Interview mit Marta Gabriel von Crystal Viper

Ein Familienbetrieb im Heavy-Metal-Zirkus, so könnte man die Polen von CRYSTAL VIPER wohl beschreiben. Im Dezember letzten Jahres erschien das nunmehr fünfte Album „Possession“, mit welchem die Band einmal mehr für positive Reaktionen unter den Freunden der klassischen Töne sorgte. Genau diese Veröffentlichung nahmen wir zum Anlass um mit Frontfrau Marta Gabriel über das neue Album, Gastmusiker und die Vorzüge physischer Tonträger zu sprechen.

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10 Jahre Crystal Viper. Wie zufrieden bist du mit der Entwicklung bzw. Evolution der Band?
Ich bin, ehrlich gesagt, mehr als zufrieden. Als ich mit CRYSTAL VIPER anfing, habe ich nie erwartet, dass sich hieraus eine echte Band entwickelt, die Alben veröffentlicht, Liveshows in anderen Ländern spielt und deren Musik so vielen Menschen gefällt. Meine kühnsten Träume sind wahr geworden und das hat mich sehr glücklich gemacht. Die Band wurde zwar im Jahr 2003 aus der Taufe gehoben, aber die wirkliche Gründung war wohl im Jahre 2006, als wir unser erstes Album aufnahmen und sich das erste offizielle Line-Up etablierte. Das zehnjährige Jubiläum ist daher wohl eher im Jahre 2016.

Wie wichtig war es für die Entwicklung der Band, dass fast alle Belange in den Händen deiner Familie lagen?
Seit Anfang an schreibe ich alle Songs bei CRYSTAL VIPER und mein Ehemann Bart ist unser Manager, aber die Wahrheit ist, dass alle Mitglieder in alle Entscheidungen eingebunden werden und das wir auch im Privatleben gute Freunde sind. Einige würden sagen, die Band ist wie eine Familie und die Jungs in der Band würden dies wohl unterschreiben. Bezüglich der Musik habe ich die Jungs oft gefragt, ob sie mit mir zusammen neue Songs schreiben wollen, aber sie waren nie sonderlich daran interessiert, haha… Bei CRYSTAL VIPER ist alles am richtigen Platz und in perfekter Harmonie, würde ich sagen.

„Possession“ ist euer fünftes Studiowerk und unterscheidet sich deutlich von seinem Vorgänger „Crimen Excepta“. War es geplant, dass das Album so straight und direkt ausfällt oder habt ihr dies erst nach dem Songwriting festgestellt?
CV_P-C_270Nein, es war absolut nicht geplant. Normalerweise ist gar nichts geplant und es ist schwer für mich die Unterschiede zwischen dem jetzigen Album und dem letzten bzw. allen anderen Alben zu suchen, was daran liegt, dass das alles CRYSTAL VIPER ist. Ich denke nie „Ich werde jetzt einen bestimmten Song schreiben oder doch lieber einen etwas anderen.“ Das Schreiben ist ein natürlicher Prozess und auf diesem natürlichen Wege geraten einige Songs schneller, andere langsamer, düsterer oder mystischer. Ich schreibe Songs mit guten Melodien, die sich im Kopf festsetzen sollen und die zu der Geschichte passen, die ich mit den Texten erzählen will. Es ist wie das Malen eines Gemäldes, das ich in meinem Kopf habe, nur eben mit Hilfe der Musik.

Euer neues Album ist ein Konzeptalbum. Würdest du uns ein wenig über die Geschichte hinter dem Album erzählen?
Wenn ich erzähle, worum es auf „Possession“ geht, dann wäre es als würde ich jemandem, der einen Film schauen will, erzählen wie der Film ausgeht. Aber ich kann etwas anderes erzählen. Wenn man das Album aufmerksam hört, die kurze Einleitung liest, die wir im Booklet abgedruckt haben und man sich das Video zu „Prophet Of The End“ anschaut, dann wird man alles verstehen. Das ist der Punkt, an dem CDs und LPs über MP3-Downloads siegen. Das Booklet, die Story, die Texte, das Coverartwork und das Video ergeben zusammen einen Sinn. Es ist ein Gesamtwerk, während das Hören einer MP3 einfach nur ein Song ist.

CRYSTAL VIPER sind dafür bekannt mit Gastmusikern zu arbeiten. Dieses Mal habt ihr mit Harry Conklin und Sataniac von Desaster zusammengearbeitet. Kannst du uns ein wenig über die Kollaboration erzählen?
Ja, wir laden immer Mitglieder von Bands ein, die wir respektieren und mögen. Es ist für uns eine Art Tradition. Wir alle sind Die-Hard-Fans von Harrys Bands Jag Panzer, Satan’s Host und Titan Force und wir sind seit vielen Jahren befreundet. Er ist ein unglaublicher Sänger und wir sind sehr glücklich, dass er zugesagt hat, mit uns aufzunehmen. Das Gleiche gilt für Sataniac. Wir lieben Desaster und als wir auf die Idee kamen härtere Vocals für „Julia Is Possessed“ zu nutzen, dachten wir das Sataniac perfekt passen würde. Er hat eine großartig und tief klingende Stimme.

Es ist kein Geheimnis, dass du hauptsächlich für das Songwriting verantwortlich bist. Aber wie viel Einfluss hat der Rest der Band? Bringen eventuell sogar die Gastmusiker Ideen mit ein?
MartaTatsächlich bin ich für das Songwriting und die Texte verantwortlich, aber jedes Mitglied von CRYSTAL VIPER hat seinen eigenen Stil zu spielen, seine eigenen Inspirationen und wird von anderen Künstlern beeinflusst. All diese Einflüsse zusammengeführt kreieren den Sound von CRYSTAL VIPER. Wenn jemand einen Gastpart aufnimmt, wissen wir nie wie er klingen wird, bis wir die Aufnahmen erhalten. Es ist immer wieder unglaublich zu hören wie andere Musiker das Gefühl der Songs interpretieren, die ich geschrieben habe. Es gibt zwar immer eine gewisse Grundlage aber die Interpretation überlassen wir unseren Gästen.

Für „Possession“ habt ihr euren Fans eine ganz spezielle Möglichkeit geboten. Erzähl uns doch bitte ein wenig darüber. (Anm. d. Red.: Genauere Informationen findet ihr hier.)
Ich wollte schon immer genau so etwas machen. Wir lieben unsere Fans und die Wahrheit ist doch, wenn es die Fans nicht gäbe, dann gäbe es keine Musik, kein Heavy Metal und kein CRYSTAL VIPER. Unabhängig davon sind wir selbst – alle Mitglieder der Band – echte Metalfans, die eine Menge verschiedener Bands mögen und immer noch Alben und T-Shirts kaufen. Wir reisen als einfache Fans zu Konzerten und Festivals. Deshalb dachten wir, es wäre eine echt coole Idee, etwas in dieser, einer anderen, Form zu tun. Jeder kann eine CD kaufen oder ein T-Shirt, aber wie oft könnt ihr eure Namen in einem Booklet finden und zu euren Freunden sagen „Hör hin, das bin ich auf dem Album!“? Ich weiß nicht, ob viele Bands vorher so etwas gemacht haben. Ich habe jedenfalls noch nie davon gehört.

Neben CRYSTAL VIPER hast du auch mit Bands wie Sabaton, Majesty, Tytan und vor allem Manilla Road gearbeitet. Wie waren deine Erfahrungen und wie sehr hat dies deine Arbeit mit der eigenen Band beeinflusst?
Es ist immer etwas Großartiges für mich, wenn ich als Gastmusiker eingeladen werde, um auf einem Album mitzuwirken oder bei einer Liveshow. Noch schöner ist es nur, wenn ich dabei die Möglichkeit habe mit Musikern zu arbeiten, die ich mag oder die mich beeinflusst haben. Eine der besten Erfahrungen war es, als ich bei Jack Starr’s Burning Starr an der Rhythmus-Gitarre gespielt habe. Wir haben zusammen auf dem Keep It True gespielt und es war eine fantastische Erfahrung. Sie sind großartige Menschen und extrem talentierte Musiker. Ich konnte sehr viel von ihnen lernen. Jack ist ein brillanter Gitarrist und es gibt nicht viele Musiker die ein solches Gefühl für Musik haben. Wenn man ihm beim Spielen zuschaut, dann kann man sehen, wie sehr er es liebt und das seine Gitarre seine ganze Welt ist. Es sieht so aus, als wäre ich jetzt Live-Gitarristin für Jack Starr’s Burning Starr und das ihr uns 2014 wieder Live sehen könnt. Ich kann es kaum noch erwarten.

Wie bist du mit Mark Shelton in Kontakt gekommen und dazu mit Manilla Road zu spielen? War es etwas, dass du schon immer tun wolltest?
Wir stehen seit vielen Jahren mit Manilla Road in Kontakt. Unsere erste offizielle Studioaufnahme war ein Cover des Songs „Flaming Metal Systems“. Mark mochte unsere Version sehr und von Zeit zu Zeit, wenn wir irgendwo zusammen spielen, also CRYSTAL VIPER und Manilla Road, laden sie mich ein um den Song live auf der Bühne zu singen. Bis jetzt kam das dreimal vor und es war eine riesige Ehre. Ich liebe Manilla Road.

Gibt es weitere Künstler mit denen du gern zusammenarbeiten würdest? Das heißt, gibt es Künstler die du gern auf einem eurer Alben hättest oder bei denen du gern als Gast mitwirken würdest?
Es wäre unglaublich einmal zusammen mit Tony Martin, Eric Adams oder Rob Halford aufzunehmen oder von Mike Oldfield eingeladen zu werden, um mit ihm zu arbeiten. Alle meine Träume würden sich erfüllen.

Ihr habt in den letzten Jahren auf Festivals wie dem Keep It True oder dem Bang Your Head gespielt. Hat sich nach all den Jahren eine besondere Beziehung zu diesen Festivals entwickelt?
Ja, definitiv. Es waren immer tolle Shows vor fantastischen Fans und großartigen Menschen. Mein Mann und ich fahren jedes Jahr auf das Keep It True, um unsere Lieblingsbands live zu sehen und um alte Freunde zu treffen. Die Atmosphäre auf dem Festival ist absolut klasse.
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Wo wir gerade bei den Liveauftritten sind. Wird es anlässlich des neuen Albums auch eine Tour geben?
Wir hoffen darauf, dass wir in Ländern spielen können, in denen wir noch nie gespielt haben und an altbekannte Orte zurückzukehren können. Ein paar Konzerte, unter anderem in Spanien und Zypern, sind bereits bestätigt. Außerdem werden wir auf einer Benefizveranstaltung in Polen spielen.

Mit meinen letzten beiden Fragen möchte ich einmal über etwas Anderes sprechen. Was denkst du über Videoplattformen wie z.B. Youtube? Sind sie wichtig für sogenannte „Undergroundbands“? Ich würde sagen, sie haben sowohl positive Seiten, da man neue Bands einfacher kennenlernen kann, als auch negative Seiten, da oftmals ganze Alben illegal eingestellt werden.
Alles im Leben hat seine positiven und negativen Eigenschaften und du akzeptierst sie oder nicht. Klar gibt es sehr viel illegal hochgeladene Musik im Internet und vermutlich ist dies sogar der größte Teil, aber es ist unmöglich dagegen anzukämpfen. Man kann aber dafür sorgen, dass diese Plattformen für einen arbeiten. Daher haben wir unser Album auch bei Youtube hochgeladen. Ich persönlich bin kein großer Fan von Musik aus dem Internet, da es nichts Besseres gibt als ein Album in seinen Händen zu halten, verbunden mit einem großartigen Artwork und einem Booklet mit Texten und so weiter.

Was denkst du über Streamingplattformen wie zum Beispiel Spotify? Sind Streamingplattformen die Zukunft der Musik, da die Plattenverkäufe immer weiter zurückgehen? Wie sieht die Bezahlung der Bands aus, wenn man seine Musik über entsprechende Anbieter teilt? (Anm. d. Redaktion: Die Alben der Band sind dort als Stream verfügbar.)
Ihr könnt lachen oder nicht, aber ich habe keine Idee was Spotify ist.

Gibt es besondere abschließende Worte, die du an unsere Leser richten möchtest?

Kauft weiterhin die Alben eurer Lieblingsbands, geht zu lokalen Liveshows und unterstützt die Musik und Bands die ihr mögt.

Vielen Dank, dass du unsere Fragen beantwortet hast. Die letzten Worte gehören dir, in unserem Metal1-Brainstorming. Wir nennen ein Wort und du sagst uns, was dir dazu einfällt.

Olympische Winterspiele: Langweilig. Ich gehe lieber zu einer guten Liveshow oder mache selbst Sport statt anderen Leuten dabei zuzusehen.
Nelson Mandela: Ich ziehe es vor mich aus der Politik rauszuhalten, aber er hat einige gute Dinge getan und war eine große Persönlichkeit.
Przystanek Woodstock: Es wäre toll dort zu spielen!
Speedway: Die beste Möglichkeit zum Proberaum zu gelangen.
Weihnachten: Ich glaube, dass es toll ist für Kinder.
Deutschland: Heimat von großartigen Festivals, leckerem Bier und guter Musik.
Lieblingssong: Es ist unmöglich nur einen zu nennen.
Crystal Viper in 10 Jahren: Das kann nur die Zeit sagen.

Publiziert am von Christoph Ilius

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