Review Vola – Witness

Im Interview erzählte uns VOLA-Sänger und -Gitarrist Asger Mygind Ende 2019, dass das nächste Album wahrscheinlich sehr viel mehr Metal enthalten werde als die Prog-Rock-Vorgänger „Inmazes“ und „Applause Of A Distant Crowd“, da Metal eigentlich mehr seinem Naturell als Songschreiber entspreche. Nun ist VOLAs drittes Album, „Witness“, fertig – und gleich der Opener „Straight Lines“ hält das Metal- Versprechen.

Der Track eröffnet das Album mit einem derart derben Riffgewitter, dass sich so manch „echte“ Metalband eine Scheibe davon abschneiden könnte. Natürlich stellt sich im weiteren Verlauf des Albums heraus, dass es in seiner Gesamtheit doch auch Elemente von Djent, Prog oder Rock enthält, aber schon allein die Schlagzeug-Arbeit von Adam Janzi, die jedem Track einen unglaublich fetten Klang gibt, wird der Band künftig Bühnenzeit bei dem einen oder anderen Metal-Festival garantieren.

Obwohl stilistisch gesehen der Einfluss von Bands wie Meshuggah („Stone Leader Falling Down“) oder Soilwork nicht abzustreiten ist, schaffen es VOLA, auf eigene Art neue Wege zu gehen: Während die Instrumentierung dem Hörer so richtig brachiale Beats um die Ohren haut, ist der Gesang oft sehr sanft und hochmelodisch. An diese Kombination muss sich manch einer eventuell erst gewöhnen. Das größte Experiment des Albums stellt aber wohl der Song „These Black Claws“ dar, bei dem VOLA mit dem Hip-Hop-Duo SHAHMEN zusammengearbeitet haben. Obwohl es in dem Track um das wichtige Thema Sucht geht, stellt sich die Frage, ob eine solcher Stilübergriff nötig gewesen wäre, da VOLA eigentlich auch ohne Gasteinflüsse spektakulär genug sind. Ihre Kompositionen sind komplex, wuchtig und progressiv, aber gleichzeitig gesanglich extrem gefühlvoll und berührend. Abgerundet wird das Ganze durch groovige, mitreißende Bass-Linien und einige fast balladeske Gitarrensoli von Frontmann Asger Mygind, die allesamt Gänsehaut verursachen.

Lyrisch handeln die meisten Songs von menschlichen Abgründen, vor allem in Beziehungen oder  solchen, die es hätten sein können, wenn es keine mentalen Mauern oder Spielchen gegeben hätte. Oftmals spürt man viel Enttäuschung über das Scheitern des Gegenüber als Partner oder Freund. Aber auch sehr tiefschürfende Themen werden aufgegriffen, etwa in „Future Bird“, in dem es um ein un- oder totgeborenes Kind geht. In all diese Themen mischt sich im Subtext der Lyrics auch immer  Kritik an bestimmten Gesellschaftsstrukturen. Im Track „Stone Leader Falling Down“ geht es sogar offen um dem Mißbrauch von Macht.

Bei „Head Mounted Sideway“, „These Black Claws“ und dem Intro zu „Stone Leader Falling Down“ kommen vor allem Djent-Fans auf ihre Kosten. Aber es sei trotzdem gesagt, dass man VOLA nicht mehr in bestimmte Schemata pressen kann. Sie bedienen sich der Elemente vieler Genres insoweit, wie es ihren eigenen Kompositionen dienlich ist. Wo das Gefühl sie hingeführt hat, da sind VOLA beim Songwriting geblieben und haben sich am „Besten aller Welten“ bedient, allerdings gekonnt in ihrem eigenen Songwriting-Stil umgesetzt: Zu keiner Zeit kommen sie wie bloße Nachahmer rüber.

Dass sich das jahrelange Komponieren gelohnt hat, ist unbestritten. „Witness“ hat die Dänen bereits ins heimische Mainstream-Fernsehen gebracht und auch die Fans sind rundum begeistert: Schon jetzt quillt das Internet vor lauter Coverversionen über. Das brachte die Band auf die Idee, ein zusätzliches Video zu „Straight Lines“ zu drehen, in dem die Fans musizieren – über das Resultat wurde sogar im dänischen Fernsehen berichtet. Wir werden die Band demnächst im Interview dazu befragen. Bis dahin sei „Witness“ all jenen ans Herz gelegt, die auf eine härtere Gangart stehen, aber durchaus verpackt in einem Konzept, das kurzweilig und mitreißend ist und sich lyrisch nicht vor tiefgehenden Themen scheut. Daumen hoch!

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Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Uta A. (Gastredakteurin)

Ein Kommentar zu “Vola – Witness

  1. Fantastisches Album. In meiner Wahrnehmung die djentige Ergänzung zu Haken, Leprous und Caligula’s Horse, die mittlerweile an der Spitze des modernen Prog Metals stehen. Dass diese Bands von der „true“ Fraktion oftmals kaum ernstgenommen werden, ist zwar schade, wird ihrem Erfolg aber zum Glück nicht im Wege stehen.

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