Konzertbericht: Monster Magnet w/ Church Of Misery

19.02.2014 Hamburg, Markthalle

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Wie nennt man die Musik, die MONSTER MAGNET machen? Space Rock? Grunge? Psychedelic? Völlig egal: Seit 1989 sind die Mannen um Ausnahmekünstler Dave Wyndorf unterwegs und erfreuen sich über Genregrenzen hinweg großer Beliebtheit. Trotz vieler Drogeneskapaden, psychischer Probleme und Besetzungswechseln sind sie immer noch aktiv – und mit ihrem aktuellen, ungewöhnlich starken Album „Last Patrol“ auf Tour. Wir waren in der Hamburger Markthalle dabei.

„Sold Out“ verkündet schon das Schild am Eingang, und schnell wird klar: Das stimmt auch. MONSTER MAGNET, die sonst in der Hansestadt immer in größeren Locations spielen, schaffen es problemlos, die Markthalle zu füllen. Das verspricht nicht nur gute Stimmung, sondern auch hohe Temperatur. Die zu steigern haben sich bereits die Japaner von CHURCH OF MISERY vorgenommen, die als Vorband eingepackt wurden.

Church of misery logo

CHURCH OF MISERY spielen stark von den frühen Black Sabbath und Candlemass beeinflussten Doom Metal, der in gesetztem Tempo und mit tiefem Gesang pünktlich um 20 Uhr die Show eröffnet. Abgesehen davon, dass japanische Bands in Europa nicht allzu oft auf den Bühnen zu sehen sind, fällt sofort der einheitliche Schlaghosen-Dresscode der Truppe auf, der sogar für den Drummer gilt. CHURCH OF MISERY bekommen jedenfalls viel Gelegenheit, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, dauert ihr Supportauftritt doch amtliche 60 Minuten.

Ihre Performance ist an und für sich gut geraten, wenn auch die Titel in der Liveabmischung etwas monoton klingen. Das mag auch am anfangs indifferenten Sound liegen, der besonders bei den vielen verschiedenen Tiefen Schwierigkeiten in der Präzision offenbart. Generell scheint „tiefer“ das Motto der Band zu sein, denn nicht nur sind alle Instrumente hemmungslos heruntergestimmt, auch schleift der Bass von Tatsu Mikami beinahe auf dem Boden.

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Angesichts des stimmungsvollen und fast ansagefreien Auftritts bekommen CHURCH OF MISERY mehr als nur Höflichkeitsapplaus, wenn man sich auch des Eindrucks nicht verwehren kann, dass 60 Minuten dem sehr gemischten Publikum für diese Art von Musik zu lang ist. Abwechslung bringen lediglich wenige kurze Gitarrensoli und Keyboardpassagen sowie die seltenen Uptempophasen, die fast immer schon vorbei sind, wenn man sie bemerkt. Zum Aufwärmen war das zweifellos ein gelungener Auftritt; für jemanden, der diese Musik nicht ohnehin schätzt, war aber nicht viel Neues zu entdecken.

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Ohnehin wartet ein großer Teil des Publikums im Foyer ab, bis der Auftritt der US-Amerikaner MONSTER MAGNER beginnt. Als diese gegen 21:30 die Bühne betreten, sind alle knapp 1.000 Menschen in der ausverkauften Markthalle. Glücklicherweise lässt die Architektur dennoch gute Sicht von fast allen Positionen zu, sodass die übliche Drängelei nach vorne nur sehr begrenzt stattfindet.

Was folgt, ist routinierte Arbeit einer perfekt eingespielten Band. MONSTER MAGNET bringen von der ersten Minute an die volle Palette ihres Signature-Sounds unter die Menschen – druckvolle, treibende Songs, verträumte Akustik-Nummern, anzügliche Texte wie aus einem Drogenrausch. Besonders beeindruckend ist die Leistung von Dave Wyndorf. All die Jahre, all die Drogenprobleme, und doch steht dieser Mann wie eine Eins auf der Bühne und vermittelt mit seiner manchmal anzüglichen, manchmal aggressiven, immer aber erhaben und kontrolliert wirkenden Stimme das volle Spektrum von Emotionen und Trieben, um das es in den Texten geht. Von dieser Performance, den Blickkontakten, dem mehrdeutigen Lächeln und den häufig genutzten Gesten können sich manche andere Rocklegenden eine Scheibe abschneiden!

Dave-Wyndorf

Dass der Rest der Band dadurch zu Nebendarstellern wird, ist ein bekanntes Phänomen, das auch bei anderen um eine Person zentrierten Combos auftritt. Letztlich muss man es mit einem Schulterzucken akzeptieren. MONSTER MAGNETs Musiker sind nicht minder gut, spielen hervorragend und reagieren auch flexibel auf zwischenzeitliche Unterbrechungen und Sprechpassagen von Dave Wyndorf. Das geht auch deshalb so gut, weil bei diesem Auftritt nichts von einem Laptop abgespielt wird, sondern alle psychedelischen Soundeffekte von Wyndorf selbst an einem Effekteboard erzeugt werden – schöne, handgemachte Musik, ganz ohne Klicktrack und vorgegebenen Taktzahlen bis zum nächsten Sample.

monster magnet - last patrolEinzig an einem Punkt mag man sich heute Abend stoßen: Die Band spielt von vorne bis hinten ihr aktuelles Album „Last Patrol“, ohne eine Veränderung oder Variation. Als dies dem Publikum nach dem dritten Titel dämmert, macht sich an manchen Stellen Verwunderung und auch vereinzelt Missgunst breit – zwar hatte man dies im Vorfeld wissen können, aber auch dann bleibt es eine zumindest diskussionswürdige Entscheidung, werden solche Special Sets doch normalerweise nur zu Geburtstagen von Klassikeralben gespielt.

MONSTER MAGNET liefern natürlich nach der knappen Stunde mit dem aktuellen Album noch eine 30-minütige Show mit Klassikern, aber viele Songs, auf die so mancher gewartet hat, bleiben ungespielt. Wie sollte es auch anders sein, wenn schon ein komplettes Album aufgeführt wurde? Auf eines aber muss niemand verzichten: auf das göttliche „Space Lord“, das noch einmal in voller Überlänge zelebriert wird.

Setlist MONSTER MAGNET
01. I Live Behind The Clouds
02. Last Patrol
03. Three Kingfishers
04. Paradise
05. Hallelujah
06. Mindless Ones
07. The Duke Of Supernature
08. End Of Time
09. Stay Tuned

Zugabe:
10. Twin Earth
11. Look To Your Orb For The Warning
12. Dopes To Infinity
13. Space LordMonster-Magnet-Promo-1024x683

Obwohl man beim Verlassen der Halle im Publikum vereinzelt Unzufriedenheit über die Setlist vernehmen kann, sind MONSTER MAGNET eine Bank in der Livemusik. Mit dem starken „Last Patrol“ im Rücken zeigen die Amerikaner einmal mehr, dass sie im Bereich dieser Musik (Space Rock? Psychedelic? Ach, egal!)  kaum zu schlagen sind – hoffentlich geht das noch lange so weiter.

Publiziert am von Marc Lengowski

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