Review Vroudenspil – Lunte gerochen

Zugegeben, die Seeräuberthematik ist in mittelalterlichen Fahrwässern weder besonders neu noch besonders einfallsreich. Das war auch schon im Jahr 2005 so, als die ersten Arbeiten am Freibeuterfolk-Projekt namens VROUDENSPIL begannen, während In Extremo auf „Mein Rasend Herz“ in „Raue See“ stachen. Dennoch ließen sich die tapferen Recken aus dem Bayernland nicht von ihrem eingeschlagenen Kurs abbringen und kämpften – später auch mit weiblicher Unterstützung – immer weiter gegen allerlei Missstände wie regelmäßige Besetzungswechsel an, ehe sie im Jahr 2009 endlich ihre erste CD namens „Lunte gerochen“ veröffentlichten. Dieser Titel eignet sich gleichermaßen auch als Kurzfazit für das Debüt der vielversprechenden Folkformation.

Dass hinter Vroudenspil mehr als ein lapidar zusammengeschusterter Schnellschuss im Piratenmilieu steckt, merkt man bereits beim ersten Blick auf die 13 Titel umfassende Trackliste: Alle Stücke behandeln das Freibeuterum mit seinen unterschiedlichen Facetten wie Alkohol, Klabautern und einer Prise Seefahrerromantik. Ein Konzeptalbum im Konzept selbst sozusagen. Doch die Musiker bewegen sich in dem recht engmaschigen Netz munter, fröhlich und frei durch flotte Flockrhythmen (meistens angetrieben durch Phyra an der Flöte) und sehen sich dabei immer mit dem nötigen Augenzwinkern: Sei es durch das urbayerische Vorwort als Einleitung oder ein prägnantes Spucken als unerwarteten Auftakt für einen Song.
Lyrisch darf man sich von diesem Erstlingswerk freilich keine Quantensprünge erwarten und so folgt beispielsweise im Titeltrack „Wer Wind sät“ das obligatorische „…wird Sturm ernten“. Dieser Song hätte genau wie das ebenfalls flottere „Meuterei“ gerne etwas druckvoller produziert werden dürfen. Allerdings entfachen die Musiker auf „Lunte gerochen“ dennoch mehr als nur ein laues Lüftchen.

„Der unwichtige Bösehold“ mit einem unbändigen Charme und Mitgröhlfaktor zählt ebenso zu den freibeuterischen Vorzeigestücken wie „Lebenselexier“ nebst Ohrwurmrefrain. Natürlich sind die Kombinationen von Flöte, Dudelsack und Schalmei in derlei Gewand heutzutage keine Weltneuheit, aber Vroudenspil vermitteln auf ihrem Debüt eine Art musikalische Identität, die sie klar vom Rest der „Nachwuchsbands“ abgrenzt und dem ganzen Projekt ein Profil gibt. Die beiden Sänger Ratz und Petz haben stimmlich eine Menge Potential, besonders in ihren natürlichen Tonlagen. Ein Paradebeispiel für die vorhandenen Möglichkeiten ist die „Spilmannsweise“ mit kurzen Dialogen zwischen hoher und tiefer Männerstimme (sowie einem leider weniger gut gelungenen weiblichen Gesangspart).Kleinere Abstriche mache ich noch für das überladene „Klabautermann“, das insgesamt mehr überfordert als unterhält, sowie für die etwas zu offensichtlichen Subway to Sally-Anleihen bei „Gespräch mit dem Wind“. Doch bekanntermaßen schrecken Piraten auch vor Raubzügen in heimischen Gewässern nicht zurück – in diesem Fall erbeuteten sie ein Kleid aus Rosen und verleibten sich musikalisch einige Teil davon ein.
Im letzten Teil gerät „Lunte gerochen“ deutlich ruhiger und balladesker ohne dabei an Qualität einzubüßen. Zwar hätte man unter Umständen auf eines der langsameren Stücke wie „Fiebertraum“ verzichten können, doch der Kontrast zum fröhlichen Einstieg offenbart eine zunächst ungeahnte musikalische Bandbreite und besonders in „Tote Krieger“ ebenso eine Tiefgründigkeit, die für ein Erstlingswerk bemerkenswert ist.

Insgesamt ist „Lunte gerochen“ ein Debütalbum, wie man es sich häufiger wünschen würde: Folkig leicht und locker ohne Anlaufschwierigkeiten, gegen Ende sogar mit dem nötigen Tiefgang und einer Menge (Meeres-)luft nach oben für weitere Schandtaten, die die bayerischen Freibeuter noch begehen werden. Beim Klabautermann, Vroudenspil könnte die Zukunft gehören.

Wertung: 8 / 10

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