Interview mit Karl und Christopher von Hope Drone

Mit „Cloak Of Ash“ haben HOPE DRONE aus Brisbane ein beeindruckendes Album vorgelegt, das sich nicht hinter den großen Vorbildern aus dem Bereich des Post-Black-Metal verstecken braucht. In unserem Gespräch erzählen die Musiker von ihrer Meinung zu traditionellem und experimentelleren Black Metal, sprechen über die Metalszene in Australien sowie über ihren Zugang zu ausschweifenden und anspruchsvollem Songwriting.

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Hi erstmal und vielen Dank, dass ihr euch Zeit nehmt, dieses Interview zu führen! Wie geht es euch?
Karl: Mir geht’s gut, danke.
Christopher: Ausgelaugt, ich hab mich zu Tode geschuftet.

Leider seid ihr in Europa noch nicht allzu bekannt, auch wenn ich glaube, dass sich das mit eurem neuen Album „Cloak Of Ash“ ändern wird – könnt ihr eure Band kurz vorstellen?
Karl: Wir sind vier Typen aus Brisbane, Austrailien, die intensive atmosphärische Musik machen.

Für diejenigen unter unseren Lesern, die eure Musik bisher noch nicht gehört haben: Wie würdet ihr eure Musik selbst beschreiben?
Karl: Stark auf Reverb basierende, vom Black Metal beeinflusste, atmosphärische und harte Musik.

Erst einmal Glückwunsch zu eurem neuen Album, das ich absolut großartig finde. Seid ihr zufrieden damit, wie das Album geworden ist und was findet ihr am besten daran?
Karl: Dankeschön! Ich würde sagen, insgesamt bin ich damit zufrieden, wie „Cloak Of Ash“ geworden ist. Es war eine ganze schöne Herausforderung und hat sich lange hingezogen. Ich würde sagen, dass mir sowohl die Tatsache, wie wir immer mehr in unseren eigenen Sound hineingefunden haben, als auch die Art, wie wir das Album aufgenommen haben, am besten an diesem Album gefällt.
Christopher: “Cloak Of Ash“ klingt deutlich mehr nach dem, was HOPE DRONE ausmacht, als unser selbst betiteltes Debüt. Wie Karl schon angedeutet hat, liegt das sicherlich daran, das der größte Teil des Albums live aufgenommen wurde. Gleichzeitig war alles deutlich stärker durchdacht. Wir haben uns Zeit gelassen, uns wirklich hinzusetzten und darüber nachzudenken, was wir musikalisch erreichen wollten.

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Worum geht es in euren eher abstrakt gehaltenen Texten und gibt es so etwas wie ein Konzept dahinter?
Karl: Grundsätzlich thematisieren die Texte die Winzigkeit und Unbedeutsamkeit der menschlichen Existenz.
Christopher: Textlich beschäftigt sich „Cloak Of Ash“ mit der Dunkelheit, die der Menschheit innewohnt, was durch die Fragilität des menschlichen Lebens konterkariert wird. Der „Mantel aus Asche“ selbst repräsentiert diese Dunkelheit, die das Land überzieht und das Leben erstickt.

„Unending Grey“, der erste Song auf „Cloak Of Ash“, ist bereits ein 20-minütiges Monster von einem Song – warum habt ihr euch dazu entschieden, ein so langes Lied an den Anfang zu stellen, das für sich genommen beinahe wie eine EP klingt?
Karl: Wir haben ein paar verschiedene Reihenfolgen ausprobiert, aber das war schlicht und ergreifend der beste Platz für diesen Song. Er wurde nicht als Eröffnung des Albums geschrieben aber viele verstehen ihn als solchen und ich will nicht sagen, dass ich damit unzufrieden bin. Im Nachhinein stimmt es aber, dass er die Stimmung des Albums vorgibt und den Hörer dazu zwingt, seine Aufmerksamkeit für eine lange Zeit aufrecht zu erhalten – das ist genau die Einstellung, die dazu nötig ist, das Album als Ganzes zu erleben.
Christopher: „Unending Grey“ beinhaltet alles, was HOPE DRONE ausmacht, sowohl musikalisch als auch textlich. Wie du schon sagst, ist es beinahe eine EP für sich selbst; ich glaube, das fasst gut zusammen, was HOPE DRONE ausmacht und was wir wirklich zu erreichen versuchen. Was die Länge betrifft, gibt es einige Bands, die gar nicht so weit entfernt von HOPE DRONE sind, die einen Song schreiben würden, der 20 Minuten lang ist und nur aus einem Akkord besteht. Encircling Sea, eine großartige australische Black-Metal-Band, haben einen Song, der 37 Minuten dauert. Fast jede Nacht höre ich einen Song von William Basinki, der nur aus einem 10-sekündigen Loop besteht, der für 40 Minuten wiederholt wird. Ich gehe nicht an Musik – besonders an die Musik von HOPE DRONE – mit dem Gedanken heran, wie lange ein Lied sein soll. Insofern sehe ich die Länge von „Unending Grey“ oder irgendeines anderen unserer Songs nicht als definierendes Merkmal an.

Hope Drone 03Mit einer Spielzeit von beinahe 80 Minuten ist „Cloak Of Ash“ ein ziemlich langes Album geworden. Was ist eure Meinung zu Dauer von Alben generell, und warum habt ihr euch – in einer Zeit, in der die Aufmerksamkeitsspanne von Menschen immer kürzer wird – für ein so langes Album entschieden?
Karl: Ja, ich kann nachvollziehen, dass 80 Minuten ziemlich lang sind und manche Menschen keine Aufmerksamkeit für so ein Album besitzen, und das ist in Ordnung. Mein persönlicher Geschmack geht eher in Richtung des längeren, langsam brennenden Ende des Spektrums; Alben, die deine ganze Aufmerksamkeit einfordern und mit wiederholten Durchläufen wachsen. Dieses Album zu erschaffen war wirklich anstrengend und herausfordernd, aber ich bin so froh, dass wir es gemeistert haben. Ich schreibe lieber ein Album, dass unsere Grenzen auslotet und erweitert, als etwas, dass uns einfach von der Hand geht oder das sich Leute ohne Widerstand anhören können.
Christopher: Wenn die Musik, die du schreibst, eher in Richtung längerer Kompositionen tendiert, beschneidest du dich sehr schnell, da du die Menge an Ideen und Gedanken, die du ausdrücken willst, künstlich limitierst, wenn du konventionelle Albenlängen haben willst. Es scheint so, als würden viele annehmen, dass wir bewusst lange Lieder schreiben – dabei ist es so, dass wir bewusst kürzere Songs schreiben müssten, um ein kürzeres Album zu veröffentlichen. Was ich seit der Veröffentlichung von „Cloak Of Ash“ realisiert habe, ist, dass unterschiedliche Menschen Musik sehr unterschiedlich konsumieren. Abgesehen davon, wenn ich schreibe oder spiele, ist Musik für mich der Soundtrack der mein Leben begleitet. Vor diesem Hintergrund wirken 80 Minuten nicht lange.

Wie schreibt ihr denn eure massiv klingenden und strukturell komplexen Songs allgemein? Schreibt ihr alle gemeinsam daran, habt ihr Jamsessions, komponiert ihr alleine zu Hause…?
Karl: Für gewöhnlich beginnt es mit einem oder zwei Gitarrenriffs, die wiederholt und auf denen aufgebaut wird, wenn wir gemeinsam jammen. Normalerweise haben wir eine grobe Idee, in welche Richtung der Song gehen soll, sobald wir die Hauptriffs zusammen haben, und von da aus folgen wir der Richtung, die uns der Song vorgibt. Was die Struktur der Lieder betrifft, ist es uns auf jeden Fall deutlich wichtiger, nach Gefühl zu gehen, anstatt angestrengt darüber nachzudenken, wie alles zusammengefügt werden könnte.

Ihr kommt aus Australien, nicht gerade der erste Ort, der einem bei Black Metal in den Sinn kommt. Könnt ihr uns etwas über die Metalszene in Australien erzählen und wie ihr dazu gekommen seid, diese Musik zu spielen?
Karl: Die meisten der bekannten australischen Black-Metal-Bands sind eher traditionell, aber es gibt auf jeden Fall einige atmosphärische Bands wie Moon oder Ein-Mann-Black-Metal-Projekte wie Midnight Odyssey. Wir selbst sind relativ natürlich darauf gekommen, solche Musik zu spielen, indem wir darüber nachgedacht haben, eine Form von etwas sphärischeren Neurosis, Rosetta und derartigen Bands zu spielen und gleichzeitig darüber geredet haben, etwas in Richtung Black Metal mit unserem Drummer zu machen. Diese beiden Ideen haben wir dann miteinander verbunden und das war der Startschuss für HOPE DRONE.
Christopher: Die Metalszene in Australien ist so isoliert, dass es sehr viele sehr verschrobene und eigenständige Bands gibt – mein liebstes Beispiel sind Portal –, weil du eben nicht diese konzentrierten Szenen hast, in der sich Bands untereinander beeinflussen und einen Sound erschaffen, der synonym für eine Region ist. Es gibt eine bestimmte Atmosphäre, die durch meine liebsten Bücher, Filme und Kunstwerke fließt. Menschen beschreiben es häufig als eine unendliche und (ich traue es mich kaum zu sagen) transzendentale Stimmung. Musikalisch habe ich diese Stimmung bisher nur in Black Metal und in von Black Metal beeinflusster Musik gefunden, weswegen mich das Ganze von selbst angezogen hat.

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Ich finde, ihr habt viele Einflüsse aus US-Black-Metal, zur gleichen Zeit aber auch Einflüsse aus Punk und Post-Hardcore. Was sind eure größten Einflüsse?
Karl: Für mich persönlich spielen Swans und Neurosis definitiv eine große Rolle für die Art und Weise wie ich Musik wahrnehme und auch auf die Musik von HOPE DRONE, während die anderen wahrscheinlich noch Bands wie Year Of No Light, Russian Circles oder Locrian als Einflüsse nennen würden. Dann gibt es noch Bands wie Ash Borer oder Wolves In The Throne Room, und dann noch Sachen, die nur einen kleinen Einfluss darstellen, wie beispielsweise andere Metalgenres, Soundtracks und Bands wie Pink Floyd.

Nachdem ihr ja jetzt nicht gerade eine traditionelle Version von Black Metal spielt, wollte ich euch fragen, was ihr generell zur Entwicklung in dieser Szene sagt – damit meine ich auch experimentellere Bands wie Deafheaven und Wolves In The Throne Room, die derzeit viel Aufmerksamkeit bekommen.
Karl: Ich hab damit kein Problem, besonders da es die erhöhte Aufmerksamkeit leichter macht in ganz anderen Ecken der Welt touren zu können. Was die Innovation in mit Black Metal verbundener Musik betrifft, bin ich definitiv dafür, da es so viele fabelhafte Bands gibt, die eine ganz eigene Herangehensweise an Black Metal haben, wie beispielsweise Oranssi Pazuzu oder Blut aus Nord; ich glaube es ist auch kein Geheimnis, dass ich ein Fan von Wolves In The Throne Room bin.
Christopher: Ich fühle eine große Liebe und habe viel Respekt für viele Black-Metal-Bands und dafür, was sie erreicht haben, und daher kann ich es in gewisser Weise verstehen, wenn viele Black-Metal-Fans neuere Musik, die von Black Metal beeinflusst ist, feindlich gegenüber stehen. Zur gleichen Zeit stelle ich die Bilder oder theatralischen Elemente, die Black Metal ausmachen, definitiv auf kein Podest. Der häufigste Vorwurf gegen diese neue Welle an von Black Metal beeinflussten Bands ist ja, dass sie irgendwie falsch klingen, aber ich finde – vielleicht auch weil ich selbst in Punk und Hardcore wurzle –, dass viele der übertriebenen und theatralischen Element, die oft mit Black Metal assoziiert werden, unehrlich sind. Ebenso ist viel davon, was politisch und ideologisch mit Black Metal verbunden ist, nicht wert, darüber nachzudenken oder hat irgendwas mit den Leben der Leute zu tun, die diese Einstellung predigen. Als Ergebnis davon finde ich Bands wie Wolves In The Throne Room sehr erfrischend, da diese ihren Fokus auf die Atmosphäre von Black Metal lenken, ohne sich dabei in politische oder ideologische Fallstricke des Black Metal zu verheddern.

Hope Drone 04Plant ihr, auch außerhalb Australiens zu touren, eventuell auch in Europa?
Karl: Das würden wir unglaublich gerne, besonders in Europa. Aber wir brauchen erst einmal die richtigen Bedingungen, um dort hin zu kommen
Christopher: Es ist nur eine Frage der Zeit.

Wie schwer ist es heutzutage finanziell und organisatorisch international zu touren?
Karl: Mit Sicherheit ziemlich schwer für eine Band wie uns. Treibstoff und Flüge sind wirklich ziemlich teuer heutzutage und gerade für uns ist es wirklich ein langer Weg, um nach Europa zu kommen.
Christopher: Australien ist einfach so weit weg von überall sonst, dass schon eine große Aufgabe darstellt. Darüber hinaus haben wir auch ein ziemlich beschäftigtes Leben außerhalb von HOPE DRONE.

Gibt es irgendeine Band – egal ob sie noch existiert oder nicht – mit der ihr gerne touren oder arbeiten würdet?
Karl: Eine gemeinsame Tour spielen? Irgendeine meiner Lieblingsbands, egal wie unwahrscheinlich das ist. Wenn es um ein gemeinsames Projekt geht, ist es halt schwer zu sagen, ob man musikalisch kompatibel ist und wie die Logistik einer solchen Zusammenarbeit aussehen würde. Es wäre auf jeden Fall super, etwas gemeinsam mit Locrian zu machen, da sie schon öfter Kollaborationen hatten und wir auf einem gemeinsamen Label sind – mal sehen.
Christopher: Ich würde sehr gerne mit Altar Of Plagues touren. Oder etwas mit West von Leviathan schreiben, alleine schon, weil ich gehört habe, wie er einige Riffs von Twilight auf dem neuen Leviathan-Album recycled hat und ich da verstanden haben, zu welchem Ausmaß er instrumentell die Stimmung vermittelt, die Twilight so sehr ausmacht.

Die letzten Worte gehören euch:
Christopher: Hail Sagan!

Vielen Dank, dass ihr meine Fragen so ausführlich beantwortet habt. Zum Schluss würde ich gerne noch das Metal1.info-Brainstorming mit euch spielen. Was ist das erste, das euch bei folgenden Begriffen in den Sinn kommt:
Hoffnung
: Existiert.
Godspeed You! Black Emperor: Gute Band.
Das Meer: Wellen.
Black Metal: Komplexes Thema.
Sonne: Einer von vielen Sternen.

(Bandphotos von Hannah Roche)

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