Konzertbericht: Deafheaven w/ The Secret

23.04.2013 München, Kranhalle


Manche Bands leben einfach für die Musik. Leben dafür, die Bühnen dieser Welt zu bespielen und in der Zeit „zu Hause“ (gibt es das in diesen Fällen eigentlich noch?) neue Songs zu schreiben und aufzunehmen. Nachdem sich George Clarke und Kerry McCoy 2010 entschlossen, gemeinsam Musik zu machen, hat die hieraus hervorgegangene Band DEAFHEAVEN eine EP, das Debütalbum „Roads To Judah“ sowie eine Split-Single veröffentlicht und war mit diesem Material sowohl in den USA als auch in Europa und Japan quasi ununterbrochen auf Tour. Dementsprechend ist es auch nicht verwunderlich, dass die Band letztes Jahr bereits zwei Mal in München zu sehen war. Nach einigen Line-Up-Wechseln zogen sich die beiden Masterminds hinter DEAFHEAVEN Ende letzten Jahres zurück, um an neuer Musik zu arbeiten. Nachdem mit dem 11. Juni bereits ein Veröffentlichungstermin für ihr zweites Album „Sunbather“ feststeht, schürt die Band zwischen Black Metal, Post Rock und Hardcore gemeinsam mit den Italienern THE SECRET mit einer Europatour die Vorfreude auf ihr zweites Album und macht zum dritten Mal Halt in der bayrischen Landeshauptstadt.


Terminlich ist dieses Datum sicherlich nicht ideal: Zum einen findet an diesem Tag das Champions-League-Halbfinalhinspiel zwischen dem FC Bayern und dem FC Barcelona in München statt, zum anderen spielen ein paar S-Bahn-Stationen entfernt Propaghandi zusammen mit Shai Hulud im Backstage. Dennoch findet sich ein harter Kern von ungefähr 50 Leuten pünktlich zu Beginn um 20.30 in der Kranhalle ein, um THE SECRET zu sehen. Die Band aus Triest betritt eingehüllt in Nebel und rotes Scheinwerferlicht die Bühne und legt ohne unnötigen Firlefanz direkt los. Ihre Mischung aus wütendem Crust Punk und aggressivem Black Metal offenbart den großartigen Sound in der Kranhalle an diesem Abend, wirkt allerdings über das gesamte Konzert hinweg etwas zu eintönig und statisch, als dass die Band vollständig zu begeistern wüsste. Sicherlich trägt dazu auch das etwas hölzerne und einstudierte Posen von Sänger Marco bei, der das gesamte Konzert über mit einem Fuß auf der Monitorbox steht und sich darüber hinaus nicht im Ansatz bewegt. Das ändert nichts daran, dass bereits hier einige Mähnen kreisen und die Band mit warmem Applaus bedacht wird. Musikalisch sicherlich ein stimmiger Opener, dem etwas mehr Abwechslung und Bühnenenergie aber nicht schaden würde.


Nach einer kurzen Umbaupause von ungefähr 20 Minuten ist es soweit und DEAFHEAVEN betreten die Bühne. Die Bandzusammensetzung hat sich seit dem letzten Auftritt in München bis auf die Kerry McCoy an der Gitarre und George Clark am Gesang vollständig geändert und könnte bei traditionellen Metal-Fans aufgrund der Optik sicherlich für Irritation sorgen: Clarke trägt ein altes Raiders-Shirt zur engen schwarzen Jeans und Springerstiefeln, während ihr neuer Bassist in einem kitschigen, hippiesken Rosen-T-Shirt aufläuft – einzig Daniel Tracy am Schlagzeug wartet mit langen Jahren und einem Mayhem-Shirt auf. Nach einem kurzen Intro legt die Band direkt mit „Dream House“, dem Opener ihres bald erscheinenden neuen Albums, los. Auch wenn dieser Song bereits in einigen Liveaufnahmen existiert, ist dieser Song dem in der Zwischenzeit auf nicht ganz 100 Personen angewachsenen Publikum wahrscheinlich noch größtenteils unbekannt – das ändert nichts daran, dass alle Anwesenden von der ersten Sekunde an voll dabei sind und DEAFHEAVEN mit Headbangen, Fäusten in der Luft und anderen individuellen Tanzbewegungen sofort aus der Hand fressen. Clarke verschwindet wie üblich vollständig in der Musik, mustert das Publikum immer wieder mit einem wahnsinnigen Blick, klammert sich an seinem Mikrophonständer fest und krächzt mit heiserer Stimme ins Mikrophon, während seine Kollegen mit geschlossenen Augen ebenso in ihrem Sound gefangen sind.


Nach diesem Opener folgen mit „Violet“ und „Unrequited Love“ zwei Songs vom Debütalbum, welche beim Publikum für wahre Jubelstürme sorgen. In einer kurzen Ansage bedankt sich Clarke danach beim Publikum und kündigt mit „Sunbather“ den letzten Song des Abends an. Die poppigeren Melodien in den beiden neuen, überlangen Songs verleihen der Musik von DEAFHEAVEN eine ganz neue Note, ohne dabei ihren alten Stil aufzugeben. Alle Songs an diesem Abend sind durch kurze Interludes verbunden, weswegen es weiter nicht erstaunt, dass auch nach „Sunbather“ ein repetitives Dröhnen den Raum gemeinsam mit lautem Applaus erfüllt. Nach einigen Minuten kommt Clarke auf die Bühne zurück und bedankt sich noch einmal herzlich und mit Nachdruck beim heute anwesenden Publikum. Kurz darauf kommen auch seine Bandkollegen zurück und mit „Language Games“ findet der Abend ein mehr als würdiges Ende.

Setlist DEAFHEAVEN:
01. Dream House
02. Violet
03. Unrequited Love
04. Sunbather
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05. Language Games

FAZIT: DEAFHEAVEN live sind eine wahre Macht. Mit einem so perfekten Sound, wie er heute in der Kranhalle zu hören war, und derart gut aufeinander eingespielt, gibt es wohl wenige Bands, die einem relativ generischen Genre eine derart große Energie und Leidenschaft entlocken können, ohne dabei künstlich zu wirken. Die Vorfreude auf das zweite Album wurde durch die durchweg überzeugenden neuen Songs auf jeden Fall weiter geschürt.

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