Interview mit John Haughm von Pillorian

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Die Auflösung von Agalloch im Mai 2016 war für viele ein Schock. Kurze Zeit danach gab Bandkopf John Haughm jedoch bekannt, dass er mit Stephen Parker (Maestus) und Trevor Matthews (Uada) eine neue Band gründen würde: PILLORIAN. Im folgenden Interview mit John erfahrt ihr mehr über die Entstehung der Band und ihres beeindruckenden Debüts „Obsidian Arc“, warum schon vor der Ankündigung des Albums Live-Shows gebucht waren und weshalb – im Gegensatz zu Agalloch – kein Post-Rock in ihrem Sound ist.

PILLORIAN ist ein Trio, bestehend aus dir, Stephen Parker (Maestus) und Trevor Matthews (Uada). Wie kam es dazu, dass ihr euch dazu entschieden habt, zusammen eine Band zu gründen?
Ungefähr zwei oder drei Wochen nach der Auflösung von Agalloch traf ich mich mit Stephen – er war ein Freund, der schon seit 2014 als Crewmitglied von Agalloch gearbeitet hatte. Wir sprachen über die Vergangenheit, die Zukunft und einige musikalische Ideen, die wir hatten. Ich zeigte ihm ein paar Riffs aus meinem Archiv, für die ich noch keine Pläne hatte. Er hatte auch ein paar Riffs in einer ähnlichen Tonart, also arbeiteten wir zusammen und schrieben die Struktur eines Songs, der später „By The Light Of A Black Sun“ werden würde. Wir beide kannten Trevor, also nahmen wir diese Struktur mit zu ihm und jammten zusammen. Nichts Ernstes, einfach nur aus Spaß. Nun, die Chemie zwischen uns war so toll, dass wir weiterschrieben und am Ende des Sommers hatten wir bereits fünf bis sechs Songs fertig. Also entschieden wir uns, das ernsthaft zu verfolgen und ich nahm Kontakt zu meinen Booking-Agenten auf, wir unterschrieben bei Eisenwald, buchten Studiozeit mit Tad und Markus und machten Pläne für das Album und ein paar Live-Shows in 2017. Als das entschieden war, verloren wir keine Zeit und die anderen waren genauso motiviert, ernst zu machen, wie ich. Deshalb gab es schon Termine für Festivals und Touren noch bevor wir überhaupt ein Album angekündigt hatten. Wir wollten, dass die Tour zum Zeitpunkt des Releases fertig geplant ist, damit wir es richtig promoten können.

Mai 2016 lösten Agalloch sich auf. Was war der Grund dafür und warum habt ihr kurz darauf PILLORIAN gegründet?
Ich hatte mich mit der Zeit persönlich von den Anderen und von dieser kleinen Welt, die die Band umgab, distanziert. Wir hatten außerdem sehr unterschiedliche Ziele bezüglich der Musik und der Bandaktivität. Es war wirklich das Beste für alle, dass wir auseinandergegangen sind. Wir hatten eine gute Zeit und ich bereue es nicht, die Band aufgelöst zu haben. Ich denke, es wäre ein komplettes Desaster gewesen, wenn wir noch ein sechstes Album aufgenommen hätten, mit den Differenzen zwischen uns.

Welche Bands sind bei euch dreien – in Bezug auf PILLORIAN – der gemeinsame Nenner, wenn es um musikalische Inspiration geht?
Wir drei kommen aus etwas unterschiedlichen musikalischen Sparten, aber wir sind uns alle einig in Bezug auf den Stil, den wir mit dieser Band verfolgen. Unsere individuellen Stile passen gut zusammen. Um mal für mich selbst zu sprechen, ich wurde beim Songwriting für dieses Album von nichts Bestimmten beeinflusst. Ich wollte etwas aus einer ganz neutralen Perspektive erschaffen und einfach aus dem Inneren heraus schreiben. Ein paar meiner Gitarrenmelodien sind vielleicht ein bisschen von Chormusik beeinflusst, aber im Großen und Ganzen kann ich nicht sagen, dass es da eine bestimmte Band oder Stilrichtung gab, aus der wir Inspiration gezogen hätten.

PILLORIAN bedeutet so viel wie „mit Verachtung und Verdammnis zusammenhängend“. Ein wesentlich düsterer klingender Name als Agalloch. Was steckt hinter eurem Bandnamen?
Er passte zu der Art von Musik, die wir erschufen. Wir hatten ganz natürlich angefangen, Musik zu schreiben, die aggressiver und dunkler war, als meine frühere Arbeit, also passte dieser „verachtende“ Bandname einfach gut. Er entspricht auch den Texten, die wesentlich feindseliger und negativer sind.

Auch musikalisch klingt ihr wesentlich mehr nach Black Metal als Agalloch, dafür habt ihr nahezu keinen Post-Metal in eurem Sound. War das eine bewusste Entscheidung und falls ja, warum diese stilistische Neuausrichtung?
Nun, keiner von uns mag Post-Rock, also warum zur Hölle sollten wir ihn spielen? Stephen mag vielleicht ein paar dieser Bands und Anfang bis Mitte der 2000er Jahre fand ich einige davon gut, aber das ging vorbei und wurde schnell langweilig. Heutzutage ist Post-Rock Müll, finde ich. Das Genre ist gut, um damit kreativ Effekte einzusetzen, aber die musikalischen Inhalte sind seicht und lahm.

Wie läuft bei euch das Songwriting ab. Trägt jeder von euch etwas dazu bei?
Ja, definitiv. Diese Band führen wir vielmehr als Gruppe. Agalloch basierten viel mehr auf meinem Songwriting während das Material bei PILLORIAN ungefähr im Verhältnis 50/50 zwischen uns entsteht.

„Obsidian Arc“ ist euer Debüt, ein wirklich starkes, stimmungsvolles Album. Glückwunsch dazu! Inwiefern, findet ihr, unterscheidet es sich von der Musik eurer anderen Bands, also Agalloch, Uada und Maestus?
Es ist eine komplett neue Art von Band, gänzlich unabhängig von diesen dreien. Der größte Unterschied zwischen PILLORIAN und Agalloch ist, dass man bei PILLORIAN die stilistischen Einflüsse nicht so offensichtlich heraushört. Agalloch waren einfach sehr klar von Ulver, Katatonia, Sol Invictus, Fields Of The Nephilim etc. beeinflusst, das ging dann so weit, dass das fast schon eine Parodie auf deren Stile war. Natürlich hat sich das zum Teil auch in mein persönliches Songwriting eingebrannt, aber die Musik von PILLORIAN kommt auf sehr natürliche und instinktive Weise aus meinem Innern. Wir hatten keine klar definierte Richtung vor Augen, als wir anfingen, die Songs zu schreiben. Wir fingen einfach zu spielen an und ließen die Musik sich selbst manifestieren.

Gibt es einen Track darauf, der dir besonders wichtig ist und falls ja, wieso?
Mein Lieblingstrack auf der Platte ist „Forged Iron Crucible“. Ich mag das Arrangement, die Melodien und die Texte haben eine sehr persönliche Bedeutung. Außerdem macht es Spaß, den Track zu spielen.

Um was geht es textlich auf „Obsidian Arc“?
Hass, Selbstverachtung, Misanthropie, der Zerfall des Geistes, Nihilismus, der Fluch des Menschseins, Esoterik etc.

Ihr habt das Album über Eisenwald Tonschmiede veröffentlicht. Warum habt ihr gerade für dieses Label entschieden?
Das war eine ganz natürliche Entscheidung, ich stand nämlich schon seit 2010 oder so in Kontakt mit diesem Label. Nico ist ein guter Freund von mir und wir teilen viele Ideen. Eisenwald ist ein großartiges Label mit einem beeindruckenden Roster künstlerischer Bands. Es war das perfekte Zuhause für uns.

Das Mixing und Mastering übernahm Markus Stock im Klangschmiede Studio. Wieso fiel die Wahl auf ihn und seid ihr zufrieden mit dem Endergebnis?
Ich wollte schon immer mit Markus zusammenarbeiten, schon in meinen Tagen bei Agalloch, aber bis jetzt hatte ich nie die Gelegenheit dazu. Seine Produktionen sind so atmosphärisch und doch klar, deshalb dachten wir, dass das die beste Wahl für uns Album wäre, und dass uns das vielleicht von den meisten amerikanischen Produktionen abheben würde. Ich denke, das Resultat spricht für sich und wir sind sehr, sehr glücklich mit der Soundqualität des Albums. Wir hoffen, sein Talent auch in Zukunft beanspruchen zu können.

Das Artwork sieht sehr melancholisch, erdig und malerisch aus. Was kannst du uns darüber erzählen?
Das Artwork wurde von einem alten Freund von mir aus Belgien gemalt. Ich wollte etwas sehr Abstraktes und Beunruhigendes, das keine direkt identifizierbare Form hat. Ich finde es toll, wie viel man in das Gemälde hineininterpretieren kann und wie die Dunkelheit und die Mystik der Platte hervorhebt.

Ihr werdet als PILLORIAN auch live auftreten. Werdet ihr euch dafür noch einen Session-Gitarristen dazunehmen oder könnt ihr das als Trio bewerkstelligen?
Stephen und ich sind die Hauptgitarristen. Für die Live-Auftritte werden wir einen Bassisten anheuern. Es wäre schön, irgendwann einen permanenten Bassisten zu finden, aber wir sind auch als kreatives Trio zufrieden.

Wie ist es um die Zukunft von PILLORIAN bestellt? Habt ihr vor, längerfristig zusammen Musik zu machen und Shows zu spielen oder werdet ihr euch wieder mehr euren anderen musikalischen Projekten zuwenden?
PILLORIAN ist jetzt meine Hauptband, also werde ich sie auch so verfolgen. Ich hoffe, wir werden viel regelmäßiger touren als es Agalloch je getan haben. Ich würde auch gerne mit meiner Solo- und Kollaborationsarbeit weitermachen, sofern es die Zeit zulässt.

Nun würde ich das Interview gerne mit unserem traditionellen Metal1.info-Brainstorming beenden. Was fällt dir zu den folgenden Begriffen ein:
Natur: Säubert das Bewusstsein und den Geist.
Jeweils bestes Album aus Doom Metal, Black Metal und Neofolk: Ich habe keine ausschließlichen Favoriten, aber Decoryahs „Wisdom Floats“, Blasphemys „Fallen Angel Of Doom“ und Current 93s „Ruine Or Some Blazing Starre“ sind allesamt Alben, die ich als zeitlose Meisterwerke dieser Genres betrachte.
Donald Trump: Kranker Fanatiker.
Studio vs. Live-Show: Haben beide ihre Vorzüge. Ich ziehe es aber vor, zu reisen und live zu spielen, anstatt in einem sterilen Studio zu sein.
Mensch: Zur Auslöschung vorbestimmt.
PILLORIAN in fünf Jahren: Hoffentlich immer noch aktiv mit ein paar neuen Alben im Gepäck.

Wunderbar, dann nochmals danke sehr, dass du mit uns dieses Interview geführt hast.

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