Konzertbericht: Kamelot /w Revamp, Tellus Requiem

11.11.2013 Knust, Hamburg

Tourflyer

KAMELOT verlängern ihre „Silverthorn Over Europe Tour“ in das Jahr 2013. Dieses Mal wird das Tourpaket mit Revamp und Tellus Requiem geschnürt. Dabei stehen diverse Orte auf der Reiseroute, die schon bei dem letzten Teil der Tour vor genau einem Jahr bedient wurden, so auch Hamburg. Entgegen der sonstigen Stammadresse Markthalle hat sich die Band dieses Mal aber für das Knust auf St. Pauli entschieden – eine Entscheidung mit Folgen, wie der Abend zeigt.

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Als Opener dürfen auf der Tour die Norweger TELLUS REQUIEM dienen. Die in jedem Wortsinn jung wirkende Band präsentiert dem Publikum eine gute halbe Stunde ihres Progressive Metals. Leider müssen sie das vor eher wenigen Gästen machen – kein Wunder, beginnt die Show fast eine halbe Stunde vor offiziellem Konzertbeginn. Ärgerlich für alle, die sich auf die offiziellen Angaben verlassen haben, und auch schade für TELLUS REQUIEM, die sich aber keine Enttäuschung anmerken lassen. Klanglich irgendwo in der Nähe von Symphony X, aber mit ruhigen Passagen angereichert, die an Opeth erinnern, spielt die Band sich durch ihre Setlist und hinterlässt mindestens wohlwollendes Nicken bei denjenigen, die das Glück haben, rechtzeitig da gewesen zu sein. Fünf Minuten nach dem offiziellen Beginn des Abends verlassen die Norweger schon wieder die Bühne – schade.

Logo Revamp

Es sollte leider nicht der einzige Patzer an diesem Abend bleiben, wie auch REVAMP merken müssen, die nach nur kurzer Umbaupause auf die Bühne gehen. Die Symphonic Metaller um die neue Nightwish-Sängern Floor Jansen promoten zur Zeit ihr aktuelles Album „Wildcard“, was natürlich einen großen Teil der heutigen Setlist ausmacht. REVAMP haben aber die erste Hälfte ihres gut 40 Minuten langen Auftrittes mit einem lethargischen Publikum und schlechtem Sound zu kämpfen. Für beides kann die Band nur bedingt etwas, die Kombination drückt dennoch auf die Stimmung im inzwischen zu gut 70% gefüllten Knust.

Besonders das Schlagzeug ist in der Abmischung zu laut geraten, schnarrt häufig und klingt dumpf. Aber auch Floor Jansen ist nicht so stimmgewaltig, wie man es von ihr erwarten würde und es von den Nightwish-Auftritten gewohnt ist. Zusammen mit den zumindest für nicht-Fans etwas diffusen ersten Titeln des Abends will keine echte Atmosphäre aufkommen, was auch der Band nicht verborgen bleibt: Mit „Hamburg … you’re so quiet.“ gelingt Sängerin Jansen eine zutreffende Beschreibung.

Etwa auf der Hälfte des Auftrittes reißen aber Soundtechniker und Band das Ruder herum: Ab dem Titeltrack „Wildcard“ kommt sowohl mehr Druck in die Songs, mehr Qualität in den Sound als auch mehr Volumen in Jansens Stimme. In der Folge steigern sich die Publikumsreaktionen, und jetzt reicht es REVAMP für ein paar Scherze und sichtlich gelöstere Stimmung bei den zuvor etwas angespannt wirkenden Musikern. Als die Band sich schließlich verabschiedet, ist tatsächlich Stimmung in der Halle aufgekommen.

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Richtig voll ist das Knust allerdings nicht geworden. Der Veranstalter hat für den heutigen Abend vorsichtshalber den Oberrang geöffnet und gleichzeitig im Nebenraum der etwas ungünstig geschnittenen Location eine Videoleinwand installiert. Die brauchte wohl niemand, die Besucher passen locker in den Hauptraum. Dementsprechend skeptisch ist man, als KAMELOT um 22:30 die Bühne betreten – und irrt gewaltig. Denn die multinationalen Veteranen des Symphonic Metals packen das Publikum von der ersten Minute an und lassen es nicht mehr los.

Die perfekt eingespielte Band gibt sich sofort vorbildlich publikumsnah und zeigt große Spielfreude. Die eigentlich viel zu kleine Bühne wurde kurzerhand um einen Vorbau erweitert, den KAMELOT auch auf den letzten Touren schon benutzten, damit der Sänger näher an das Publikum heran kommt. Dieses Mal aber ist er um eine hydraulische Liftfunktion erweitert, die den Sänger bei zwei Songs um drei Meter nach oben hebt – ein nettes Feature.

Band

Mit den ersten fünf Songs deckt die Band sofort vier verschiedene Alben ab und macht deutlich, dass Tommy Karevik keineswegs mehr ein „neuer“ Sänger ist, sondern das gesamte KAMELOT-Spektrum singen kann. Die Publikumsreaktionen sind entsprechend euphorisch und variieren nicht im geringsten bei altem wie neuem Material. Wie ähnlich Karevik dabei dem früheren Sänger Roy Khan ist, bemerkt man nicht nur an dem Gesangsstil, sondern auch an den perfekt adaptierten Posen des früheren Sängers – genau wie er verzieht Karevik sein Gesicht zu Grimassen, singt im Knien, Stehen, Hocken und von abgeklärt bis hoch emotional. Keine Frage, Tommy Karevik ist der richtige Mann in der richtigen Band.

Aber auch der Rest von KAMELOT spielt seine musikalischen Fähigkeiten voll aus. Kein Spielfehler trübt das Vergnügen, selbst das Schlagzeugsolo, sonst nicht jedermanns Sache, zieht Casey Grillo erfreulich knackig und auf den Punkt geraten durch. Bassist Sean Tibbets nutzt jeden der wenigen Quadratzentimeter der Bühne aus, Gitarrist Thomas Youngblood gönnt sich zwischendurch die Zeit zum Abklatschen von Fanhänden und Keyboarder Oliver Palotai muss zwar etwas im Hintergrund agieren, leistet sich aber keine Schwächen. Auch die weibliche Gastsängerin dieser Tour, Alissa White-Gluz, passt perfekt zum Gesamteindruck.

kamelot-band-Bild

Die Setlist aber, und hier darf man durchaus Kritik üben, gleicht der vorigen Tour sehr. Lediglich kleine Veränderungen in der Reihenfolge und kaum andere Songs sind festzustellen. Sicherlich hat es „The Haunting“ mit vollem Recht zurück in die Setlist geschafft, zumal es im Duett mit Floor Jansen noch besonders gewinnt. Es wäre aber doch schön gewesen, hätten KAMELOT sich hier etwas mehr getraut. Ein paar unbekanntere Songs, etwas länger nicht Gespieltes – das wäre doch für eine Tourverlängerung in derselben Stadt angebracht gewesen. Und wo wir gerade dabei sind: Vielleicht könnte man nach zwölf Jahren mal versuchen, ein großes Mitsingspiel zu einem anderen Song als „Forever“ zu machen. An erstklassigem Material mangelt es doch nicht. So aber beenden KAMELOT nach punktgenau 90 Minuten und einem Zugabeblock ein wahrhaft überzeugendes, wenn auch nicht innovatives Konzert.

Setlist Kamelot:
01. Torn
02. Ghost Opera
03. The Great Pandemonium
04. Veritas
05. Center Of The Universe
06. Soul Society
07. Song For Jolee
08. Rule The World
09. Drum Solo
10. When The Lights Are Down
11. Sacrimony (Angel Of Afterlife)
12. My Confession
13. Forever

14. Karma
15. The Haunting (Somehere In Time) (mit Floor Jansen)
16. March Of Mephisto

KAMELOT sind und bleiben eine großartige Liveband, die immer wieder zu begeistern vermag. Heute Abend aber zerrten die Begleitumstände etwas an der Stimmung: Der verfrühte Beginn von TELLUS REQUIEM, die Soundprobleme bei REVAMP und die zu sehr auf Nummer sicher gepackte Setlist der Hauptband sind jeweils für sich genommen noch keine Katastrophen, verspielten aber die Chance, aus einem guten Konzertabend einen außergewöhnlichen zu machen.

Publiziert am von Marc Lengowski

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