Konzertbericht: Haken w/ Vola & Ben Levin Group

07.03.2019 München, Backstage (Halle)

Nach ihrer erfolgreichen „Affinitour“ kehren HAKEN für ihre „Vector Studies“ nach Europa zurück. Mit dabei haben sie die momentan stark gehypten Djent-Progger VOLA sowie, je nach Tourstopp, entweder die Alternative-/Indie-Rock-Band BENT KNEE oder, wie heute in München, die experimentell-verspielte BEN LEVIN GROUP. Bereits bei ihrem letzten Besuch in München überraschte der rasant gestiegene Bekanntheitsgrad der englischen Progger HAKEN, sodass die Veranstaltung damals vom kleinen Club in die Halle verlegt werden musste. „So viel wird sich in der Zeit ja sicher auch nicht verändert haben“, dachte man sich nun also im Jahr 2019 und plante das Konzert erneut für die Halle. Doch tatsächlich hatte sich auch wieder einiges getan in Sachen Bekanntheit und so war das Konzert zum Erstaunen vieler – und zum Bedauern jener, die sich nicht rechtzeitig um Tickets gekümmert hatten – bereits einige Tage vorher ausverkauft.

Dementsprechend ist die Halle auch schon nahezu komplett gefüllt, als die BEN LEVIN GROUP ihr Set beginnt. Die Mischung verschiedener Stile, welche die Musiker (mitsamt Violine!) hier präsentieren, ist zwar bunt, sehr ausschweifend und etwas zappaesk, funktioniert aber dennoch gut, weil Ben Levin und seine Kollegen sie mit Überzeugung und Spaß vortragen. Etwas schade ist, dass sich der namensstiftende Fronter zusätzlich zu seiner Funktion als Songwriter und Gitarrist auch noch selbst zum Lead-Sänger erklärt hat. Mit einer umwerfenden, Levin locker in den Schatten stellenden Sängerin wie Courtney Swain an seiner Seite sollte sich die Frage, wer die Lead-Vocals übernimmt, überhaupt nicht stellen. Dennoch darf sie nur kleinere Passagen singen oder Levin durch Harmonien unterstützen. Davon abgesehen liefert das Projekt aber eine nette, kurze Show zum Auftakt ab.

Die Band die nun folgt, hätte inzwischen wohl auch problemlos eine eigene, kleine Headliner-Tour veranstalten können und dürfte daher durchaus auch dazu beigetragen haben, dass mehrere Konzerte der Tour komplett ausverkauft waren. Die dänisch-schwedischen VOLA erregten bereits mit ihrem Debüt „Inmazes“ viel Aufsehen. Auch ihr aktuelles, zweites Album „Applause Of A Distant Crowd“ wurde von Fans und Kritikern begeistert aufgenommen. Die Musik, die sich wohl am treffendsten als „Meshuggah zum Mitsingen und -summen“ beschreiben ließe, macht live natürlich dank Djent-Rhythmen und den gefälligen Gesangspassagen einiges her. Warum das allerdings als neue Sensation verkauft wird, erschließt sich aber auch an diesem Abend nicht so wirklich. Obgleich man eingestehen muss, dass VOLA sich in ihren Erkennungsmerkmalen etwas besser schlagen als andere, generische Djent-Bands, wirkt wenig hiervon übermäßig komplex, kreativ, eingängig oder innovativ. Wer die Rhythmikspielereien liebt, sollte besser zu Meshuggah greifen und die paar ganz netten Gesangsmelodien und Refrains, die VOLA hinbekommen, hat man auch bei vergleichbaren Bands schon besser gehört. Den Zuschauern allerdings gefällt es und so dürfen sich VOLA heute nach jedem Song über lauten, stürmischen Beifall freuen.

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Zur Einstimmung auf den Headliner HAKEN lässt die Band das bekannte Finale von Rossinis „Guillaume Tell Ouvertüre“ abspielen, ehe sie zu „Clear“, dem eigentlichen Intro ihres neuen Albums „Vector“, die Bühne betreten und loslegen. Als kürzestes Album der Band ist „Vector“ für die Tour tatsächlich bis auf den Song „Host“ komplett im Set eingeplant worden. Wie sehr sich HAKEN auf ihre Fans verlassen können, zeigt sich dabei direkt bei „The Good Doctor“ und „Puzzle Box“, die von den Anwesenden textsicher mitgesungen werden. Auch beim epischen Zwölfeinhalbminüter „Veil“ gröhlen die Fans die markante Synthesizermelodie lauthals mit.

HAKEN selbst liefern heute erneut einen technisch makellosen Auftritt ab. Dass die Band dabei trotzdem noch in der Lage ist, deutlich zu demonstrieren, dass sie einen Riesenspaß hat, ist umso bemerkens- und bewundernswerter. Bei ihrer 80s-Hommage „1985“ kommt das Brillenoutfit der „Affinitour“ sowie Keyboarder Diego Tejeidas Keytar noch einmal zum Einsatz, ehe die Engländer ihr Set mit dem 15-minütigen „The Architect“ beenden. Für eine Zugabe werden sie dann allerdings wieder zurück auf die Bühne gebeten. Diese besteht, wie auch schon beim letzten Mal, aus dem knapp 20 Minuten langen „Crystallised“ von ihrer „Restoration“-EP. Und wie beim letzten Mal erweist sich diese Wahl als sehr fragwürdig, da der Song selbst für HAKEN- oder Dream-Theater-Prog-Fans wahnsinnig anstrengend ist und daher in der Mitte des Sets besser platziert gewesen wäre. Nachdem man sich durch dieses Monstrum gekämpft hat, belohnen HAKEN die Zuschauer allerdings abschließend noch mit einem versöhnlichen Cover von Totos inzwischen zum Meme avancierten Song „Africa“, den das Publikum dann auch dankend und freudig mitsingt.

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HAKEN beweisen auch dieses Mal, dass ihr weiterhin ansteigender Erfolg und Bekanntheitsgrad in der Progressive-Metal-Szene mehr als gerechtfertigt ist. Mit „Vector“ haben die Engländer ein weiteres hervorragendes Album erschaffen, das live mit seinen deutlich kompakteren, besser greifbaren Songs eine gute Abwechslung zu den längeren, komplexeren Stücken früherer Alben darstellt. Auch VOLA wissen, wie man live eine überzeugende Show abliefert und die BEN LEVIN GROUP mag zwar musikalisch hier etwas der Außenseiter gewesen sein, hat sich aber mit viel Charme in die Herzen der Zuhörer gespielt. Für Prog-Fans kann das nur als gelungener Abend bezeichnet werden.

Publiziert am von Simon Bodesheim

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