Review Within Temptation – Resist

Man erinnere sich: Als WITHIN TEMPTATION das letzte Mal auf ein „modernes Cartoon-Artwork“ setzten („The Unforgiving“), war das nicht nur optisch, sondern auch musikalisch ziemlich schiefgegangen. Wie überhaupt so einiges seit dem Hit-Album „Mother Earth“ von 2001: Nur kurz sei da an die fast skurrile Coverplatte „The Q-Music Sessions“ oder auch die seitens der Fans nur mäßig euphorisch rezipierte Full-Length „Hydra“ erinnert.

Für „Resist“ haben sich die Niederländer erneut für ein futuristisches Motiv entschieden – das Cover könnte ebenso gut ein Filmplakat für einen Actionfilm zieren. Und wo Action drauf ist, ist auch Action drin – daran soll wohl gleich der Opener keinen Zweifel lassen: „The Reckoning“ mit Gastsänger Jacoby Shaddix (Papa Roach) legt direkt mit der Wucht eines Alternative-Metal-Hits los: modern, ohrwurmig und druckvoll. Vielleicht sogar von allem etwas zu viel: Ob es hier einen Dubstep-Break gebraucht hätte, lässt sich ebenso diskutieren wie die Frage, bis zu welchem Level an „Druck“ ein Master noch als gelungen zu bezeichnen ist. Auf Bass-verstärkenden Stereoanlagen dürfte „Resist“ jedenfalls mindestens ein grenzwertiges Vergnügen sein.

Grenzwertig ist „Resist“ aber auch musikalisch – und zwar stark abhängig von den Erwartungen an das Album: Von der noch auf dem 2014er Vorgänger „Hydra“ zelebrierten Pseudo-Epik haben sich WITHIN TEMPTATION komplett losgesagt. Stattdessen setzen die Niederländer voll auf fast poppige Eingängigkeit: Was bei „Endless War“ oder „Raise Your Banner“, bei dem Sharon den Adel wenigstens zum Ende hin die Größe ihrer Stimme aufblitzen lässt, – ja sogar beim überkitschigen „Supernova“ – fraglos gut funktioniert, kippt im weiteren Verlauf des Albums immer mehr ins Gegenteil.

Ob den Adel mit ihren 44 Jahren wirklich auf cool machen und „Ya“ statt „You“ singen muss („Holy Ground“), ist ebenso fragwürdig wie die musikalische Entwicklung im weiteren Verlauf des Albums: Schon besagter Song reicht nicht ansatzweise an die Stücke davor heran – und ist damit leider nicht Ausreißer, sondern Vorreiter: Ob das blasse „In Vain“, das verschwurbelte „Firelight“ oder der plumpe Pop-Song „Mad World“, den so ähnlich auch Modern Talking verbrochen hätten haben könnten – je länger „Resist“ läuft, desto mehr fragt man sich, was die da drüben in Holland eigentlich … okay, blöde Metapher.

Dass WITHIN TEMPTATION mit „Mercy Mirror“ zumindest noch einen ordentlichen (fast so was wie epischen) Song abliefern, geht da fast unter – oder wird vom brachialen „Trophy Hunter“, der das Sound-Problem mit den pumpenden Bässen noch einmal über 5:51 Minuten hinweg veranschaulicht, direkt wieder aus dem Kopf geprügelt. Schade: Auch dieser Track hätte durchaus Potenzial gehabt, um WITHIN TEMPTATION, wie man sie kannte, und WITHIN TEMPTATION, wie sie selbst gerne wären, auf einen Nenner zu bringen.

Mit „Resist“ wagen WITHIN TEMPTATION einen großen Schritt – vielleicht einen zu großen: Vom Symphonic Metal der Anfangsjahre ist bei den Niederländern ja lange schon nichts mehr übrig – mit „Resist“ schmeißen sie nun auch den wenig Erfolg bringenden Alternative-Metal über Bord, um frisch und modern zu klingen. Das klappt stellenweise überraschend gut. Über weite Strecken klingt das Resultat jedoch erschreckend belanglos – nicht zuletzt weil den Adels famose Stimme bei den oft unspektakulären Gesangslinien nur noch selten wirklich voll zur Entfaltung kommt – und manchmal auch ein bisschen peinlich: wenn WITHIN TEMPTATION mit „Yas“, Pseudo-Dubstep-Elementen oder übertrieben „modernem“ Sound scheinbar krampfhaft versuchen, jünger zu klingen, als sie sind.

Wertung: 6.5 / 10

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4 Kommentare zu “Within Temptation – Resist

  1. Resist ist für viele Metal-Fans vielleicht zu „mainstream“, mir gefällt der neue Stil aber richtig gut. Im Gegensatz zu vielen anderen, bleiben nicht nur 1-2 gute Songs übrig, sondern das ganze Album ist hörenswert. Vielleicht braucht man aber ein bisschen länger, damit sich die Songs wirklich entfalten können.

    Bei einem muss ich dem Autor jedoch Recht geben, ihr Stimmenpotential ist diesmal nicht ganz ausgereizt. Trotzdem ein hervorragendes Album.

    1. Hallo Jacka,
      schön, dass du mit dem Album Freude hast. Geschmäcker mögen verschieden sein, aber letztlich ist uns ja allen daran gelegen, dass jede/r die Musik hören kann, die er/sie gerne mag. :)
      Zur Kritik: Ich denke nicht, dass es hier darum geht, ob man primär Metal hört oder nicht. Seien wir mal ehrlich, Within Temptation haben doch schon seit ihrem zweiten Album kaum noch Metal gespielt. Gut waren einige der Alben dennoch, nur eben aus anderen Gründen. Dass wir das neue Album nicht stark finden, liegt also nicht einfach an einem Mangel an Metal. Es geht eher darum, dass WT es hier einfach mit der Produktion übertrieben haben und sich hier gefühlt einfach zu sehr „angebiedert“ haben. Die neuen Tracks sind in meinen Ohren einfach 08/15-Modern-Rock-Songs ohne jeden Esprit, ohne Besonderheit. Ich fürchte, daran würden auch mehrere Durchläufe nichts ändern, denn kompliziert ist das neue Album gewiss nicht. Und auf den älteren Alben gab es weit mehr als jeweils nur 1-2 gute Tracks.

      1. Geschmäcker sind verschieden … das ist Fakt.
        Andererseits ist auch Fakt, das dieses Album in Deutschland auf Platz 1 steht, was kein anderes WT Album vorher geschafft hat. Für Sharon und WT ist es ein sehr wichtiges Album, ein Album das zum weiteren Bestehen der Band beigetragen hat , wenn man zwischen den Zeilen liest. Also bin ich als Fan mehr als froh über dieses Album… und die Songs finde ich absolut grandios! WT hat sich bis jetzt mit jedem Album verändert/neu interpretiert und wird dies bestimmt wieder tun. Für die, die mit dieser Scheibe nichts anfangen können mein Tip: Augen zu und durch, das nächste wird anders! Ich feiere in der zwischenzeit die grenzwertigen, fragwürdigen, blassen, verschwurbelten, plumpen Songs von RESIST wie offensichtlich der Rest von Deutschland auch!

        1. Hey Steffen,
          auch dir noch viel Spaß mit dem Album und danke für den Kommentar!
          Ein paar Gedanken meinerseits noch dazu, die dich aber natürlich nicht von deiner Meinung abbringen, sondern nur meine und die des Rezensenten nachvollziehbarer machen sollen:
          Seit wann kann man aus Chartplatzierungen die Qualität einer Platte ableiten? Mag sein, dass es ihr bisher erfolgreichstes Album ist, aber das kann zig Gründe haben. Eine Band in der Größenordnung wie WT ist doch schon beinahe ein Selbstläufer, da kommen von selbst immer mehr Fans – insbesondere, wenn man sich nach Trends richtet, was man ihnen bei diesem Album durchaus unterstellen kann.
          Dass das Album für das Bestehen der Band wichtig war, mag auch sein. Dafür muss man aber nicht zwischen den Zeilen, sondern nur in den Aussagen der Band lesen. Soweit ich mich recht erinnere, hatte Sharon nen kreativen Durchhänger, weshalb sie zwischendurch auch My Indigo ins Leben gerufen hat. Dass WT diese Durststrecke überstanden haben, ist erfreulich, denn vielleicht kommt dabei irgendwann auch mal wieder was Interessantes heraus. Also ja, der Bestand der Band mag durch „Resist“ gerettet worden sein. Dennoch stellt sich auch hier die Frage: Ist das Album deswegen automatisch gut? Für mich leider eher nicht.
          „Augen zu und durch“ wird wohl auch nicht nötig sein – man kann sich das Album auch einfach nicht anhören und darauf hoffen, dass das nächste wieder mehr zu bieten hat. Ist zwar aus meiner Sicht nach dem Abwärtstrend der letzten Alben nicht allzu wahrscheinlich, aber wer weiß? Dass diejenigen, denen der neue Stil nicht zusagt, die Platte einfach ungehört vorbeiziehen lassen, werden WT wohl gut verkraften, wenn man sich ihren Erfolg ansieht.

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