Interview mit V. Santura von Dark Fortress (Teil 2/2)

Im Mai 2023 beendete mit DARK FORTRESS eine der wichtigsten Bands im deutschen Black Metal ihre Karriere. Gemeinsam mit Hauptsongwriter V. Santura blicken wir zurück auf 29 Jahre Bandgeschichte – vom ersten Demo bis zur allerletzten Show im Backstage München.

Teil 1 des Gesprächs dreht sich um die Anfänge der Band, die Alben „Tales From Eternal Dusk“, „Profane Genocidal Creations“, „Stab Wounds“ und „Seánce“ sowie den Ausstieg von Sänger Azathoth.

In Teil 2 des Interviews widmen wir uns nun den „Morean-Jahren“ ab 2007 mit den Alben „Eidolon“, „Ylem“, „Venereal Dawn“ und „Spectres From The Old World“, sowie der Abschiedstour 2023. Zudem spricht V. Santura über seine musikalische Zukunft.

Eidolon (2008)

Wie wurde “Scum” dann zu “Eidolon” – und Morean euer Sänger?
Wir haben ganz normal Anzeigen geschaltet: DARK FORTRESS suchen einen Sänger. Da kamen auch relativ viele Bewerbungen rein. Es war zum Beispiel ein Grieche dabei, den ich stimmlich extrem geil fand, aber der lebte eben in Griechenland … außerdem hatte er kurze Haare! (lacht) Und irgendwann hat Morean dann gesagt: „Hey, wie wär’s, ich würde mich auch bewerben. Ich würde das gerne probieren.” Er war damals noch nicht wirklich ein Black-Metal-Sänger, aber ich kannte ihn ja schon ewig, wir hatten mit Noneuclid ja auch schon eine Band zusammen gehabt, und ich fand immer, dass Morean ein Mensch mit einer gewissen Ausstrahlung ist. Dass er die Fähigkeit hat, Frontmann zu sein. Außerdem ist er ein brillanter Musiker und er hat im Rahmen seiner klassischen Ausbildung irgendwann mal auf einem Workshop in Polen den Untertongesang gelernt, was so eine Art Geheimwaffe war. Da hatte er schon mal Aufnahmen mit gemacht und das klang mördermäßig fett.

Aber es war klar, dass ich aus ihm erstmal eine Black-Metal-Stimme rauskitzeln muss. Deswegen haben wir gesagt: OK, wir probieren es … wir machen eine ausführliche Audition mit ihm und ich setze mich einfach mal mit ihm zusammen und versuche herauszufinden, was bei ihm da ist. Wir haben quasi zusammen erst einmal seine Black-Metal-Stimme entdecken müssen. Da haben wir ein paar Tage dran gearbeitet, aber irgendwann dachte ich mir: Ich glaube, das wird was – er muss sich noch was aneignen und lernen, aber dafür sind andere Sachen bei ihm so geil und es ist so viel Potenzial da, dass sich das lohnt. Deswegen haben wir beschlossen, es gemeinsam zu probieren.

„Ich kenne sonst niemanden,
der das so hätte machen können“

Er ist eben auch ein mega kreativer Mensch und hat dann in relativ kurzer Zeit das komplette neue Textkonzept für „Eidolon“ aus dem Boden gestampft. Das ist ja auch ein richtiges Konzeptalbum mit einer von Anfang bis Ende durchgehenden Geschichte. Ich kenne sonst niemanden, der das so hätte machen können wie er damals, glaube ich. Und so kam es eben zustande.

DARK FORTRESS (Promofoto „Eidolon“, © Anna Tluczykont/Norudosart)

Ich finde spannend, dass das Album aus meiner Sicht immer merklich anders klang als sein Vorgänger – eher so, als wäre es auf den neuen Sänger zugeschnitten. Nachdem es aber ja das “Scum”-Material ist: Wie kommt es, dass die Songs so viel eingängiger klingen?
“Séance” war ja eine sehr spirituelle Platte und “Scum” hätte ja, wie der Name schon sagt, ein viel direkteres, aggressiveres Album werden sollen, das eher wie ein Faustschlag wirkt … straigher und mehr “in your face”. Darum wurde auch die Musik entsprechend aggressiver und direkter.

Ich finde aber nicht, dass das Album nach einem Faustschlag klingt …
Ja, das stimmt auch. Das habe ich mir insgeheim schon gedacht, als ich die Songs geschrieben habe. Musik und Texte von “Séance” haben einfach perfekt zusammengepasst. Bei “Scum” … jein. Es war nicht unbedingt ein Widerspruch, aber es war nicht wieder so ein “pefect match”.

Morean live mit DARK FORTRESS (Ingolstadt, 2008; © Moritz Grütz/Metal1.info)

Ich glaube tatsächlich, dass das fast ein Widerspruch gewesen wäre: Unter dem Titel “Scum” stellt man sich ja ein richtig dreckiges Album vor, wie du eben sagst: “in your face” – aber “Eidolon” ist am Ende ja eher euer softestes und eingängigstes Album geworden, oder?
Ja, das Eingängigste ja, bei „soft” würde dir sehr widersprechen. Für mich ist es tatsächlich eigentlich unser härtestes Album. Für mich ist “Venereal Dawn” die proggigste und am wenigsten harte Platte. Auf der “Eidolon” sind ganz viele Songs schon echt aggressiv. “Silver Gate” ist zwar unser symphonischster Song und sehr sphärisch, aber er ist trotzdem ein ziemliches Blast-Beat-Monster. “Cohorror” finde ich super aggressiv, “The Unflesh” ebenfalls. Also sagen wir mal so: Die Blast-Beat-Dichte ist auf diesem Album am höchsten.

Spannend. Rein subjektiv hätte ich nicht so wahrgenommen – vielleicht auch, weil der Sound nicht sehr aggressiv ist…
Sie klingt nicht ganz so fett wie “Séance”, leider. Das war mir immer ein Dorn im Auge … aber ich habe es nicht besser hinbekommen. (lacht)  

„Der Sound könnte besser sein
aber die Energie der Songs wirkt total“

Bist du also unzufrieden damit, wie “Eidolon” klingt?
Bei “Séance” war ich zu 100% zufrieden mit dem Sound, bei “Eidolon” so 80% bis 90%. Das habe ich damals irgendwie nicht besser hingekriegt. Ich bin nicht unzufrieden. Ich konnte mir “Eidolon” relativ kurze Zeit später unbefangen anhören und ich höre die auch nach wie vor total gerne. Ich denke mir schon, der Sound könnte besser sein aber die Energie der Songs wirkt total. Also das, was rüberkommen soll an Energie und Power, das kommt total rüber. Deswegen ist der Sound völlig OK weil er der Wirkung der Songs keinen Abbruch tut. Das ist schon gut inszeniert. Aber ich finde “Séance” rein soundmäßig noch ein bisschen geiler. “Eidolon” ist trotzdem eines meiner Lieblingsalben, weil: Diese straighten Songs sind ja nicht billig. Die Songs sind einfach sehr fokussiert, kommen relativ schnell auf den Punkt das gefällt mir daran. Dass es darum auch leichter verdaulich ist, ist halt so, aber das finde ich auch nicht schlimm. Wenn mein Bruder Leute zum Black Metal bringen will, nimmt er als Einstiegsalbum immer “Eidolon”!

Ja, das bringt es gut auf den Punkt: Es ist einfach catchy, nicht so ein sperriger Hassbrocken wie so manches andere Black-Metal-Album …
Ja, also “Séance” war super sperrig, die waren glaub ich echt schwere Kost und schwer zu verdauen. Da ist „Eidolon” sicherlich anders, ja.

Ylem (2010)

Mit dem Nachfolger, “Ylem”, habt ihr da ordentlich gegengesteuert. Wieder deutlich komplexer arrangiert war dieses Album alles, nur nicht „leicht verdaulich“. Ich habe das Gefühl, da stecken viel mehr Ideen drin – sogar zu viele … 
Ja, stimmt, das sehe ich auch so. Die Platte ist eigentlich zu lang.

Ja, wenn man sie ein bisschen kürzer gemacht hätte und ein bisschen kompakter, hätten die einzelnen Parts glaube ich deutlich mehr Wirkung entfaltet …
Das sehe ich auch so. Ich glaube, dass auf „Ylem” einige unserer besten Songs aus unserer Diskographie stehen – aber als Gesamtwerk find ich sowohl “Séance” als auch “Eidolon” stärker, weil „Ylem” einige Längen hat. Es ist eigentlich wirklich genau so, wie du das eben beschrieben hast: Wenn zwei bis drei Songs weniger auf der Platte gewesen wären, dann hätte es das perfekte Album werden können. Es gibt auch ein oder zwei Songs, die ich im Nachhinein tatsächlich gerne umgeschrieben oder gekürzt hätte.

Einer davon ist “Redevider”: Der hat supergeile Ideen, aber wurde tatsächlich zu viert geschrieben. Er basiert auf einem Beat von unserem Drummer Seraph. Morean und er haben das Grundgerüst geschrieben, das klang dann aber einfach nicht nach DARK FORTRESS. Dann habe ich es mit Seraph umarrangiert und dann hatten wir eine Version, die wir beide total geil fanden – die war dann aber unserem Sänger viel zu kurz und kompakt. Dann gab es noch Riffs von Asvargr, und Morean hat damit eine neue, viel längere Version gemacht. Am Ende war es eben ein Kompromiss, weil man zu viert daran gearbeitet hat. Das ist cool, aber im Nachhinein finde ich den Song eigentlich viel zu ausufernd. Ein bisschen bereue ich, dass die kompakte Version, die ich mit unserem Drummer gemacht hatte, nicht erhalten geblieben ist ich finde, dass der Song eigentlich stärker wäre.

„Es ist, in Anführungszeichen, ein ‚Bauernsong'“

V. Santura live mit DARK FORTRESS (Ingolstadt, 2008; © Moritz Grütz/Metal1.info)

Der zweitschwächste Song, den ich persönlich jemals für DARK FORTRESS geschrieben habe, ist für mich “Satan Bled”. Das war der einzige, den ich jemals in nicht nüchternem Zustand geschrieben habe. Ich war hier auch nicht besoffen, ich hatte halt zwei Gläser Wein oder so und habe dann angefangen, an dem Song zu arbeiten. Aber ich merke sofort: Es ist, in Anführungszeichen, ein “Bauernsong”. Dem fehlt, wenn ich ganz ehrlich bin, ein bisschen die Gravitas, die Ernsthaftigkeit, die wirklich profunde Schwere, die viele Songs von uns haben. Der Song ist eher oberflächlich … das stört mich ein bisschen. Was noch dazukommt, ist, dass der Song eigentlich einen anderen Chorus hatte, den ich total geil fand – das war voll das thrashige, punkige Riff. Aber Asvargr fand das dann total scheiße. Dann habe ich das Riff halt doch rausgeschmissen. Aber im Nachhinein denke ich mir: Dadurch hat der Song seine Stringenz verloren. Es gibt im Laufe des Stücks diesen Part, wo dann eben „Satan Bled” darüber gesungen wird, mit dem WahWah-Effekt – das ist ein total geiles Riff. Aber es ist so arrangiert, als ob es der Mittelteil wäre, der C-Part. Im Nachhinein denke ich mir: Warum habe ich das nicht umstrukturiert und das zum Chorus gemacht, dann wäre der Song viel stärker gewesen.

DARK FORTRESS (Promofoto „Ylem“, © Anna Tluczykont/Norudosart)

“Satan Bled” hätte umgeschrieben werden müssen, “Redivider” ein bisschen gekürzt und ein oder zwei Songs hätte man vielleicht einfach weglassen sollen. Dann wäre “Ylem” für mich eigentlich die perfekte Platte gewesen. Interessanterweise ist “Ylem” in den USA unser erfolgreichstes Album. Die Amis reden immer von der „Ylem” … In Europa ist es auch OK angekommen, aber vielleicht hat Century Media das Album anders promotet, oder es war die erste Platte, die in Amerika richtig promotet wurde. Von amerikanischen Fans werde ich jedenfalls oft darauf angesprochen. Ich war im Januar auf einem Konzert in München von ein paar amerikanischen Bands, Goatwhore und Revocation und so weiter. Da war ein Gitarrist, Wes Hauch von Alluvial, der halt der völlige Mörder-Shredder ist – der kannte dann aber auch die “Ylem” und wollte gleich wissen, wie ich das Intro spiele. Da haben wir uns also sogar ein bisschen Respekt bei den Tech-Death-Leuten erarbeitet. (lacht) Vor allem auf dieses Intro-Tapping wird man von Amis immer wieder angesprochen. Das hat irgendwie viele Leute fasziniert … dabei ist es eigentlich ein recht billiger Trick. (lacht)

„Als wir ‚Ylem‘ gemacht haben,
war die Band reif für den Song“

Interessant – weil der auffälligste Song des Albums ist ja eigentlich “Evenfall” mit dem Klargesang im Refrain …
Die Geschichte zu “Evenfall” ist sehr interessant: Der Song ist ziemlich alt … den habe ich geschrieben, als wir “Stabwounds” geschrieben haben. Das hört man dem Song aber nicht an und er hätte wahrscheinlich überhaupt nicht zur Band gepasst. Ich hab den damals einmal kurz im Proberaum angespielt. Unser Drummer ist sofort darauf eingestiegen und fand es geil … die anderen fanden ihn furchtbar. Da habe ich mir gedacht: OK, die Band ist noch nicht so weit. Dann haben wir “Séance” geschrieben, dann “Eidolon” … und als “Eidolon” fertig geschrieben war, habe ich den Song nochmal als Demo aufgenommen und der Band vorgespielt, und da war die Band so weit: Unser alter Sänger war total begeistert und wollte was fürs nächste Album draus machen … aber dann war er ja nicht mehr dabei. Aber als wir dann “Ylem” gemacht haben, also drei Alben später, war die Band reif für den Song.

Morean live mit DARK FORTRESS (Ingolstadt, 2008; © Moritz Grütz/Metal1.info)

Für den Chorus, der ja quasi clean gesungen ist, hatte ich eigentlich eine komplett andere Idee: Eigentlich war für mich dieser Leadgitarren-Part das Entscheidende und ich wollte da recht spärliche Black-Metal-Vocals drüber haben. Aber Morean war anderer Meinung. Ich habe mich da auch erst einmal daran gewöhnen müssen, weil das wirklich überhaupt nicht das war, was ich eigentlich hatte haben wollen, aber im Nachhinein muss ich sagen: Diesen Kompromiss bereue ich überhaupt nicht … da bin ich im Nachhinein sehr froh, dass die Vocals genau so sind wie sie sind.

Aber ich habe drei, vier Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass das, was er da gemacht hat, total genial ist. Ich habe “Evenfall” komischerweise immer als einen Song von vielen gesehen und erst über die Jahre habe ich gemerkt, dass das ein Stück ist, das anscheinend ziemlich herausragt auf der Platte. Dass explizit dieser Song ganz vielen Leuten total viel bedeutet, ist mir so richtig erst auf unserer Abschiedstour bewusst geworden und reingefahren, wo wir den ja immer als erste Zugabe gespielt haben: Es kam wirklich oft vor, dass ich die ersten Töne gespielt habe und die Leute haben angefangen zu schreien, manche haben angefangen zu weinen, teilweise hat die ganze Halle den Chorus mitgesungen … das hat mich ganz schön geflasht.

Da steht man dann auf der Bühne und merkt auf seiner Abschiedstour zum ersten Mal: Scheiße die Musik, die wir erschaffen haben, hat für viele Leute echt große Bedeutung. Das macht mich, selbst wenn ich jetzt nur darüber rede, fast schon wieder melancholisch … auch zu sehen: OK, und das haben wir jetzt aufgeben und aufgehört. Allerdings ist es natürlich auch ein wunderschöner Abschluss, mit dem Gefühl und dem Bewußtsein abzutreten, dass wir etwas geschaffen haben, das uns irgendwie überdauert und das für die Leute wirklich Relevanz hat.

DARK FORTRESS (Promofoto „Ylem“, © Anna Tluczykont/Norudosart)

Über die Abschiedstour-Gefühle sprechen wir später noch, lass uns vorher noch die Alben abschließen: Was siehst du auf dem „Ylem“-Cover?
Für mich sieht eigentlich auf abstrakte Art und Weise aus wie zwei Lungenflügel. Aber ich glaube, da kann jeder reininterpretieren, was er mag. Es ist nicht wirklich greifbar und definierbar, und das ist eigentlich auch ganz geil. Weil wie würde man den Begriff “Ylem” darstellen, was ja ein theoretisches Konzept für das ist, was vor dem vor dem Urknall da war. Wir haben halt diesen Grafikfesigner beauftragt, weil der irgendwie einige extrem geile Bilder hatte. Aber was das genau ist, kann ich dir nicht sagen.

War das Album denn dann textlich auch wieder ein Konzeptalbum?
Wir haben ja darüber geredet, dass viele Alben von uns eigentlich wirkliche Konzeptalben waren, also „Profane Genocidal Creations” war als Konzeptalbum gemacht, im Prinzip war “Stabwounds” ein Konzeptalbum, “Séance” war letzten auch ein Konzeptalbum, „Eidolon” war dann wieder ein Konzeptalbum mit durchgehender Geschichte und allem drum und dran – auch wenn es nicht von vorneherein so konzipiert war.

„Bei ‚Ylem‘ war es mein expliziter Wunsch,
kein Konzeptalbum zu machen.“

Bei “Ylem” war es mein expliziter Wunsch, kein Konzeptalbum zu machen. Das ist immer echt anstrengend und verpasst einem ein gewisses Korsett. Ich wollte bei diesem Album die Freiheit haben, dass wir als Band einfach mal Songs schreiben. Einfach einen einzelnen Song und der ist dann fertig und muss nicht irgendwo in eine Geschichte passen. Das hat uns eine Freiheit geben, das hat uns auch beflügelt … aber es erklärt das Album vielleicht auch ein bisschen: Vielleicht ist das auch mit der Grund, warum es im Ganzen dann nicht so kohärent ist wie die Alben davor … weil wir uns die Mühe nicht machen mussten. Die anderen Alben sind eben wie ein großer Kinofilm, das ist bei “Ylem” nicht so. Das ist eine Ansammlung von geilen Songs. Manche sind geiler als andere und einige davon sind die besten unserer Karriere – aber im Gesamtwerk sind andere Alben stärker.

Venereal Dawn (2014)

Bis “Venereal Dawn” herauskam, sind vier Jahre verstrichen – so viel Zeit wie vor keinem anderen eurer Alben bis dahin. Lag das an deinem Einstieg bei Triptykon, oder was hat euch da eingebremst?
Das lag vor allem daran, dass ich da mein eigenes Studio eröffnet habe. Ich habe das Woodshed Studio im Mai 2008 aufgemacht. Wir haben ab 2008 an “Ylem” geschrieben, da ging aber nicht viel voran. Deshalb habe ich 2009 ein paar Monate freigenommen, wo wir dann ganz intensiv an der Platte geschrieben haben. Und ab dann war ich als Engineer und Producer und Mixing Engineer so viel gebucht, dass es dann einfach länger gedauert hat, meine eigene Musik zu schreiben. Triptykon spielt vielleicht auch eine Rolle, aber es wäre eine billige Ausrede, wenn ich das darauf schieben würde. Es war eher der Job als Producer. Das ist halt leider so, dass du, wenn du den ganzen Tag im Studio sitzt und dir die Musik von anderen Leuten anhörst, nach acht oder zehn Stunden erstmal gesättigt bist und nicht das Bedürfnis hast, “more of the same“ zu machen. Das ist vielleicht auch der Grund, warum ich generell, seit ich das Studio habe, für meine eigenen Sachen viel weniger kreativ bin.

Das heißt, dass du nicht länger an dem Album geschrieben hast, sondern einfach später angefangen hast?
Zumindest hatte ich innerhalb dieser vier Jahre viel weniger Zeit pro Monat dafür übrig. In der Phase, als wir “Séance” und “Eidolon” geschrieben haben, hatte ich teilweise keine Jobs und habe dann einfach nichts anderes gemacht als an diesen Songs zu schreiben. Aber dann war ich auf einmal sehr, sehr beschäftigt und hatte einfach viel weniger Zeit für DARK FORTRESS. Die letzten Songs, die ich für „Ylem“ geschrieben habe, waren eigentlich die fettesten Teile der Titeltrack, “Osiris”, “As The World Keels Over” und so … da lief es so gut, dass ich eigentlich gern noch ein, zwei Songs rausgeschmissen und stattdessen einen neuen geschrieben hätte. Da bin ich dann ein bisschen ausgebremst worden. Aber da war ich eigentlich in einem Flow und hätte ich gern direkt weiter Songs geschrieben. Dann war das Momentum leider weg und ich habe etwa so zwei Jahre überhaupt nichts geschrieben. Die erste brauchbare Idee ist mir dann erst wieder im Sommer 2012 gekommen: Das war für “On Fever’s Wings”. Das war die Initialzündung.

“Sorry Dude, das ist … not good enough“

Dazwischen hatte ich eine Zeit lang eine leichte Schreibblockade. Bevor wir die Platte gemacht haben, habe ich gemerkt: Zwischen Tür und Angel Songs schreiben, oder nach Feierabend, das hat keinen Sinn – ich muss mir einfach mal zwei Wochen blocken. Ich hab mir dann im November, 2011 oder 2012, zwei Wochen am Stück freigenommen und habe zwei Wochen lang an einem Song geschrieben – jeden Tag locker acht Stunden – und habe mich da irgendwie in dieses Ding verrannt. Nach diesen zwei Wochen habe ich gemerkt: Der Song hat total geile Ideen aber es war einfach kein fertiger Song. Ich hab das dann den anderen vorgespielt und Paymon, unser Keyboarder, fand den supergeil. Aber alle anderen waren eher so: “Sorry Dude, das ist … not good enough.” Und ich habe mir gedacht: Ihr habt leider Recht! Aber es war ziemlich demotivierend, 80 oder 100 Stunden in einen Song zu investieren und am Ende schmeißt du ihn einfach weg.

DARK FORTRESS (Promofoto „Venereal Dawn“, © Christian Martin Weiss)

Stilistisch empfinde ich zwischen “Ylem” und „Venereal Dawn” einen weiteren extremen Bruch. Wie würdest du das Album beschreiben?
Meiner Meinung nach und Morean sieht das auch so ist “Venereal Dawn” unser proggigstes Album geworden. Für Morean ist das Album sogar das absolute Highlight unserer Diskografie. Für mich nicht … ich bin mit der Platte latent unzufrieden, weil sie nicht exakt das geworden ist, was ich im Sinn hatte. Mir fehlt an ein paar Stellen die Härte. Als wir die Platte geschrieben haben, gab es auch noch mindestens zwei Songs, die extrem hart waren, also wirklich total brutal “in your face” …

Bis inklusive “Ylem” haben wir im Prinzp immer alles, was wir geschrieben haben, auch auf das Album genommen und veröffentlicht. Für “Venereal Dawn” wurden einige Songs geschrieben, die nie veröffentlicht wurden. Es gibt sogar zwei Songs, die komplett aufgenommen sind, aber nie veröffentlicht wurden. Das wäre vielleicht mal noch eine Überlegung wert, die noch fertigzumachen … aber es gab ja auch einen Grund, warum diese Songs nicht veröffentlicht wurden.

„Es ist vielleicht ein bisschen zu viel
proggiges, fluffiges Zeug drauf“

Der eine war wahrscheinlich wirklich einfach nicht stark genug. Der war ein bisschen billig, deswegen wurde der zu Recht abgeschossen. Aber der andere, der auch ziemlich „in die Fresse“ war, da muss ich im Nachhinein sagen: Da hätte ich mich durchsetzen müssen. Ich finde, der Song ist super stark. Unser Drummer war nicht ganz überzeugt und Asvargr irgendwie auch nicht. Damit waren halt schon zwei Leute dagegen … dann kommt er halt nicht aufs Album. Ich habe den dann irgendwann später unserem Sänger und unserem Keyboarder vorgespielt und die waren beide so: “What the fuck, das ist total geil das Stück und wieso soll das nicht nach DARK FORTRESS klingen, das wäre ein super geiler Song gewesen!” Jedenfalls ist für mich auf “Venereal Dawn” dann einfach die Gewichtung nicht ganz richtig … mir fehlt ein bisschen die Härte, und es ist vielleicht ein bisschen zu viel proggiges, fluffiges Zeug drauf. Aber trotzdem finde ich auch viele der Songs gut. Aber es ist nicht mein Lieblingsalbum.

DARK FORTRESS (Promofoto „Venereal Dawn“, © Christian Martin Weiss)

Das Cover schaut ziemlich true aus … warum habt ihr ausgerechnet für euer proggigstes Album ein so dytopisches Gemälde ausgewählt?
Das resultierte aus dem Textkonzept von Morian, der da eine ganz klare Geschichte geschrieben hatte. Er hat einen guten Bekannten, Daniel van Nes, der ein richtiger Künstler ist und eben auch mit entsprechend mit Pinsel auf Leinwand malen kann. Den hat er beauftragt und ihm genau geschildert, was er gerne hätte. Es war also eine Auftragsarbeit von einem echten Künstler, der nicht mit Photoshop oder digital arbeitet, sondern mit Pinsel und Leinwand … und das kam eben dabei raus.

„Die Emotionen, die ich in der Musik sehe,
würde ich grafisch teilweise anders darstellen.“

Aber findest du, das Bild repräsentiert die Musik des Albums perfekt, also findest du, es passt wirklich?
Wenn ich ganz ehrlich bin: Jein. Ich finde, das passt perfekt zu den Texten. Die Ausstrahlung der Musik sehe ich tatsächlich ein bisschen anders – vor allem die Farbgebung. Deswegen war es mir beim letzten Album total wichtig, mich auch wieder in das Layout und Farbedesign zu involvieren. Bei „Venereal Dawn” habe ich eigentlich alles unseren Sänger machen lassen und wenig Input gegeben. Im Nachhinein denke ich mir: Ja, die ganze Grafik repräsentiert die Texte sehr gut, aber die Emotionen, die ich in der Musik sehe, würde ich grafisch teilweise anders darstellen. Das passt nur bedingt. Also ich kann damit gut leben, aber es ist nicht so perfekt zusammengehörig, wie es sein könnte.

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Beispielsweise hatten wir zu dem Song “Chrysalis” einen Videoclip gemacht … recht artsy, mit einem abstrakten, modernen Tanz, der den Text repräsentiert: Der Protagonist verpuppt sich und entledigt sich seiner Menschlichkeit – das wird da dargestellt. Die Band kommt gar nicht vor. Für mich ist der Song musikalisch aber eigentlich mit der melancholischste Song und eigentlich sehr atmosphärisch und auf eine gewisse Art und Weise schön. Wir haben ja auch Songs, die dreckig und greislich sind, aber der Song ist für mich wirklich schön und melancholisch. Das Video passt genau auf den Text, aber das ist eigentlich total verstörend und irgendwie eklig. Darum bin ich mit dem Video überhaupt nicht glücklich, weil das für mich emotional das genaue Gegenteil dessen ist, was in der Musik drin steckt.

Paymon (Promofoto „Eidolon“, © Anna Tluczykont/Norudosart)

2014 ist euer Keyboarder Paymon ausgestiegen, 2018 dann euer Bassist Draugh. Habt ihr da schon mal überlegt, die DARK FORTRESS aufzulösen?
Als Paymon ausgestiegen ist, noch nicht. Um ehrlich zu sein, war Paymon schon lange nicht mehr stark in die Band involviert gewesen. Sein Ausstieg hat also auch am Songwriting oder so nichts geändert. Er hatte ja auch nur noch die Einzelshows gespielt; bei den ganzen Touren war er ja eh schon nicht mehr dabei, sondern Phoenix als Sessionmitglied. Insofern war das eigentlich eine logische Konsequenz. Als dann Draugh ausgestiegen ist … da hat dann halt schon was gefehlt. Also auch bei Paymon, weil er halt eine völlig abgefahrene Bühnenpräsenz hatte, aber Phenex hat dafür eine neue Frische und Motivation in die Band gebracht, was dem Ganzen eigentlich gut getan hat.

„Da hat man schon gemerkt:
Jetzt fangen wir an, auseinanderzufallen.“

Aber wenn man DARK FORTRESS all die Jahre mit Draugh am Bass live gesehen hat, muss man einfach sagen: Er war schon ein Energiezentrum auf der Bühne er hatte einfach so eine unglaubliche physische Präsenz in seiner Performance, dass er eigentlich nicht zu ersetzen ist. Es ist natürlich super cool, dass wir alle weiteren Shows mit Michael Zech gespielt haben, der ja ein sehr guter Freund der Band ist und der absolut beste Ersatz war, den wir nehmen konnten, aber dass Draugh ausgestiegen ist … ja, da ging es wahrscheinlich los. Da hat man schon gemerkt: Jetzt fangen wir an, auseinanderzufallen.

Spectres From The Old World (2020)

Aber trotzdem habt ihr euch noch einmal aufgerafft und ein weiteres Album geschrieben …
Die Entscheidung, dass wir uns auflösen, wurde konkret vor dem Aufnahmen von “Spectres From The Old World” gefällt, Ende 2019, Anfang 2020. Also gar nicht so viel später. Weil wir dann eben gemerkt haben: Jetzt fängt es an, dass die Band auseinanderbröckelt, jetzt fällt einer nach dem anderen weg. Man hat auch gemerkt, dass Seraph, unser Drummer, musikalisch eigentlich was ganz anderes machen will – und ich meine, Seraph, Draugh und ich sind ja gemeinsam in die Band eingestiegen. Aber er wollte keinen extremen Metal mehr spielen – nur ist DARK FORTRESS eben eine Black-Metal-Band und ich wollte keinen krassen Stilbruch. Dann haben wir gemerkt, dass er sich mit den Songs von “Spectres” nicht mehr identifizieren konnte … das war ja dann wesentlich weniger proggig als die beiden Alben davor und ging stilistisch ja eigentlich einen Schritt zurück, wieder mehr in Richtung “Eidolon” und “Séance”.

Er hat dann alternative Drummings entworfen, wo ich meinte: Sorry, aber das sind dann einfach nicht mehr die Songs. Am Ende haben wir dann entschieden, dass er die Songs einspielt, mit denen er sich identifizieren kann, und für die extremeren Metal-Songs hat er angeboten, Hannes [Grossmann, A. d. Red.] zu fragen, weil der der perfekte Drummer dafür sei. Und das hat auch gestimmt: Hannes war der perfekte Drummer dafür also haben wir es so gemacht. Ich selbst war bei dem Album noch mal wirklich inspiriert und ich bin total happy mit der Platte und finde, das ist eine unserer besten … für mich ist “Spectres” in den Top 3. Aber ich hatte schon beim Schreiben des Albums, was sich wirklich lange hingezogen hat, ganz, ganz klar das Gefühl, dass das nun das letzte Mal ist, dass ich mit dieser Band ein geiles Album machen kann. Ich dachte mir: Das geht, dieses Mal kriegen wir das noch hin, aber mein komplettes Bauchgefühl sagt mir: Das ist das letzte Mal zumindest mit dieser Gruppe an Leuten.

„Aber da habe ich auch gemerkt:
Nochmal kriegen wir das nicht hin“

Fiel es dir deshalb leichter oder schwerer, die Songs zu schreiben?
Also wie gesagt, ich war mit der Platte total glücklich und sie ist mir sehr leicht von der Hand gegangen. Oder uns ich habe ja nicht alles geschrieben. Wobei bis auf bis auf “Swan Song” und das Outro diesmal tatsächlich die ganze Musik von mir ist. Es gab da eine Phase, 2015, wo ich fünf oder sechs Songs am Stück geschrieben habe und zwar genau in der späteren Albumreihenfolge. Das Album wurde also exakt chronologisch so geschrieben. Das erste Stück, das ich geschrieben habe, war der Opener, und dann habe ich mir gedacht: OK, was wäre jetzt geil, was müsste jetzt nach diesem Stück für eine Art von Song kommen? Das war dann eben “Spider In The Web”. Dann war der fertig und ich dachte mir: OK, jetzt müsste so ein Beat kommen, und dann ging es eigentlich ganz schnell. Deswegen hat die Platte auch wieder so einen geilen großen Bogen und funktioniert als Ganzes, weil sie vom Anfang her so geschrieben wurde. Das fiel mir viel einfacher als bei den zwei oder sogar drei vorangegangenen Alben, weil die Songs ganz natürlich kamen. Ich musste mich überhaupt nicht dazu zwingen.

DARK FORTRESS (Promofoto „Spectres From The Old World“, © Markus Laakso)

Aber da habe ich auch gemerkt: Nochmal kriegen wir das nicht hin und dann ist es ehrlicher und fairer, zu sagen, man merkt es und hört auf, solange man noch was zu sagen hat … solange man noch ein wirklich signifikantes und geiles Album machen kann. Es ist einfach viel besser, sich so zu verabschieden, als noch ein halbgares Album zu machen und dann bröckelt alles auseinander. Wir hatten dann ja eigentlich für 2020 schon die Abschiedstour geplant. Das Album kam am 28. Februar 2020 raus. Wir hätten vier Release-Shows Ende März gehabt und im Prinzip wäre dann genau die Tour, die wir jetzt gespielt haben, für Herbst 2020 geplant gewesen. Aber wir wollten, als die Platte rauskam, nicht öffentlich machen, dass das unser Abschiedsalbum ist einfach, weil wir von der Platte sehr überzeugt waren und weil wir nicht wollten, dass das für die Leute dann einen faden Beigeschmack bekommt. Und wir wollten unbedingt vermeiden, dass die Platte in dem Mindset rezensiert wird: Die Band will ja gar nicht mehr. Darum wollten wir damit  erst nach der ganzen Album-Promotion an die Öffentlichkeit treten. Dann kam Corona und so hat das dann irgendwie drei Jahre gedauert, bis wir der Öffentlichkeit mitgeteilt haben, dass wir aufhören.

„Im Prinzip waren die ganzen Songs
nur in meinem Kopf“

Phenex (Promofoto „Spectres From The Old World“, © Markus Laakso)

“Dauer” ist ein guter Punkt, das Album hat ja sechs Jahre auf sich warten lassen – nochmal länger als der Vorgänger. Woran lag das?
Wie gesagt, ich hatte eigentlich 2015 einen großen kreativen Boost. Danach hatte ich sieben Songs fertig … aber dann hatte ich zwei Jahre lang nicht die Zeit und Energie, mich hinzusetzen und diese Ideen im Sinne einer Vorproduktion festzuhalten. Im Prinzip waren die ganzen Songs nur in meinem Kopf – und vielleicht noch als ganz rudimentäre Skizzen irgendwie kurz ins Diktiergerät vom Smartphone reingespielt. Normalerweise habe ich für meine Demos oder Vorproduktionen immer sofort alle Gitarren und Stimmen eingespielt und Drums als Guideline programmiert und die ganzen Keyboardarrangements und so weiter gemacht. Aber das ganze Material hab ich zwei Jahre lang nur in meinem Schädel mit mir herumgetragen. Eigentlich völlig bescheuert … und auch belastend.

Aber es war nie ein Break da. Ich habe eigentlich wahrscheinlich zu viel gearbeitet, und wenn ich mal ein paar Tage frei hatte, hatte ich sofort im Kopf: Du müsstest dich jetzt eigentlich hinsetzen und deine Songs aufnehmen! Dass ich das Gefühl hatte, dass DARK FORTRESS gerade schuld ist, dass ich nie abschalten kann, hat es mir dann auch verleidet. Irgendwann hat mir Phenex, Keyboarder, dann quasi die Pistole auf die Brust gehalten und gesagt: Ich buche jetzt Flüge er hat damals schon in Norwegen gewohnt – wann hast du Zeit? Geht September, dann komm ich für zehn Tage und dann nimmst du mal deine fucking Demos auf. Irgendwie habe ich da einen Arschtritt gebraucht. Im Endeffekt habe ich da eineinhalb oder zwei Jahre ungenutzt verstreichen lassen.

„Nach diesen Recordings hatte ich wieder Bock“

Seraph (Promofoto „Spectres From The Old World“, © Markus Laakso)

Im September 2017 haben wir dann die sieben Songs aufgenommen, die ich hatte. Davon ist Song Nummer 6 rausgeflogen, aber die erste Vinyl-Seite war komplett fertig – und “In Deepest Time”. Nach diesen Recordings hatte ich wieder Bock und hab noch zwei Songs geschrieben, “Isa” und “Pulling At Threads” das waren quasi die letzten beiden Songs, die ich für DARK FORTRESS geschrieben habe. Ich halte die auch mit für die stärksten Songs auf der Platte. Das war dann Ende 2017 … und warum ist die Platte dann erst 2020 rausgekommen? Naja, mir hat dann noch ein Song von Asvargr gefehlt, der hat ja auch Ideen gehabt, dann haben wir daran noch gearbeitet, dann war es Frühjahr 2018 und wir haben die Recordings geplant. Dann konnte aber unser Drummer nicht und ich auch nicht, darum haben wir dann den Plan gefasst, Anfang 2019 mit den Aufnahmen anzufangen.

Dann hat allerdings unser Drummer beschlossen, dass er aussteigt, beziehungsweise nur die Hälfte der Platte einspielt, also haben wir den nächsten Teil der Drum-Recordings im Februar gemacht. Anfang 2019 bin ich persönlich noch ein bisschen durch eine schwere Zeit gegangen, dann kam das Triptykon-Requiem, das war auch aufwendig, und schon war es April. Ich habe alle Gitarren eingespielt und dann hat es wieder ein paar Wochen gedauert bis unser Sänger Zeit hatte, dann war es Sommer und beziehungsweise bei der zweiten Vocal-Session dann September. Ja, und dann war das Ding Ende November gemischt und es hat entsprechend lang gedauert, bis das Album veröffentlicht werden konnte.

DARK FORTRESS im Mai 2023 in München
Seraph mit DARK FORTRESS (München, 2023; © Afra Gethöffer-Grütz/Metal1.info)

„So ist das eben, wenn man als Band
so weit auseinander lebt“

Also wir hätten uns sicherlich zwei Jahre sparen können dieser Durchhänger zwischen 2015 und 2017 war sicherlich unnötig. Aber danach war es unter den gegebenen Umständen eigentlich gar nicht möglich, das irgendwie schneller zu machen. Alle paar Wochen oder alle paar Monate ist wieder ein wichtiger Schritt passiert, anders ging das nicht. So ist das eben, wenn man als Band so weit auseinander lebt. Aber das ist ja auch ein Zeichen, wenn man sieht: OK, es ist einfach so sauschwer, mit dieser Band was zu machen … wenn der Schlagzeuger in einem anderen Land wohnt und der Sänger in einem anderen Land und der Keyboarder. Wenn die Key-Members immer erst in ein Flugzeug steigen müssen, um überhaupt irgendwie zusammenzukommen, macht das das ganze Unterfangen einfach irgendwann schwer.

Da habe ich großen Respekt davor, dass ihr das überhaupt über eine so lange Zeit gemanagt bekommen habt …
Es ist genau, wie Morean ja dann auch in unserem Abschluss-Statement geschrieben hat: “After 23 years of refusing to give up…” (lacht) Wir haben es einfach ganz, ganz lang auch gegen alle Widrigkeiten durchgezogen. Aber irgendwann kann man dann nicht mehr. Irgendwann geht einem die Kraft aus. Die Band ist nicht etwa daran zerbrochen, dass wir uns persönlich oder zwischenmenschlich nicht mehr verstanden hätten der Vibe auf der Tour war auch supergeil und es liegt auch ganz bestimmt nicht daran, dass wir diese Musik nicht mehr geil finden oder nicht mehr gerne spielen … ganz im Gegenteil: Ich war Feuer und Flamme für das letzte Album und fand auch unsere Shows geil.

Das Problem war eher die große räumliche Distanz und dass es einfach immer schwieriger wurde, irgendwas mit DARK FORTRESS zu machen, weil die Routine gefehlt hat. Wenn du als Band jeden Monat einen Gig spielst, dann bist du immer in Routine. Wenn du aber ein halbes Jahr oder ein Jahr lang nichts gemacht hast, dann hast du das Problem, dass du dir wieder alles beibringen musst. Man musste sich jedes Mal wieder neu in Form bringen. Du musst dich treffen, mehrere Tage intensiv proben und dann spielst du eine Show. Unser Sänger kommt aus Holland, der braucht dann noch einen Anreisetag. Dann die Tage fürs Proben, ein Anreisetag zum Gig, du spielst den Gig, ein Rückreisetag … das sind sechs Tage quasi unbezahlter Urlaub.

DARK FORTRESS (Promofoto „Spectres From The Old World“, © Markus Laakso)

Und dann ist er vielleicht gerade dabei, ein riesiges Orchesterstück zu komponieren und wird da rausgerissen und kann sechs Tage nicht daran weiterarbeiten, ist in einer komplett anderen Welt. Mir ging es ja auch immer so: Ich mache einen Albummix und dann kommt DARK FORTRESS daher. Das ist dann zwar schon irgendwie geil, wenn mans macht, aber man ist dann in einem komplett anderen Mindset. Einzelgig-Anfragen waren darum immer eher anstrengend als dass man sich darüber gefreut hätte … so wurde das dann mehr und mehr zur Belastung.

„Wenn wir mehr gespielt hätten,
wäre jeder Gig cool gewesen“

Ich glaube, wenn wir einfach mehr gespielt hätten, wäre das nicht so das Problem gewesen. Dann wäre jeder Gig cool gewesen. Triptykon ist zum Beispiel eine Band, mit der wir jetzt auch nicht wahnsinnig viel spielen, aber es passiert trotzdem viel mehr. Da weiß ich: OK, jetzt haben wir ein paar Monate nicht gespielt, aber ich schaue mir vorher höchstens ein paar Parts nochmal an, aber ich muss mir das Zeug jetzt nicht wieder neu beibringen. Und dann spielen wir im Proberaum die ersten paar Takte und ich denke mir jedes Mal wieder: Wow, ist das heavy, wow, ist das geil, wow, ist das fett. Bei DARK FORTRESS war das Fazit der ersten Bandprobe eigentlich immer: Oh Gott, wir klingen ja grauenhaft. Bei der zweiten Bandprobe war es dann immer, als wäre nie etwas gewesen da war alles wieder da und wir haben super gut geklungen. Aber natürlich ist DARK FORTRESS für mich auch schwerer zu spielen.

DARK FORTRESS 2023 (© Anne Swallow)

Uns hat bei diesen ganzen Einzelshows immer eine gesunde Routine gefehlt dass man auf der Bühne steht, sich fallen lassen kann und denkt: Geil, ich genieße jetzt die Show. Stattdessen du bist ganze Zeit im Kopf total fokussiert. Das ist wahnsinnig anstrengend und du bist eigentlich froh, wenn du wieder von der Bühne runter bist. Diese fehlende Routine, die große Distanz – dass wir so weit auseinander wohnen – und dass die Band deswegen auch angefangen hat zu bröckeln … das alles war dann eben ausschlaggebend dafür, dass wir gesagt haben: Lasst uns jetzt aufhören. Und natürlich hat sich auf der letzten Tour dann nach drei, vier Shows genau diese Routine, die mir immer so gefehlt hat, eingestellt. Für mich war es genau die vierte Show, in Belgien, wo ich dann auf der Bühne stand und mir gedacht habe: Ja, jetzt war’s geil, jetzt hat es Spaß gemacht. Wenn es immer so wäre, gäbe es keinen Grund, aufzuhören.

„Wieso hören wir jetzt auf, wo es endlich geil ist?“

Es war mir da schon klar, dass man sich wahrscheinlich am Ende der Tour denkt, so, ja jetzt läuft’s, jetzt sind wir eine geölte Maschine, jetzt spielen wir geile Gigs, jetzt bin ich zufrieden damit, wie das klingt … wieso hören wir jetzt auf, wo es endlich geil ist? Aber eigentlich ist es ja schön, dass man nach dem letzten Gig von der Bühne geht und sich denkt: Ja, wir haben geil gespielt, wir haben eine geile letzte Tour gemacht, wir können in Würde mit einem Highlight abtreten statt dass man denkt: Ja es war eh scheiße, gut dass wir aufhören.

DARK FORTRESS im Mai 2023 in München
Crom live mit DARK FORTRESS (München, 2023; © Afra Gethöffer-Grütz/Metal1.info)

Zum Genießen der Show noch eine Frage: Bei eurem allerletzten Konzert hast du ja einen Song nicht mitgespielt, weil Crom einen Gastauftritt als Gitarrist hatte. Das war vermutlich das erste Mal, dass du deine eigene Band aus der Perspektive des Betrachters gesehen hast …?
Ganz genau, und das war absolut geil. Ich bin total dankbar für diese Erfahrung und vor allem war es halt glücklicherweise genau in dieser Venue, der Backstage Halle, wo es ja von der Bühne auf einen Balkon hoch geht. Ich stand ein paar Sekunden neben der Bühne und dann dachte ich mir: Ich glaube, das läuft jetzt schon, da muss ich nicht neben der Bühne stehen – jetzt gönne ich mir einmal den Luxus und schau mir mal meine eigene Band live an.

Ich bin da oben dann direkt in Seraph und Draugh reingelaufen, wir haben uns umarmt … das hat mich total geflasht. Auch einfach mal DARK FORTRESS aus Publikumssicht zu sehen. Das war wirklich wie so eine Art Astralreise. (lacht) Aber es hat mich auch total beruhigt. An dem Tag war der Monitorsound zwar schon in Ordnung, aber er war jetzt auch nicht super geil. Und natürlich hat man auf der Bühne oft einen sehr funktionalen Sound: Ich brauche beispielsweise die Bassdrum sehr laut, aber dafür höre ich von den Toms oft nicht so viel … bei Drumrolls aus Toms und Bassdrum höre ich nur ein paar Schläge davon, darum klingt das dann ein bisschen eckig der Drumsound auf der Bühne ist einfach nicht ausgewogen. Und dann höre ich das Dumming über die PA und denke mir: Wow, klingt das geil. Da hab ich dann nochmal gemerkt: Der Hannes hat schon auch einen tierischen Sound und spielt sowas von präzise und geil … über die PA klang das einfach musikalisch.

„Da war ich schon stolz auf meine Jungs“

Und ich habe gemerkt, dass ich die Leads von Crom zwar gut höre, aber nicht so unter dem Elektronenmikroskop wie auf der Bühne, wo man dann halt jede kleine Unsauberkeit im eigenen Spiel heraushört. Im Gesamtsound verschwimmt das ein bisschen … und da dachte ich mir: Entspann dich – es ist echt geil, wie die Band aussieht! Da war ich schon stolz auf meine Jungs. (lacht) Bis zu dem Song war ich relativ angespannt, aber ab dem Moment, als ich nach “Crimson Tears” wieder zurück auf die Bühne gekommen bin, war ich total locker und habe mich dann auch fallen lassen können, weil ich wusste: Es ist alles gut. Diesen einen Song nicht mitzuspielen, das war eine der besten Sachen, die mir jemals passiert ist. Da bin ich wirklich total dankbar für. Das einfach so zu sehen und auch einfach mal aus Publikumssicht zu sehen, was Paymon da zum Beispiel auf der Bühne abzieht. Man macht auf der Bühne sonst ja eher sein eigenes Ding. Aber da dachte ich mir: Ach deswegen finden den immer alle so krass! Das ist ja völlig geil, wie der aussieht. (lacht)

DARK FORTRESS im Mai 2023 in München
Paymon und Morean live mit DARK FORTRESS (München, 2023; © Afra Gethöffer-Grütz/Metal1.info)

Ein Blick in die Glaskugel

Also die Entscheidung, aufzuhören, ist trotz dieser positiven Erfahrungen unumstößlich geblieben? 
Das Witzige ist das halt echt, dass ein, zwei Tage nach der letzten Show ein Angebot reinkam, in Mexico City zu spielen. Wir haben immer gesagt: Es ist so bitter, dass wir nie in Mexiko gespielt haben, weil wir aus der Facebook-Statistik wissen, dass es keinen Ort auf der Welt gibt, wo wir mehr Fans haben als in Mexico City. Wir haben über 5.000 Follower auf Facebook nur aus der einen Stadt! Die letzte Show war Sonntag, ich bin sowieso erst am Montag heimgekommen und am Dienstag kam das Angebot für Mexico City. Aber es war halt auch irgendwie so ein halbgares Angebot, so dass finanziell dann halt auch nichts übrig bleibt.

DARK FORTRESS im Mai 2023 in München
Asvargr live mit DARK FORTRESS (München, 2023; © Afra Gethöffer-Grütz/Metal1.info)

Und es stand tatsächlich auch noch eine USA-Tour im Raum, wo man auch sagt: Ja, das wäre natürlich schon reizvoll, das noch zu machen. Aber andererseits ist das Risiko, dass eine US-Tour zur Katastrophe wird, leider sehr groß. Ich habe kurz nochmal mit unserem Sänger darüber geredet und wir haben gesagt: Neet, lass uns das nicht machen. Jetzt haben wir wirklich in einem guten Gefühl aufgehört und wenn man das jetzt doch nochmal irgendwie verlängert, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass es in einer Katastrophe endet, schon groß. Wir haben ja auch schon Experimente gemacht … wir haben zum Beispiel irgendwann mal versucht, einen Gig in Ägypten zu spielen, der dann zu einer totalen Katastrophe wurde. Bevor man mit sowas aufhört, doch lieber so, wie es jetzt ist.

„Das ist in gewisser Art und Weise jugendliche Musik“

Aber würdest du kategorisch ausschließen, dass DARK FORTRESS in ein paar Jahren doch noch mal was machen?
Kategorisch würde ich es nicht ausschließen. Aber ich finde die Bands immer so lächerlich, die sagen, jetzt lösen wir uns auf und machen unsere große Abschiedstour, und dann spielen sie wie die Scorpions zehn Jahre und drei Alben später immer noch ihre Abschiedstour. Kiss haben auch schon in den 1990ern aufgehört … also sag niemals nie, aber ich halte es aktuell nicht für wahrscheinlich, um ehrlich zu sein. Es ist, blöd gesagt, auch eine Musik … ich finde, Alben wie “Stabwounds” oder “Eidolon” … das ist in gewisser Art und Weise jugendliche Musik. Genauso geht es mir auch mit vielen Thrash Bands aus den Achtzigern, wo ich mir denke: Also Slayer, das klingt halt irgendwie super authentisch, wenn du 20 oder 30 bist, aber später find ichs irgendwie nicht so ganz stimmig …

DARK FORTRESS im Mai 2023 in München
V. Santura mit DARK FORTRESS (München, 2023; © Afra Gethöffer-Grütz/Metal1.info)

Ich kann mir beispielsweise auch nicht vorstellen, dass man als Schlagzeuger mit 60 Jahren noch “Silver Gate” spielen kann. Wir sind zwar noch keine alten Säcke, aber in zehn Jahren sind wir dann langsam an der Grenze, dass wir eben auch nicht mehr die Jüngsten sind. Extremer Metal hat ja schon auch eine gewisse sportliche Komponente. Wenn Lionel Messi mal seine Karriere beendet, fragt man den ja auch nicht, ob er sich ein Comeback in zehn Jahren vorstellen könnte, weil dann einfach die Zeit dafür vorbei ist. Das ist auch ein Bisschen meine Befürchtung … ich weiß nicht, ob in zehn Jahren oder auch in fünf Jahren überhaupt noch die Zeit für DARK FORTRESS ist – ob wir dann, plakativ oder blöd gesagt, nicht einfach zu alt sind für den Scheiß. (lacht) Das sagt der Tom [Warrior, A. d. Red.] ja auch ab und zu …

… aber der ist ja ein gutes Beispiel dafür, dass man das so lange machen kann!
Richtig, aber ich finde, dass sich Toms Musik mit Triptykon auch in eine Richtung entwickelt hat … das ist keine Musik, die „jugendlich“ klingt. Das ist sehr reife Musik, die eine gewisse Würde und majestätische Aura hat, wo ich es absolut OK finde, die mit 60 noch auf der Bühne zu spielen. Das ist überhaupt kein Widerspruch. Ich will das auch keiner Band absprechen, weil im Prinzip sind alle älteren Thrash-Bands oder alle härteren Metal-Bands, die von Anfang an dabei sind, jetzt natürlich langsam 60. Und solange es noch irgendwie Arsch tritt und geil ist, sollen die auch bitte weitermachen. Aber wahrscheinlich war der Thrash Metal dieser Bands trotzdem überzeugender, als sie in ihren Zwanzigern waren, als von dickbäuchigen, ergrauten Herren.

„Auf der Tour habe ich schon wieder Feuer gefangen“

DARK FORTRESS im Mai 2023 in München
V. Santura mit DARK FORTRESS (München, 2023, © Afra Gethöffer-Grütz/Metal1.info)

Letzte Frage, natürlich nichts weniger als der Blick in die Glaskugel: Welche Pläne verfolgst du musikalisch? Du wirst ja hoffentlich nicht aufhören, Musik zu schreiben … hast du Bestrebungen, eine neue Band oder ein Soloprojekt zu starten?
Ich weiß es noch nicht, aber ich muss natürlich sagen: Auf der Tour habe ich schon wieder Feuer gefangen und habe eigentlich wieder Bock, einfach wieder mehr Gitarre zu spielen. Ich meine, ich habe ja mit Triptykon noch eine Band, da passiert aktuell sehr viel und das hat mich auch davor bewahrt, in ein Loch zu fallen. Die Gefahr war nach der DARK-FORTRESS-Tour schon da. Ein oder zwei Tage später war ich dann auch mal ganz kurz echt ziemlich melancholisch. Aber ich bin am Montag heimgekommen und wusste: Am Freitag ist Bandprobe mit Triptykon und die Woche drauf sind wir Headliner auf dem Rock Hard Festival … was ja dann auch nicht unbedingt schlecht ist, wenn man da vor ein paar tausend Leuten auf der Bühne steht. Das hilft ganz gut gegen das Gefühl “Ich armer, mein Leben als Musiker ist vorbei” … ja, nein, ist es nicht. Alles gut. (lacht) Aber darum ist es schon sehr geil, dass wir mit Triptykon genau dieses Jahr ein paar sehr sehr fette Shows spielen und hoffentlich dann ab Herbst auch wirklich das neue Album schreiben. Das ist die Idee – das heißt, da passiert schon was.

Ansonsten spiele ich ja noch in einer anderen Band, die allerdings stilistisch ganz weit weg ist von dem, was ich mache, und wo ich auch keine Songs geschrieben habe: Rootbrain aus Finnland. Da kommt tatsächlich exakt heute unser Debütalbum “Breakwater” raus. Wir nennen die Musik “Black Grunge”. Ich habe leider das Gefühl, dass die Band bei Leuten, die Fans von meiner Musik sind oder die DARK FORTRESS geil fanden, teilweise gar nicht gut ankommt. (lacht) Das ist auch OK – aber es ist eine geile Band und mir macht das Spaß.

„Es würde mich schon sehr wundern, …“

Aber natürlich wird irgendwann der Zeitpunkt kommen, wo ich auch wieder eigene Songs schreiben werde. Was das dann genau wird, das weiß ich nicht. Ich bin ja auch bei DARK FORTRESS eingestiegen und musste mich da an eine gewisse Vorgabe halten. Natürlich habe ich irgendwann immer mehr und mehr Freiheiten erarbeitet und das Korsett wurde sozusagen immer weiter. Trotzdem wäre es für mich wahrscheinlich cool, mich einfach mal hinzusetzen und Musik zu schreiben – und einfach mal zu schauen, was aus mir herauskommt, ohne mich in eine Vorgabe pressen zu müssen. Wann das passiert, weiß ich nicht … vielleicht mache ich schon im Sommer was, vielleicht brauche ich noch ein oder zwei Jahre. Das muss sich jetzt alles erst einmal setzen bei mir. Auf eine gewisse Art und Weise muss ich den Split von DARK FORTRESS natürlich auch erst einmal verdauen und verarbeiten. Aber ich habe schon das Gefühl, dass die Lust und das Feuer, wieder Musik zu schreiben so wie es eben auch war, als ich die “Spectres” geschrieben habe , dass das langsam wieder kommt und dass ich dann was machen will. Aber was das dann genau sein wird … da habe ich ehrlich gesagt noch überhaupt keine Ahnung. Ich werde wohl erst einmal ein paar Songs schreiben, und dann – aber eben auch erst dann werde ich die entsprechenden Leute fragen, bei denen ich mir denke: Ja, das sind genau die richtigen dafür. Aber sagen wir mal so: Es würde mich schon sehr wundern, wenn ich in meinem ganzen Leben nie wieder Musik mit Morean zusammen machen würde …

DARK FORTRESS im Mai 2023 in München
Morean mit DARK FORTRESS (München, 2023; © Afra Gethöffer-Grütz/Metal1.info)

Eine Wiederbelebung von Noneuclid?
Nein … die Band gibt es nicht mehr. Aber ich glaube, für diese Art von Ideen, die er damals da hatte – im Prinzip hat Morean bei dieser Band ja alles geschrieben , ist sein neues Ding Alkaloid. Wobei das natürlich eine Band ist, die aus mehreren starken Songwritern besteht. Unter anderem ist ja auch der Hannes eine federführende, treibende Kraft in der Band. Das ist ja auch das Interessante an dieser Band: Dass die wirklich vier starke Songwriter haben. Jeder in der Band kann starke Songs schreiben und macht es auch! Darum würde ich auch nicht sagen, dass Alkaloid eine Nachfolgeband von Noneuclid sind. Aber diese Art von krassem, abgefahrenen, technischen, proggigen Death Metal, was Noneuclid war, das kann Morean bei Alkaloid gut unterbringen – und halt noch krasser. Ich muss schon ganz ehrlich sagen: Für mich war Noneuclid ziemlich an meinem Limit, und bei Alkaloid hatte er dann eben einen Danny Tunker in der Band und Christian Münzner, die technisch schon nochmal wo anders sind als ich. Da gibt es in Sachen Songwriting einfach keine Limits mehr, da kann er den krassesten Scheiß schreiben und hat genau die richtigen Leute, die das dann auch spielen können. Deswegen braucht es Noneuclid nicht mehr, weil er diese kreative Energie in seinen eigenen Sachen und vor allem eben bei Alkaloid rauslassen kann.

Ob gemeinsam oder separat – bei euch beiden darf man sich also auf neues Material freuen. Weißt du, wie es mit den Anderen aussieht?
Ich hoffe natürlich auch sehr, dass es irgendwann musikalisch auch wieder was von Seraph zu hören gibt. Ich meine, er ist ein super Drummer. Er hat jetzt eine schöne Karriere als Tech gemacht … er war ja ganz lang mit Rival Sons unterwegs und hat alle möglichen fetten Touren mitgemacht, ist jetzt in der Crew von Deep Purple, was auch nicht gerade ohne ist. (lacht) Aber er ist halt auch ein saugeiler Drummer mit wirklich kreativen Ideen. In den letzten Jahren hat er jobmäßig eher die Instrumente für andere Leute hergerichtet, aber ich hoffe, dass von ihm als Musiker auch mal wieder ein geiles Album zu hören sein wird. Das wäre sehr schade, wenn nicht.

DARK-FORTRESSAbschiedsfoto nach der letzten Show in München 2023 (© Anne Swallow)

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Dieses Interview wurde per Telefon/Videocall geführt.

7 Kommentare zu “Dark Fortress (Teil 2/2)

  1. Anlässlich der Auflösung von DARK FORTRESS habe ich vor Kurzem ein Video erstellt, in dem ich die Geschichte der Band anhand deren Veröffentlichungen Revue passieren lasse und alle Alben durchgehe und für mich persönlich einordne. Zudem gibt es eine CD und eine Vinyl zu gewinnen. Schaut bei Interesse gern mal rein. Danke für eure Aufmerksamkeit!

    https://www.youtube.com/watch?v=LVLlxRv5sZc

  2. Hi, Moritz. Gutes, und sehr ehrliches Interview. Muss eine Menge Arbeit gewesen sein, das abzutippen. Scheint eh ein korrekter Mensch zu sein. Was mir noch gefällt, ist die Tatsache, dass er a) nicht verbittert klingt und b) dass er nicht auf ehemalige Mitglieder rumhackt. Schade um die Band, aber immerhin hält man sie nicht künstlich am leben. Wie war das noch? Aufhören, wenn es am Schönsten ist. Viel Erfolg noch, V. 👍
    Und danke für das Interview, Moritz. Ihr schafft es immer wieder, ordentlich zu liefern. Weiter so.

  3. Danke an Moritz und Herrn Santura. War interessant zu lesen und ich hab mir tatsächlich dann doch Mal die Remaster der beiden ersten Scheiben gegönnt. Leider ist ja der Backkatalog dank Century Media wieder eher schwer zu bekommen. Eidolon und Ylem findet man schon, aber halt nur so richtig am Sekundärmarkt. Selbst das letzte Album ist nicht mehr so ohne weiteres zu haben.
    Wäre interessant zu wissen, ob da mal Rereleases geplant sind. Hab die Band nach Seance leider aus den Augen verloren. Warum auch immer…

  4. Ein würdiges Interview, das ganz viele Grau- und menschliche Untertöne zulässt. Deshalb beschleichen einen hier Ehrlichkeit und Nähe. Schön. Selten. Danke hierfür, Herr V. Santura und Herr Grütz :)

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