Review Vroudenspil – Tote Narren

Nachdem VROUDENSPIL auf ihrem Erstlingswerk bereits Lunte gerochen haben, sticht der Freibeuterfolk mit „Tote Narren“ erneut in die weite See der mittelalterlichen Seemannsgeschichten rund um Freiheit, Alkohol und…nun ja…noch mehr Alkohol, bevorzugt in Form von Rum. Obwohl der Titel des zweiten Longplayers zunächst nicht unbedingt nach flotten Dudelsack- und Flötenmelodien klingt, machen die Süddeutschen schnell deutlich, dass „Tote Narren“ da ansetzt, wo „Lunte gerochen“ aufhört – und beweisen, dass sie scheinbar die Vita bekannter Genregrößen gelesen haben.

Längst verbirgt sich hinter dem Projekt Vroudenspil mehr als eine Coverband für traditionelles Liedgut vergangener Tage: So finden sich auch auf dem zweiten Piraten-Album ausschließlich Eigenkompositionen, die ideen- und abwechslungsreich arrangiert sind. Die Einflüsse reichen von erdigem Mittelalterock über fetzigen Ska bis hin zu kleineren Polka-Avancen, wobei Sack- und Rauschpfeifen stets den mittelalterlichen Rahmen bilden. Ansonsten richtet sich der Einsatz von Flöte, Gitarre und Akkordeon nach der vorherrschenden Grundstimmung in den insgesamt 13 Tracks.

Zunächst steuern die Musiker nach einem hochklassigen Instrumentalintro (ganz im Stile von „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“) den „Kurs auf Leben“ an und nehmen anschließend die Zuhörerschaft mit „Willkommen an Bord“ bereitwillig in Empfang. Dabei überzeugen leider in beiden Fällen die Hooklines nur bedingt: Der Refrain bei „Kurs auf Leben“ wirkt zu betont tief und unnatürlich für die an sich fröhliche Stimmfarbe von Ratz. Bei „Willkommen an Bord“ geht der Text an vielen Stellen zu sehr unter. Dafür gerät bei beiden Songs die instrumentale und sonstige Ausgestaltung sehr melodiös und lädt zum Feiern ein.
Wie es insgesamt besser funktioniert beweist die Piratentruppe mit „Rum für die Welt“, „Der alte Sack“ und „Sand der Zeit“. Bei diesen Stücken geht das Konzept der fröhlich-einfachen Folkmusik, die insgesamt am besten zu den Wahlseefahrern passt und auch akustisch auf Mittelaltermärkten problemlos funktionieren würde, bestens auf.
Im weiteren Verlauf zeigen sich Vroudenspil von ihrer vielfältigen Freibeuterseite: Während „Wir fahren zur See“ zum fröhlichen Schunkeln an Deck einlädt, überraschen die Folkrocker in „Vogt“ mit einem waschechten Walzertakt und in „Meerjungfrau“ mit einer sentimentalen Ballade. Trotz dieser verschiedenen Elemente bleibt das Gesamtbild von „Tote Narren“ größtenteils stimmig – und äußerst lebendig wie charmant. So lautet wie die simple, wie logische Begründung in „Küss mich“ einfach nur lapidar: „…ich bin doch Pirat.“
Allein an diesem Beispiel wird deutlich, dass sich Vroudenspil auch ihr autobiografisches Augenzwinkern erhalten haben. Abgerundet wird „Tote Narren“ durch ein Instrumental namens „Säbeltanz“ und viele weitere hörenswerte Kleinigkeiten in beinahe jedem Song.

Was den Freibeutern zu noch mehr Ru(h)m und Ehre fehlt, sind ein paar Details wie z.B. die eingangs erwähnten Refrains und zu viele Parallelen im Aufbau vieler Songs bzw. zu wenig Wiederkennungswert. Mir persönlich sind auch die Fortschritte im Vergleich zu „Lunte gerochen“ nicht weitreichend genug, um eine höhere oder vergleichbare Wertung zu vergeben. Aber wer sich z.B. an die Anfänge von Schandmaul erinnert, der weiß, dass man vor allem als junge Band erst einige Songs und eine gewisse Geschichte auf dem Kerbholz benötigt, bevor die nächste Sprosse auf der Karriereleiter erklommen werden kann. Insofern liefern Vroudenspil mit „Tote Narren“ einen konsequenten und vor allem livetauglichen Nachfolger ab, der qualitativ genau das nötige Niveau hat, um der Band den Weg in die eine verheißungsvolle Zukunft zu ebnen. Schiff ahoi!

Wertung: 7.5 / 10

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