Interview mit Andreas Wallström von Vypera

Gerade mal ein Jahr nach ihrem gefeierten Debüt „Eat Your Heart Out“ haben die schwedischen Heavy- bzw. Glam-Metal-Überflieger VYPERA schon die nächste Platte fertig: Mit „Race Of Time“ knüpft die Truppe aus Sandviken genau dort an, wo sie mit ihrem Erstlingswerk aufgehört hat und fügt ihrem Sound sogar noch ein paar spannende Facetten hinzu. Weil es nur äußerst selten vorkommt, dass eine Band quasi wie aus dem Nichts den Thron ihres Genres erklimmt und obendrein auch noch in extrem kurzer Zeit zwei fantastische Alben abliefert, haben wir erneut mit Sänger Andreas Wallström über das Geheimnis des Erfolgs von VYPERA gesprochen.

Das neue Logo der Band Vypera

Hallo Andreas und vielen Dank für dieses Interview! Mit „Race Of Time“ ist gerade euer zweites Album erschienen. Seid ihr zufrieden?
Absolut! Wir sind sogar der Meinung, dass diese Platte noch besser ist als unsere erste, weil wir uns diesmal viel mehr Gedanken über die Songs gemacht haben als beim ersten Mal. Eigentlich hatten wir eine Deadline im Januar, zu der die Platte hätte fertig sein müssen – aber als die kam, hatten wir absolut gar keine Songs. Wir haben „Race Of Time“ dann in guten zwei Monaten geschrieben, von Januar bis zum 25. März. Das war ganz schön stressig, denn wir haben zusätzlich zu unseren familiären und beruflichen Verpflichtungen jeden Tag etwa zehn Stunden in die Band investiert. Aber ich denke, es ist sehr gut geworden.

Das Cover von "Race Of Time" von VyperaAbsolut! Ich glaube, dass du mir bereits nach der Veröffentlichung von „Eat Your Heart Out“ erzählt hast, dass ihr einige der Songs in letzter Minute geschrieben habt – anscheinend arbeitet ihr ja ganz gut unter Zeitdruck …
Ja, das stimmt. Damals lag es aber daran, dass wir die Platte ursprünglich selbst veröffentlichen wollten. Als wir dann bei Frontiers unterschrieben haben, wollten sie noch drei Songs mehr, was für einigen Termindruck gesorgt hat. Diesmal waren wir selbst schuld, weil es einen unerwarteten Besetzungswechsel gegeben hat. Wir hatten einen zweiten Gitarristen gefunden, mit dem wir ein paar Songs geschrieben haben, aber als es mit ihm nicht funktioniert hat, haben wir diese Nummern ad acta gelegt und neue komponiert. „Slave To Love“ und „Fool’s Game“ sind aber sogar älter als einige der Songs von „Eat Your Heart Out“.

Ist es nicht unglaublich schwierig, in so kurzer Zeit fertige Songs zu erschaffen?
Ich denke, dass unser Gitarrist Christoffer Thelin und ich sehr gut zusammenarbeiten können. Da stimmt einfach die Chemie und dann kommen eben auch gute Songs dabei heraus (lacht).

Seit dem Erscheinen von „Eat Your Heart Out“ ist gerade mal ein Jahr vergangen. Was war abgesehen von den Besetzungswechseln bei euch los?
Nicht viel, um ehrlich zu sein. Ich bin Vater geworden – das ist wohl ein Zeichen fortschreitenden Alters (lacht)! Was die Band angeht, waren die Dinge eigentlich sehr stabil. Cederick (Forsberg, Gitarre, Anm. d. Red.) verdingt sich nach wie vor nur als Söldner bei uns, weil er zu viele andere Projekte hat. Darum haben wir nach einem festen zweiten Gitarristen gesucht, aber es hat leider nicht geklappt. Darum bleiben wir jetzt bei der bestehenden Regelung – vielleicht können wir ihn ja noch überreden, bei uns einzusteigen (lacht)

Da er auf „Race Of Time“ in jedem Song spielt und in der Besetzung genannt wird, drängt sich die Frage auf, ob er nicht ohnehin schon voll dabei ist …
Ja, ich weiß auch nicht, was sein Problem ist (lacht). Er hat ja auch noch Blazon Stone und sein eigenes Studio, das sehr gut läuft, weshalb er wohl nicht so viel Zeit hat. Er hat uns aber gesagt, dass er bereit ist, wenn bei uns Konzerte anstehen sollten, also müssen wir vielleicht einfach mit Blazon Stone auf Tour gehen (lacht).

Ein Foto der schwedischen Band Vypera
Foto: Emil Westin Skogh

Wann hat denn das „reguläre“ Songwriting für das Album begonnen, ehe ihr aufgrund der veränderten Besetzung neu anfangen musstet?
Ich glaube, dass wir Frontiers im September letzten Jahres gesagt haben, dass wir genug Material für ein neues Album hätten. Damals hatten wir eine ganze Reihe an Songs, die zumindest fast fertig waren. In die haben wir uns dann reingefuchst, aber wie gesagt hat das ja dann mit dem Gitarristen leider nicht gepasst – ich glaube, dass nur in „Fool’s Game“ noch ein kleiner Part aus dieser Zeit übriggeblieben ist. Im Januar haben wir dann von Null angefangen und es sind sogar noch zwei oder drei Songs übrig, die dann vielleicht auf das dritte Album kommen.

Denkt ihr schon über die nächste Platte nach?
Zumindest Christoffer und ich denken auf jeden Fall schon darüber nach (lacht)! Wir beide lieben es einfach, neue Musik zu erschaffen! Die anderen in der Band stehen eher auf Live-Auftritte, also müssen wir da stets eine Balance finden. Nach zwei Alben in so kurzer Zeit sind aber vielleicht auch ein paar Aufritte angebracht.

Wie würdest du „Race Of Time“ beschreiben?
Ich glaube, dass es deutlich mehr in die Richtung geht, in die wir eigentlich schon mit unserem ersten Album wollten. Wir haben uns diesmal über die einzelnen Songs viel mehr Gedanken gemacht und ich denke, das ist auch der Grund, warum die Stücke abwechslungsreicher geraten sind. Wir haben viel mehr Zeit in die Texte und den Aufbau der Songs investiert. Natürlich ist es uns sehr wichtig, auch die harte Seite unseres Sounds zu erhalten, aber wir lieben eben den traditionellen melodischen AOR-Sound – die größte Schwierigkeit beim Songwriting war es also für uns, das Beste dieser beiden Welten zu vereinen. Ich finde aber, dass uns das auf „Race Of Time“ sehr gut gelungen ist.

Was musstet ihr denn tun, um AOR und Metal in euren Songs zu vereinen?
Für mich ist das vor allem eine Frage der Songstexte: Ich passe sehr genau auf, welche Worte ich gebrauche. Wenn es zu kitschig zu werden droht, dann versuche ich, die plakativsten Begriffe durch Synonyme zu ersetzen, die weniger platt sind. Man kann Kitsch sehr gut hinter der richtigen Wortwahl verstecken (lacht). Ich bin überzeugt, dass diese kleinen Details für ein stimmiges Gesamtbild essenziell sind. Allerdings haben wir natürlich auch härtere Songs auf dem Album – „Speedin’“ ist z. B. ein gutes Beispiel. Ich versuche auch, in den Texten nicht zu modern zu klingen. Und man muss aufpassen, dass man es mit Dingen wie Keyboards u. ä. nicht übertreibt – wenn man all diese Sachen, die als typisch „retro“ gelten, zu sehr in den Vordergrund rückt, verkommt die Musik schnell zur Parodie. Hört euch z. B. mal Black Sabbath an: Auch da gibt es Synthies, aber die sind nie im Fokus.

Du hast vorhin schon die Möglichkeit von Live-Auftritten angesprochen. Werdet ihr mit „Race Of Time“ auf Tour gehen?
Ja, das wird langsam Zeit, nicht wahr (lacht)? Das Label ist gerade dabei, eine kleine Tour durch Schweden für uns zu planen. Wir sind bereits mit der ein oder anderen Band dazu im Gespräch, aber bisher gibt es noch nichts Konkretes. Natürlich möchten wir auch nach Deutschland kommen und die USA wären unser absoluter Traum. Wir sind auch schon mit ein paar Veranstaltern in Kontakt, aber das ist wohl sehr schwer zu realisieren, wenn man nicht nur auf einem Festival spielen will. Wobei das natürlich auch cool ist und ich hoffe, dass wir im nächsten Sommer auch auf den Festivals zu sehen sein werden. Jedenfalls sind wir absolut bereit, auf Tour zu gehen (lacht)!

Das Cover von "Eat Your Heart Out" von VyperaWelche Festivals sind deiner Meinung nach die beste Anlaufstelle für VYPERA?
Ich glaube, wir passen auf fast jedes Festival (lacht). Wir sind musikalisch ja irgendwo zwischen melodisch und hart, also ist es vielleicht eher ein Frage dessen, wo wir spielen wollen. Vielleicht passen wir ja auf sowas wie das „Sweden Rock“, wo alle möglichen Bands auftreten – wir würden uns jedenfalls freuen. Ein reines AOR-Festival ist vielleicht gar nicht so gut für uns geeignet. Sollte uns ein Festival buchen, auf dem normalerweise nur härtere Bands spielen, dann stellen wir einfach eine Setlist mit unseren härteren Songs zusammen!

Zur Zeit wird alles teurer – in der Folge werden Touren schwieriger zu planen, aber auch das Publikum überlegt es sich zweimal, für welche Tickets es sein Geld ausgibt. Merkt ihr etwas davon?
Wir selbst merken das nicht, weil wir ja noch nicht wirklich auf Tour waren (lacht). Aber befreundete Bands bestätigen dieses Bild auf jeden Fall. Wir haben allerdings für diesen Fall geplant und ich denke, dass wir das dann auch umsetzen können. Klar, Tickets sind teurer geworden, aber uns persönlich ist es wichtiger, ein Publikum zu haben, als Geld zu verdienen. Wir hoffen also, dass wir an Orten spielen können, die auch Leute besuchen können, die sich keine teuren Konzertkarten leisten können.

Damit sind wir schon am Ende angekommen. Noch einmal vielen Dank für Deine Zeit! Möchtest du gerne noch ein paar abschließende Worte sprechen?
Wir sind wirklich zufrieden mit „Race Of Time“ und überglücklich darüber, dass es den Leuten so gut gefällt – ich glaube, dass wir bisher wirklich nur positive Resonanz bekommen haben! Und das alles, obwohl wir so sehr unter Zeitdruck standen! Wir haben genau einen Testmix von der Platte bekommen, danach wollte das Label das fertige Produkt – ich glaube, „Eat Your Heart Out“ haben wir im Mix an die zehn Mal hin und her geschickt! Ich habe erst gestern noch einmal beide Platten hintereinander angehört und ich bin überzeugt, dass „Race Of Time“ noch größer als sein Vorgänger klingt! Und es klingt wirklich wie die 80er, weshalb wir voll und ganz zufrieden sind.

Ein Foto von Vypera-Sänger Andreas Wallström
Foto: Emil Westin Skogh

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Dieses Interview wurde per Telefon/Videocall geführt.

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