Interview mit Jeroen Wechgelaer von Haliphron

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HALIPHRON, die erst 2021 gegründet wurden, mögen eine noch recht neue und unbekannte Band sein, doch tummeln sich in ihr mit aktuellen und ehemaligen Mitgliedern von God Dethroned, Bleeding Gods und Izegrim allerlei bekannte Gesichter. Mit „Prey“ hat die niederländische Symphonic-Death-Metal-Combo nun ihr erstes Studioalbum veröffentlicht. Wie es war, mitten in einer Pandemie eine neue Band zu starten, was es mit der Faszination für Kraken auf sich hat und vieles mehr über das Full-Length-Debüt verrät uns Gitarrist Jeroen Wechgelaer.

Hallo und danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst! Wie fühlst du dich nach mehr als einem Jahr Arbeit an dem Projekt, jetzt wo euer Debütalbum „Prey“ endlich veröffentlicht wurde?
Nun, es übertrifft auf jeden Fall unsere Erwartungen! Die Reviews sind großartig, wir bekommen tolle Angebote für Gigs auf Festivals und mit Bands, von denen wir nur träumen konnten, die Fans mögen es; es ist wirklich eine Achterbahn in diesen Monaten, und die Dinge werden immer besser, so scheint es. All die harte Arbeit, die wir in dieses Album gesteckt haben, zahlt sich aus!

Porträtfoto von Jeroen Wechgelaer, Gitarrist von Haliphron
Jeroen Wechgelaer – © Sonja Schuringa

HALIPHRON wurde im Jahr 2021 gegründet, also mitten in der Pandemie. Wie hat sich das auf die ersten Schritte ausgewirkt, die eine neu gegründete Band nehmen muss, auf die Dynamik, die Entwicklung usw., und wie habt ihr diese außergewöhnliche Zeitspanne wahrgenommen?
Es war eine wirklich bizarre Zeit. Keine Auftritte, nicht in die Kneipe gehen, wirklich deprimierende Zeiten für viele Leute (uns eingeschlossen). Wir arbeiteten viel zu Hause, schrieben Gitarren-Tracks, Orchestrierungen, komponierten. Vor der Pandemie ging eine Band in den Proberaum und arbeitete an neuem Material (oder übte es zumindest). Einen Vorteil hatte diese ganze Situation: Es gab keinen wirklichen Druck, und wir konnten zu Hause individuell an dem Material arbeiten, so dass wir viel Aufmerksamkeit auf die Details dieses Albums verwenden konnten, und ich denke, das kann man wirklich hören.

Im August letzten Jahres habt ihr in den sozialen Medien von eurer ersten Bandprobe überhaupt berichtet, Monate nach der Gründung von HALIPHRON. Könntest du diesem Tag noch einmal rekapitulieren, wie du dich gefühlt hast, wie sich die ganze Band gefühlt hat, wie die Stimmung war?
Du hast gut auf unsere Socials geachtet, gut gemacht! Unsere erste Probe hat wunderbar funktioniert. Es ist recht einfach: Wenn alle ihre Hausaufgaben machen und die Parts kennen, die sie zu spielen haben, funktioniert es vom ersten Countdown des Schlagzeugers an perfekt – und so war es auch! Die Stimmung war unglaublich. Ich meine, wenn man hört, wie alle Teile live zusammenkommen, ist das etwas anderes als bei der Arbeit an einer Platte. Wir hatten alle eine tolle Zeit an diesem Tag und sind stolz auf die Ergebnisse dieser ersten Session.

Gruppenfoto der Band Haliphron
© Sonja Schuringa

Die Band besteht aus Mitgliedern, die sich schon lange kennen und eine solide Freundschaft aufgebaut haben, wie es in eurer Info heißt. Aber wie kam es zu diesem speziellen Line-up? Schließlich gibt es in der niederländischen Metalszene vermutlich viele Freundschaften zwischen Musikern, die aber nicht unbedingt in gemeinsamen Projekten münden.
Klar, es gibt genug Freunde, mit denen wir HALIPHRON hätten gründen können, aber es war von Anfang an klar, dass dies das Line-up sein sollte. Ramon (Ploeg, Gitarre – A. d. Red.) ist das Gründungsmitglied von HALIPHRON, und er hat schon mit Jessica (Otten, Bass – A. d. Red.) und David (Gutierrez Rojas, Keyboards, Chöre – A. d. Red.) bei Bleeding Gods zusammengearbeitet. Marloes (Voskuil, Gesang – A. d. Red.) und ich kennen uns von Izegrim, und wir alle kennen Frank (Schilperoort, Schlagzeug – A. d. Red.) von God Dethroned. Ramon hatte das Line-Up also ziemlich schnell zusammen.

Der Stil von HALIPHRON unterscheidet sich zwar vom Sound von Izegrim, Bleeding Gods usw., aber was sind die Gründe für die Wahl dieses speziellen Genres mit seinen herausragenden symphonischen Elementen und seinem Bombast?
Wir wollten nicht, dass HALIPHRON die Leute an eine der Bands erinnert, in denen wir bereits spielten. Bleeding Gods hatte bereits symphonische Elemente, aber im Vergleich zu HALIPHRON waren es schnellere Uptempo-Songs. Bei Izegrim gab es nie Synthies. Also entwickelte sich dieser neue Stil beim Schreiben der Songstrukturen und David machte die Orchestrierung dazu. Er hat unglaubliche Arbeit geleistet, um die Songs auf ein neues Level zu heben. Wenn man die ganzen Keys, Chöre und den Gesang weglässt, hört man im Grunde ein 90er-Jahre-mäßiges Metal-Album. Was ich zu erklären versuche, ist, dass wir kein ‚echtes‘ Genre haben, auf das wir uns konzentrieren, es ist eher eine Mischung aus verschiedenen Stilen, die übereinandergeschichtet werden.

Haliphron Prey CoverartworkDas Konzept des Albums handelt davon, ein Jäger zu sein oder gejagt zu werden. Warum habt ihr euch für dieses Konzept entschieden, und stand es von Anfang an fest oder hat es sich im Laufe des Entstehungsprozesses des Albums entwickelt?
Marloes möchte immer ein bestimmtes Thema haben, über das sie schreibt. Als sie also anfing, nach Texten und einem Hauptthema zu suchen, stieß sie auf das Konzept von „Prey“ (dt. Beute – A. d. Red.). Wo andere Metal-Bands über Krieg, Horror usw. schreiben, hat sich Marloes schon immer für die bösen Wege des menschlichen Geistes interessiert. Also fing sie an, Texte mit dem Thema ‚Prey‘ zu schreiben, aber aus zwei Perspektiven: entweder ist man der Jäger (auf der Suche nach einer Beute), oder man kann selbst die Beute sein. Jeder Song ist eine Geschichte für sich, wir haben kein Konzeptalbum, aber das Hauptthema ist in allen Songs enthalten.

Der Titelsong handelt von einem Jugendlichen, der schikaniert wird, während „Perfect Existence“ von einem Sektenführer und seinen Anhängern handelt. Was kannst du uns über einige andere Songs auf „Prey“ erzählen, und wie passen sie in das Hauptthema des Albums?
Ich werde zwei Beispiele nehmen, wenn es dir nichts ausmacht! (lacht) Der Track „Unidentified Mass“ handelt von einer dunklen Kreatur, die in den Tiefen der Ozeane lebt, um dort Jagd auf ihre Beute zu machen. Fun Fact: wir haben auch unseren Bandnamen aus diesem Song entwickelt, da der Haliphron einer der größten Kraken ist, der in den Tiefen des Ozeans lebt. Unser Artworker hat unseren Eindruck von diesem Tier auf dem Cover brillant eingefangen.
„Killing Spree“ ist eine andere Geschichte, die von einem Drogensüchtigen handelt, der von seinem bösen Drogendealer gejagt wird. In gewisser Weise ist der Süchtige in diesem Song die Beute und der Drogendealer der Jäger. Ergibt Sinn, oder?

Tatsächlich sind mir die Gemeinsamkeiten zwischen dem Bandnamen, der Kreatur mit Tentakeln auf dem Artwork und den Cthulhu/Lovecraft-Vibes des Songs „Unidentified Mass“ aufgefallen.
Es gibt in der Tat eine starke Verbindung zwischen diesem Song, dem Cover und sogar dem Bandnamen. Es ist toll zu sehen, dass all diese Elemente zusammenkommen und von vielen Menschen wahrgenommen werden.

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Gibt es vielleicht einen Song, der dir am meisten bedeutet, hast du einen Lieblingssong, und wenn ja, warum gerade diesen?
Das wäre „Prey“, weil er so viele Elemente enthält, an denen wir gearbeitet haben. Tiefe Grunts, Flüstern, von Screams bis zu gesprochenen Passagen. Ich habe nicht viele Gitarrensoli auf dieser Platte beigesteuert, aber ich bin ziemlich stolz auf dieses, es passt perfekt zur ganzen Stimmung des Songs.

Der Track ist auch von einem Gedicht von Mary Elizabeth Frye inspiriert. Woher nehmt ihr sonst noch eure Inspiration und was sind eure Einflüsse?
Er ist in der Tat von dem Gedicht inspiriert, das Marloes versucht hat, in das Konzept zu integrieren. In diesem Lied geht es um jemanden, der so sehr gemobbt wird, dass er Suizid begeht. Er kommt als Geist zurück und ist nun derjenige, der den Mobber jagt. Das ist echt ein schweres Thema, und wir haben wirklich versucht, das in diesem speziellen Song rüberzubringen. Was die Inspiration anbelangt, so hatten die Texte einen großen Anteil daran, wie der Song am Ende geworden ist.

Gruppenfoto der Band Haliphron
© Stefan Schipper

Habt ihr schon Pläne für ein zweites Album, vielleicht sogar übrig gebliebene Ideen oder Songs aus den „Prey“-Sessions, die es nicht auf die Platte geschafft haben?
Ja, im Moment arbeiten wir an einigen „Entwürfen“ für das nächste Album, aber zuerst müssen wir uns wirklich auf die Release-Show und die kommenden Gigs konzentrieren. Das ist Priorität Nummer eins, „Prey“ zu promoten und Gigs zu spielen, Interviews zu geben usw. Aber als Musiker hat man ja immer Ideen im Kopf! (lacht)

Bis jetzt sind HALIPHRON für drei Festivals bestätigt, Copenhell, Eindhoven Metal Meeting und Metal Experience Fest. Habt ihr Pläne oder Absichten, live zu spielen, die über (diese) Festival-Gigs hinausgehen – vielleicht sogar Shows in Deutschland?
In der Zwischenzeit haben wir einige andere Shows bestätigt, zum Beispiel zwei Shows mit Arch Enemy in Frankreich und den Niederlanden, und ein weiteres Sommerfestival in den Niederlanden namens „Into the Grave“. Klar, es gibt Pläne, mehr Shows zu spielen, absolut. Das ist doch einer der Hauptgründe, in einer Band zu spielen, oder? Die meisten Festivals sind jetzt ausgebucht, also denke ich, dass es nächstes Jahr eine Gelegenheit geben wird. Und wir spielen auch Clubshows, ich meine, wir spielen nicht nur auf Festivals.

Ich möchte mit dem traditionellen Metal1-Brainstorming schließen. Was kommt dir in den Sinn, wenn du die folgenden Begriffe liest:
Dein aktuelles Lieblingsalbum:
Obituary Dying Of Everything
Das letzte Album, das du dir angehört hast: Metallica72 Seasons (ja, ich gehöre zu den Neugierigen, die das anchecken mussten)
Etwas, das jeden Tag besser macht: Sonne, Freunde/Familie, Bier, Musik
Sommer-Festivals: Alcatraz Belgien
Within Temptation: gutes Exportprodukt aus unserem Heimatland, aber nicht mein Fall
Deine Hoffnungen für den Rest des Jahres: Gigs!!! (lacht)

Nochmals vielen Dank für deine Zeit! Wenn du unseren Lesern irgendetwas sagen möchtest, dann gehören die letzten Worte dir.
Wir hoffen, euch alle bei einem unserer Gigs zu sehen. Zögert nicht, ein Bier mit uns zu trinken. (lacht) Das ist das Wichtigste, neue Fans und Freunde zu treffen. Vielen Dank für deine Zeit und bis bald!

Gruppenfoto der Band Haliphron
© Stefan Schipper

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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