauxpas, den sich TESSERACT geleistet haben: Mit einer Spieldauer von nur 36 Minuten ist „Sonder“ schlichtweg zu kurz. Natürlich ist „Automata“ (Between The Buried And Me) nicht länger, aber wenigstens der erste Teil eines Konzeptalbums, welches noch in diesem Sommer seine Vollendung finden wird; „Sonder“ ist hingegen schlichtweg zu kurz. Sowohl in der tatsächlichen Länge als auch mit Hinblick auf den Verbleib im Hörgang.

Sehr schade, dass „Sonder“ das Ergebnis nach drei Jahren Wartezeit und der gebürtige Nachfolger von dem überzeugenden „Polaris“ darstellen soll. Im direkten Vergleich mit dem starken Vorgänger ist „Sonder“ umso enttäuschender. Ein auf sichere-Bank-komponiertes Album, welches zwar mit den typischen Djent-Attacken aufwarten kann, diese allerdings so vorhersehbar gestaltet, dass auch der Versuch mit den Loops, Atmosphäre zu kreieren, nicht mehr viel mehr retten kann.

TESSERACT haben ihren Biss im Studio verloren, denn auf „Sonder“ ist er definitiv nicht unter gekommen. An die Größe eines „Polaris“ kommt „Sonder“ nicht am entferntesten heran, sondern verleitet den Hörer viel mehr dazu, sich in die Arme genau dieser Platte zu flüchten anstatt „Sonder“ weitere Runden im Player zu schenken.

Wertung: 7 / 10

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