Interview mit Andreas von Caliban

CALIBAN haben mit ihrem achten Studioalbum einen ungewöhnlichen Stilwechsel vollzogen: Wo das letzte Album „nur“ ein modernes Metalcore-Release war, lassen die Ruhrpottler auf „I Am Nemesis“ ihre Dredg-Einflüsse deutlicher einfließen, wie Sänger Andreas im Interview erzählte. Lest nach, was er sonst noch zu den Inhalten und der Entstehung des Albums zu erzählen hatte.

Hi. Wie geht’s Dir heute? Habt ihr noch viel zu tun so kurz vor Release des Albums?
Ja, wir sind halt quasi am Üben. Ich war die ganze letzte Woche am Proben, ich wohne ja nicht mehr im Pott. Es ist bei mir immer etwas problematisch mit dem Rumreisen. Ich bin gestern wieder nach Hause gekommen, wir proben jetzt die neuen Sachen noch ein bisschen für die Tour, quasi als Warm-Up. Ich koche mir übrigens gerade nebenbei was, nur damit du es weißt.

Gratulation erstmal zum neuen Album „I Am Nemesis“, ist wirklich gut geworden. Gab es auf der Zielgeraden noch irgendwelche Probleme, oder hat alles reibungslos geklappt?
Reibungslos klappt nie etwas, das wäre ja zu schön. Es ging aber relativ gut von der Hand. Das Songwriting war ganz gut und am Ende gab es dann fast noch so ein kleines Zeitproblem, weil wir halt dann zu einem bestimmten Termin abgeben mussten, man bucht ja auch die Leute, die dran arbeiten. Wir haben es dann aber doch regeln können. Ansonsten lief es aber echt ganz gut, da kann man nicht meckern.

Habt ihr von der Presse schon das erste Feedback bekommen?
Ich nicht, Marc hat aber schon so eine Review-Mappe bekommen. Die habe ich selber noch nicht gelesen, er meinte aber, es wäre alles durchweg positiv gewesen. Ich hatte nur ein positives Online-Review gelesen, und auch noch von keinem Journalisten etwas Negatives gehört. Wie die Realität aussieht, weiß man zwar nie, aber ich hatte schon das Gefühl, dass sie es ernst meinen.

Worum geht es eigentlich bei dem Album? Wofür steht der Titel „I Am Nemsis“? Kannst Du dazu etwas sagen?
Der Titel „I Am Nemesis“ ist quasi der Inhalt und die Texte der Platte auf den Punkt gebracht. Quasi eine Inhaltsangabe. Wir haben uns thematisch auf der Platte sehr gesellschaftskritisch ausgelassen und uns vieles von der Brust geschrieben haben, was wir nicht so cool finden in der Welt. „Nemesis“ kannst du verschieden auslegen. Entweder ist die Platte die „Nemesis“ für die Leute, die verantwortlich sind, dass es so scheiße läuft oder wir als Band sind die „Nemesis“, die Überbringer der Botschaft.

Das Album klingt deutlich anders als der Vorgänger „Say Hello To Tragedy“. Vor allem die charakteristischen 16tel-/32tel-Gitarrenriffs hat man vorher so noch nicht von Caliban gehört. Wovon habt ihr euch dabei inspirieren lassen?
Wir hatten das auch schon auf „Say Hello To Tragedy“, aber nur ein-, zweimal hinten irgendwo als kleine Fläche drunter gemacht. Es stand nicht im Vordergrund, sondern war eher ein Flächendecker, um alles etwas schöner und breiter zu machen. Diesmal geht es aber durch die ganze Platte, weil wir gemerkt haben, dass wir das im Grunde supercool finden, dass das gut funktioniert, um bestimmte Passagen und Chorusse atmosphärischer und breiter zu gestalten. Es verleiht der Musik Tiefe. Unter anderem kommt der Einfluss wohl durch Dredg. Es ist definitiv ein bisschen Dredg- beziehungsweise Thrice-Gitarrenarbeit, die da mit reinspielt.

Seid ihr große Fans von Dredg? Habt ihr euch schon früher von ihnen beeinflussen lassen?
Ja, ich bin schon immer ein großer Fan von denen gewesen. Die vorletzte fand ich noch sehr cool, bei der letzten bin ich noch nicht groß dazu gekommen, mich reinzuhören, weil die schon sehr anders ist. Aber die davor ist auf jeden Fall die Knallerscheibe der Band, die wir aus der Band auch alle geil fanden. Wir sind auf jeden Fall etwas beeinflusst von Dredg, aber früher noch nicht wirklich, erst auf den letzten zwei Alben.

Schreibt Marc die Songs eigentlich alleine, oder machen das Marc, Dennis und du?
Marc macht überwiegend die Musik für die Band. Er macht das in Zusammenarbeit mit Benni Richter, unserem Produzenten, programmiert die Drums, gibt das ganze an Benni weiter, der macht Vorschläge und irgendwann stehen halt fertige Songs. Hinterher schickt er das alles rum, wenn es einen Großteil von Songs gibt. Dann gibt jeder seinen Senf dazu, ob er das jetzt gut findet oder nicht. Dann schreibe ich auch erst meine Texte drauf. Im Laufe der Zeit und der Aufnahmen hat sich herauskristallisiert, dass es einfacher ist, wenn ich die Texte erst schreibe, wenn die Musik komplett steht. Früher war es teilweise so, dass ich viele Textelemente wegstreichen musste, weil es von der Masse nicht gepasst hat. Das fand ich blöd, es wäre mir persönlich wichtig gewesen und wenn es dann nicht gepasst hat, war ich immer ein wenig angepisst. Deswegen mache ich es nun andersrum, das vereinfacht in meinen Augen einiges.

Wie waren Aufnahmen, wer produzierte? Wieder Benni Richter?
Ja, das Album hat wieder unser Benni produziert, wie immer in den letzten Jahren.

Erzähl mal ein bisschen was über das Cover. Wie seid ihr auf die Idee mit der Dämonenfratze gekommen?
Das Gesicht auf dem Cover vorne ist der Hauptdarsteller aus dem Video zu „Memorial“. Der Typ, der die Hauptfigur spielt. Das ganze Layout hat derjenige gemacht, der das Video gemacht hat – Marc Krämer. Die Fresse ist eben brutal und ätzend – das passt gut zu „Nemesis“. Wenn man sich so einen Racheengel vorstellt, ist das glaube ich ein gutes Bild. Da kriegt man schonmal Angst.

Wie seid ihr auf den Titel „Dein R3Ich“ gekommen? Das mit den Zahlen im Titel haben ja neben Megadeth letztes Jahr auch noch andere Bands gemacht…
Die Idee kam von Benni Richter. Das ist der einzige Hinweis auf das dritte Reich und das Nazitum. Der Text befasst sich nicht nur damit, aber soll darauf fixiert sein. „Dein Reich“ deutet darauf hin. Auf der anderen Seite ist der Text an Leute gerichtet, die zu feige sind, aus ihrer eigenen Welt auszubrechen.

Geht der Song „Modern Warfare“ in eine ähnliche Richtung?
Dieser Song geht an Leute, die das Internet als Waffe oder Kriegsplattform missbrauchen, die Leute fertig machen – auf Seiten wie Facebook – die nur Scheiße über andere Leute reden und sich dabei hinter ihrem Computer verstecken und anonym bleiben.

Was ist eigentlich aus den bisher unveröffentlichten Covern von „Coverfield“ geworden?
Da ist was draus geworden, die gibt es auf der Special Edition von „I Am Nemesis“. Die sind auf dem Digipak, der Special Edition. Sie beinhaltet acht Covertracks, darunter zwei Tracks von der „Coverfield“.

In ein paar Tagen geht es auf Tour. Wie sind Eure Erwartungen und werdet ihr viel Material von der neuen Platte spielen?
Wir sind auf jeden Fall gespannt, wie die Leute auf die neuen Songs reagieren werden. Wir haben uns fünf Songs von der neuen Platte rausgepickt, die wir dann live spielen werden, darunter natürlich „Memorial“, „Dein R3Ich“ und noch drei andere Tracks. Ich habe auf jeden Fall tierisch Bock darauf, die Sachen live zu präsentieren, wir krebsen jetzt schon über zwei Jahre auf der „Say Hello To Tragedy“ rum und da freut man sich als Band irgendwann auch mal, neue Sachen spielen zu können anstatt immer nur die selben Songs.

Hat es Euch zuletzt selber genervt?
Ja, teilweise. Du spielst eben immer und immer wieder die selben Songs. Es gibt ja immer eine gewisse Anzahl an Songs, die du spielen willst, die gut funktionieren und die die Leute hören wollen. Da kommen über die Jahre immer nur ein, zwei drauf und im Grunde ist es immer das selbe. Nach zwei Jahren ist es in meinen Augen auf jeden Fall Zeit für neue Sachen.


Habt ihr schon Pläne für den Sommer, was Touren und Festivals angeht?
Oh, gute Frage. Patrick, unser Drummer, hat mir gesagt, dass wir für vier Sachen bestätigt sind, ich weiß aber nicht, für welche. Er hatte was vom Vainstream gesagt. Vermutlich wird sich das im Laufe der Tour ergeben und danach, sobald etwas gebucht wurde, auch veröffentlicht.

Nächstes Jahr habt ihr 15-jähriges Jubiläum? Ist dafür etwas Spezielles geplant?
Nö. Wir feiern im Stillen.(lacht)

Wie lange wird es CALIBAN denn noch geben? Werdet Ihr weiterspielen, bis ihr 50 Jahre alt seid?
Wir werden wahrscheinlich spielen, bis wir umfallen. Darüber mache ich mir eigentlich keine Gedanken. Es wird wohl weitergehen, bis ich nicht mehr kann.

Okay, damit wären wir fast durch. Gerne würde ich das Interview mit dem traditionellen Metal1-Brainstorming beenden. Ich nenne dir ein Wort und du sagst mir, was dir dazu einfällt:
Syrien:
Oh…Noch nie dagewesen…
Nordkorea:
Da fahren wir vielleicht hin…dieses Jahr….
Echt, ihr spielt dort…?Weiß ich nicht…
Finanzkrise: Same old story. Es nimmt ja kein Ende damit. Mal ist sie hoch im Kurs, mal hat man sie wieder vergessen…
Der Winter: Dieses Jahr enttäuschend. Ich bin eher so ein Schneemannsmensch und stehe auf den Dezember und Weihnachten. Aber dieses Jahr gabs weder einen richtigen Winter, noch Schnee. Blöd.
Metal1.info: Das Beste, was ich kenne.

Damit wären wir durch mit dem Interview. Wenn Du abschließend noch etwas an unsere Leser weitergeben möchtest, kannst Du das jetzt tun.
Ich bedanke mich an dieser Stelle für das Interview und für das Interesse. An alle Leser: Ich bedanke mich für Euren jahrelangen Support. Kommt zur Show und bleibt uns treu.

Ok, danke!
Ich wünsch‘ dir noch ’nen schönen Abend!

Danke, Dir auch einen schönen Abend. Machs gut.

Publiziert am von Pascal Stieler

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