Konzertbericht: Dark Easter Metal Meeting 2016

27.03.2016 München, Backstage

DEMM 2016

Zum nunmehr fünften Mal wird es am Ostersonntag düster in München: Insgesamt 17 Bands aus allen Bereichen des schwarzen Metal versprechen beim DARK EASTER METAL MEETING ein buntes Programm. Abgerundet mit diversen Bars, zwei Essensständen und einem kleinen Metal-Markt wird das Backstage so zum perfekten Zufluchtsort für alle, die der Besinnlichkeit der Ostertage entfliehen möchten.

Saille-Klein-01Nachdem sich der Einlass um eine knappe halbe Stunde verzögert, geht es direkt in medias Res: Punkt 14:30 legt das Black-Metal-Duo EWIGEIS im bereits jetzt gut gefüllten Backstage Club los – kein Wunder, ist der Tag doch noch jung und noch keine andere der insgesamt drei Locations (Club, Halle und Werk) geöffnet. Als Startschuss für die Veranstaltung ist der Auftritt in Ordnung, in Anbetracht der Tatsache, dass der Konzerttag danach noch satte 10 Stunden weitergeht, aber auch irgendwie verzichtbar. Das sieht bei SAILLE, die im Anschluss die Halle eröffnen, schon anders aus: Zwar ist der melodisch-symphonische Black Metal der Belgier auch nicht eben die Neuerfindung des Rads, aber allemal unterhaltsam.

SearBliss-Klein-01Dritte Band, dritte Location: Die Black-Metal-Veteranen SEAR BLISS aus Ungarn eröffnen mit ihrer Show die größte der drei Hallen, das Backstage Werk. Die Größe der Halle ist für die Band, die bereits 2014 auf dem DARK EASTER METAL MEETING zu Gast war, jedoch das kleinste Problem: Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt ist das Werk gut gefüllt. Dafür sorgen heute Technik und Sound für Unmut: Gleich vom Start weg fällt für einen ganzen Song eine Gitarre aus und die Posaune, die das Klangbild von SEAR BLISS prägt, klingt in weiten Teilen der Halle schwächlich. Auch die Setlist ist Geschmackssache: Zum 20-jährigen Jubiläum ihres Debüts spielen SEAR BLISS „Phantoms“ in voller Länge. Mag das Album für ein Debüt auch durchaus gelungen sein, wäre eine Show mit Material der letzten Alben doch reizvoller gewesen. [MG]

TheVisionBleak-Klein-03In der Halle spielen im Anschluss und damit überraschend früh THE VISION BLEAK. Limitiert durch den 40-Minuten-Slot konzentriert sich die Band auf die Songs des im Juni erscheinenden Albums „The Unknown“. Wie grundlegend der musikalische wie konzeptionelle Neubeginn, den die Platte im Rahmen der Diskographie darstellen soll, tatsächlich ausfällt, muss an diesem Abend offen bleiben: Während „The Kindred Of The Sunset“ ein bandtypischer Brecher geworden ist, zeigt der Titelsong „Into The Unknown“ neue Dimensionen auf: Hier klingen THE VISION BLEAK deutlich mehr nach klassischem Hard Rock als nach ihrem etablierten Horror Metal. Solide Reaktionen fahren die Songs schon einmal ein, mehr Zuspruch erhalten trotzdem die Klassiker, für die bei leichter Überstrapazierung der Spielzeit trotzdem noch Zeit bleibt: „The Night Of The Living Dead“, „Kutulu!“, „Carpathia“ und „By Our Brotherhood With Seth“ ergeben ein überzeugendes Kondensat der bisherigen Bandgeschichte. [MM]

Aethernaeum-Klein-01Im Club geht es zeitgleich mit AETHERNAEUM weiter: Die Band um Alexander Paul Blake, die mit Velnias und Dornenreich den Abschluss ihrer gemeinsamen Tour zelebriert, könnte mit vielseitigem, melodischem Black Metal begeistern. Könnten, weil auch hier der Sound einen Strich durch die Rechnung macht: Das Cello ist, wie auch die Gitarren, in den härteren Passagen chancenlos – schade. Zumindest mit ihrer sympathischen Art wissen die Berliner beim Publikum zu punkten, das überraschend zahlreich im Club vertreten ist. Immerhin haben AETHERNAEUM als erste Band des Tages Konkurrenz. [MG]

Bölzer-Klein-01Mit zehn Minuten Verspätung betritt mit BÖLZER eine der ungewöhnlichsten Bands des Abends die Bühne. Lassen Bandname und -logo noch auf belanglosen Thrash Metal oder ähnliches schließen, belehrt die gerade mal aus einem Schlagzeuger und einem singenden Gitarristen bestehende Band eines Besseren: Zu einfachen, stampfenden Drums bolzen BÖLZER eine äußerst interessante, nicht selten an den Black ’n‘ Roll von Satyricon erinnernde Mischung aus Death und hochatmosphärischem Black Metal in die Menge und beweisen, dass gute Musik nicht zwangsläufig viele Instrumente braucht. Sänger KzR, der ganz Lemmy-like in ein von oben herabgerichtetes Mikro singt, wechselt dabei zwischen tiefen Growls und unverständlicherweise absolut passendem Robbengejaule hin und her. Dank der durch lautes Brummen hörbaren Technikprobleme während des ganzen Sets fangen BÖLZER nicht nur später an, sondern beenden ihren starken Auftritt schließlich auch 15 Minuten später als geplant. [SB]

Roots-Klein-01Während im Club die Amerikaner VELNIAS aus dem Dornenreich-Tourtross ihren schnörkellosen US-Black-Metal präsentieren, steht in der Halle ein echter Exot auf dem Programm: ROOT „from Hell“, wie Front-Kautz Big Boss die Band stets vorstellt. Seit 1987 aktiv, gehören die Tschechen zu den Urgesteinen osteuropäischen Black Metals. Doch ROOT sind nicht nur schon lange dabei, sondern auch unverwechselbar: Vor allem der vielseitige Gesang, der von Metal-typischem Grunzen bis zu Obertongesang und Bassbariton reicht, aber auch das Auftreten des Fronters, der seine Texte grundsätzlich vom Blatt rezitiert und wild den Gehstock schwingt, machen ROOT zu einem Erlebnis. Nicht zuletzt dank des perfekten Sounds gehören ROOT – wie schon 2014 – auch in diesem Jahr definitiv zu den Highlights des DARK EASTER METAL MEETING. [MG]

GodDethroned-Klein-01Bei GOD DETHRONED ertönen nun die ersten harten Klänge klassischen Death Metals im Werk. Die niederländische Truppe hat für den Abend eine Setlist zusammengestellt, die ihre Diskographie umfangreich abdeckt. Das wissen die Fans hörbar zu würdigen und lassen es sich dennoch nicht nehmen, in jeder Pause ihre eigenen Songwünsche Richtung Bühne zu brüllen. Bei für Death Metal erstaunlich gut abgemischtem Sound lässt die bestens gelaunte Band ihre Blastbeat- und Doublebass-dominierten Hochgeschwindigkeitskracher auf die lautstark feiernde Menge los, die scheinbar nur auf ein solch präzises Geballer gewartet hat. Mit dem leider recht misslungenen, auf Mitsingtauglichkeit ausgelegten „Party“-Hit „Sigma Enigma“ beenden GOD DETHRONED ihren ansonsten enorm starken Auftritt. [SB]

Während Fans der harten Gangart anschließend im Club bei den Münchner Lokalmatadoren COMMANDER, die dort ihr 15-jähriges Bestehen feiern, voll auf ihre Kosten kommen, zelebrieren in der Halle auch DORNENREICH ein Jubiläum. Statt anderthalb Stunden, wie bei den restlichen Tour-Konzerten, haben DORNENREICH heute jedoch nur 50 Minuten, um satte 20 Jahre Bandgeschichte zu rekapitulieren. Die Entscheidung, sich auf die erprobten Live-Klassiker zu beschränken, ist im Kontext des Eintages-Festivals zwar nachvollziehbar, für den Fan aber dennoch schade: Statt selten gespielter Nummern bekommt er ein leider überraschend gewöhnliches DORNENREICH-Set, dessen Akustik-Anteil („Drang“ zum Showbeginn) die Mühen des Umbaus kaum rechtfertigt.
Dornenreich-Klein-01Zwar versucht das Trio all das mit viel Spielfreude wettzumachen, wird dabei jedoch vom eigenen Team ausgebremst: Während die Dynamik der Show extrem darunter leidet, dass die E-Gitarre sich nicht gegen das Schlagzeuggewitter durchsetzen kann und eigentlich nur in ruhigeren Passagen und in tieferen Lagen überhaupt gut zu hören ist, wirkt die Lichtshow über weite Strecken völlig unangemessen: Unmotiviert blinkende rot-grüne Scheinwerfer wechseln sich mit Dauerfeuer aus dem Stroboskop ab. Der Zweck solcher Maßnahmen ist unklar, wenn die Zuschauer nicht gerade zum Augen schließen motiviert werden sollen. Dies ist bei der Musik DORNENREICHs zwar nicht per se unpassend, sollte aber nicht mit solchen Mitteln erzwungen werden. So bleibt mancher Zuschauer schlussendlich etwas ratlos zurück – fällt neben der Zeitreise somit doch auch die Gassenhauer-Show über weite Strecken flach. [MM]

RottingChrist-Klein-01Viel Zeit zum Trübsal blasen bleibt indessen nicht, machen ROTTING CHRIST diese Enttäuschung anschließend auf ihre Art mehr als wett: Mit fettem Sound gesegnet, liefern die Griechen im Werk mit ihrem aktuellen Meisterwerk „Rituals“ im Gepäck eine rundum gelungene Show ab: Zwar überrascht das Quartett mit vergleichsweise vielen alten Songs – gerade im Kontrast zu dem atmosphärischen, schleppenden Material der letzten Alben machen sich jedoch auch diese Brecher gut. Im Gegenzug bekommen ROTTING CHRIST die geballte Energie des Publikums: Gereckte Fäuste, gebündelte Stimmen und sogar ein wilder Moshpit lassen keinen Zweifel daran, wie gut die Show beim Publikum ankommt. 50 Minuten Spielzeit vergehen so wie im Flug.

Outre-Klein-01Ähnlich düster, wenn auch stilistisch komplett anders, geht es anschließend bei OUTRE im Club weiter: Stimmungsvoll in Dunkelheit und massig Kunstnebel gehüllt, liefern die polnischen Black Metaller eine mitreißende Show ab. Dass die Musik von OUTRE nicht sonderlich spektakulär ist, macht gar nichts: Der Elan, mit dem die Band auftritt, aber auch der schlichtweg brillante Sound, der trotz der extremen Musik jedem Instrument seinen Platz im Klangbild einräumt, machen das locker wett. Auch wenn der Club gut gefüllt ist, lässt sich in Anbetracht dieser Show das extrem unterschiedliche Publikumsinteresse zwischen OUTRE und ihren derzeit so angesagten Landsmännern von Mgła musikalisch nicht erklären. [MG]

Fast schon exotisch mutet der Viking Metal der Schweden von EREB ALTOR an diesem Abend an. Mit epischer, an Bands wie Primordial erinnernder Musik präsentieren sie durchgehend in rotes Licht getaucht ihre durchaus gefallende Version von Metal über die nun doch schon reichlich abgegraste nordische Mythologie. Nach etwa 30 Minuten stellt sich aber, trotz des bis dahin sehr unterhaltsamen Sets, bei den nicht sonderlich abwechslungsreichen Songs irgendwann ein wenig Langeweile ein, sodass sich die ohnehin schon nur halb gefüllte Halle frühzeitig weiter leert. Ein früherer Slot mit weniger Spielzeit wäre hier sicherlich auch für die Band von Vorteil gewesen. Dennoch wird der Truppe vom treuen, bis zum Schluss bleibenden Kern der Menge zu Recht mit anerkennendem Applaus gedankt. [SB]

MyDyingBride-Klein-02MY DYING BRIDE sollen die Spannungskurve des Festivals dann auf ihren Höhepunkt führen – angesichts des im Werk vorangegangenen, bärenstarken Auftritts von Rotting Christ keine leichte Aufgabe und doch auch nichts, was einer Institution des Doom Metal, wie Aaron Stainthorpe und seine MitstreiterInnen sie darstellen, unmöglich sein sollte. Die Legenden aus Halifax haben gerade im Anschluss an die brachiale Show der Griechen freilich damit zu kämpfen, dass das energetische Moment, mit dem diese auch am fortgeschrittenen Abend noch problemlos mitzureißen wussten, im Doom Metal eher nicht wirksam wird. Hier wird schließlich um jedes Riff gerungen, jede Melodie erkämpft und jede Silbe hochgewürgt. Kurz: Es ist zunächst nicht einfach, sich auf die magmatische Musik der Briten einzulassen – Trübsal und Zweifel, die doch eigentlich nur musikalisch beschworen werden, schlagen bei manchen Zuschauern in echte Emotionen um. SMyDyingBride-Klein-01pätestens mit dem (wenn auch noch relativ jungen) Klassiker „My Body, A Funeral“ ziehen MY DYING BRIDE das Publikum dann aber doch in ihren Bann: Der kahlköpfig und krawattiert regelrecht staatsmännisch wirkende Stainthorpe zählt eben doch zu den charismatischsten Frontern der Szene und versteht es, den Songs über den verhängnisvollen Gitarren und den bittersüßen Geigen die ganze Tragik einzuhauchen, die MY DYING BRIDE so einzigartig weltschmerzen lässt. Die intimen Momente etwa des Klassikers „She Is The Dark“ oder die Grandeur eines „To Shiver In Empty Halls“ vom aktuellen Album kommen in der Folge voll zur Geltung. Beide Songs beweisen zudem, dass die Briten bei allem Pathos auch eine äußerst brutale, kompromisslose Seite haben und hatten – ein Aspekt, der im Kontext des DARK EASTER METAL MEETINGs viele Zuschauer versöhnlich stimmen dürfte. [MM]

Mgla-Klein-01Wer inzwischen nicht schon frühzeitig einen Platz gesucht hat, der hat spätestens bei Beginn des Auftritts der polnischen Band MGŁA kaum noch eine Chance in die randvolle Halle zu kommen. Die aufstrebende Black-Metal-Band ist für viele an jenem Abend wohl die Hauptattraktion auf dem DARK EASTER METAL MEETING. Der Grund dafür offenbart sich schnell: Mit einer wahnsinnigen instrumentalen Präzision feuern die mit schwarzen Strumpfmasken und Lederjacken bekleideten MGŁA ihren zwischen schnellen Blastbeats, donnernden Doublebass-Passagen und groovig rockigen Parts wechselnden melodischen Black Metal auf die sichtlich begeisterte Menge ab. Dass der Sound in der ersten Hälfte enttäuschend schlecht abgemischt ist, sodass die für die Musik essenziellen Gitarrenmelodien fast gänzlich untergehen, ist da schnell vergessen. Mag diese plötzliche Begeisterung für die Band angesichts ihres zwar guten, aber nicht herausragenden neuen Albums noch etwas verwundern, beweisen MGŁA dennoch, dass sie zumindest live eine Macht sind. Ob ihr Black Metal jedoch jenen Hype mehr verdient als beispielsweise der ihre polnischen Kollegen von Outre, muss jeder für sich selbst entscheiden. [SB]

Ophis-Klein-01Wer am heutigen Tage schon genug Black Metal gehört hat, kann das DARK EASTER METAL MEETING wahlweise auch mit Doom Metal ausklingen lassen: OPHIS, die ihre geplante Show im vergangenen Jahr absagen mussten, beschließen das diesjährige Osterfest im Club. Die Show weiß jedoch nicht vollauf zu begeistern: Der Sound ist für Doom Metal schlicht zu trocken, wirklich doomige Stimmung kommt hier nicht auf. Es ist kein Zufall, dass die meisten Bands des Genres exzessiv von Halleffekten Gebrauch machen. Auch die Kombination aus dem späten Slot und der starken Konkurrenz in der Halle bleibt nicht ohne Folgen: Zwar ist der Club noch angenehm gefüllt, wirklich viel ist jedoch zu so später Stunde nicht mehr los – Tendenz fallend. [MG]

Mit seiner fünften Auflage bestätigt das DARK EASTER METAL MEETING trotz eines in diesem Jahr nicht ganz so spektakulären Billings seinen Status als eines der führenden Black-Metal-Indoor-Events in Deutschland. Entscheidend dafür ist die nahezu perfekte Organisation, die einen durchweg reibungslosen Ablauf gewährleistet: Dank einer ausgeklügelten Running Order kommt es trotz des großen Besucherandrangs nicht zu wegen Überfüllung geschlossenen Hallen, ein zweiter Imbiss entzerrt zudem die Verpflegungssituation massiv.

Verbesserungswürdige Aspekte finden sich bei einem Event wie diesem immer – sei es, dass mit dem Auto angereiste Besucher für die Nutzung des Backstage-eigenen Parkplatzes aufgrund der Eventdauer satte 10€ Gebühren entrichten müssen, dass der späte Slot des eigentlichen Headliners (22:50-0:05) nach zu diesem Zeitpunkt bereits 14 gebotenen Shows längst nicht mehr Prime-Time ist, oder dass der stolze Abendkassenpreis von 50€ dem eines kleineren Mehrtages-Open-Airs nahekommt.

Wer seine Kräfte auch 2017 wieder an einem echten Konzertmarathon messen oder einfach einen entspannten Nachmittag mit viel musikalischer Auswahl durchleben möchte, ist jedoch auf dem DARK EASTER METAL MEETING gewiss auch im nächsten Jahr richtig – der wirklich extremen Preisdifferenz zur Abendkasse wegen empfiehlt sich allerdings das Early-Bird-Ticketangebot. [MG]

Publiziert am von , Simon Bodesheim und Marius Mutz

2 Kommentare zu “Dark Easter Metal Meeting 2016

  1. vollste zustimmung betreffend dornenreich.
    da habe ich auch „mehr“ erwartet.
    das schlagzeug hat alles niedergeballert und die lichtshow war einfach nur anstrengend. der begriff „reizüberflutung“ erscheint mir als angemessen.
    „der hexe flammend‘ blick“ war trotzdem… sagt man noch ‚“schmissig“?

    god dethroned, headliner der herzen!

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